Seit der Aufhebung des landesweiten Rechts auf Abtreibung durch den Obersten Gerichtshof der USA im Juni 2022 haben zahlreiche Bundesstaaten ihre eigenen Gesetze zum Schwangerschaftsabbruch erlassen. Im Zuge der Präsidentschaftswahl im November 2024 stimmten die Wähler:innen in sieben Bundesstaaten für die Aufnahme des Rechts auf Abtreibung in ihre jeweiligen Verfassungen.
In anderen US-Bundesstaaten sind Schwangerschaftsabbrüche allerdings bis auf wenige Ausnahmen verboten. Teilweise gibt es eine Sechs-Wochen-Frist, in denen eine Abtreibung noch möglich ist. In diesem kurzen Zeitraum wissen viele Frauen aber oft noch gar nicht, dass sie schwanger sind.
Die meisten Abtreibungsgegner:innen argumentieren, dass das Leben mit der Empfängnis beginne und ein Fötus denselben Schutz wie ein ungeborenes Kind verdiene. Oftmals berufen sich auch auf religiöse Werte, etwa dass jedes Leben ein Geschenk Gottes sei. Deshalb bezeichnen sie sich auch als "Pro Life".
Die "Pro Choice"-Seite bezieht sich dagegen auf das Recht jeder Frau, selbst über ihren eigenen Körper zu entscheiden. Dazu zähle auch die Entscheidung, ob man eine Schwangerschaft fortführen möchte oder nicht.
Während des Wahlkampfs im vergangenen Jahr ist das Thema in den USA immer wieder hochgekocht. Die Fronten haben sich zusehends verhärtet. Mit dem Amtsantritt Donald Trumps wird sich das wohl kaum ändern. Und so geht die Debatte weiter.
Jüngstes Beispiel ist ein Tiktok-Video eines jungen Mannes namens John Jameson, der mit einem überraschendem Beispiel die Argumente von Abtreibungsgegner:innen entkräftet und dafür viel Zuspruch erhält. Sein Video ist mittlerweile fast drei Millionen Mal aufgerufen worden und hat über 750.000 Likes eingesammelt.
Wenn seine Mutter heute, also 2024, im Bundesstaat Tennessee mit ihm schwanger wäre, könne sie keine Abtreibung bekommen, erklärt der junge Mann zu Beginn des Videos.
Dann argumentiert er aber mithilfe eines Gedankenexperiments: "Sagen wir, sie bringt mich auf die Welt und 20 Jahre später habe ich ein Nierenversagen und brauche eine Transplantation, um zu überleben. Und meine Mutter ist die einzige passende Spenderin."
Selbst in diesem Fall gebe es kein einziges Gesetz, egal ob auf lokaler oder auf Bundesebene, egal ob von Republikanern oder von Abtreibungsgegner:innen geführten Regierung, dass seine Mutter dazu verpflichten würde, ihre Niere an ihn, ihren Sohn, zu spenden.
"Weil unter diesen Umständen erkennen wir an, dass ihre körperliche Autonomie so wichtig ist, dass das eine wesentliche Freiheit ist", erklärt Jameson.
Und er geht noch weiter: "Meine Mutter könnte sterben und wir könnten trotzdem nicht ihre Niere entnehmen, um sie mir zu geben." Selbst als Leiche würde die körperliche Autonomie seiner Mutter so hochgehalten werden, dass man ihn eher sterben lassen würde, als diese Freiheit anzugreifen.
Wenn also "Pro Life"-Aktivist:innen behaupten, dass die Abtreibung eines Fötus Mord sei, sei das aus Sicht von Jameson ein unaufrichtiges Argument. "Weil körperliche Autonomie ist in jeder anderen Hinsicht breit akzeptiert. Nur nicht in diesem Kontext, der ihnen die meiste Kontrolle über den Körper einer Frau gibt", meint er.
In der Kommentarspalte äußern sich viele Nutzer:innen begeistert von diesem Gedankenexperiment. "Das ist so ein gutes Argument, über das ich zuvor noch nie nachgedacht habe", meinte eine Userin.
Eine andere schreibt: "Ich benutze dieses Argument immer wieder. Dann argumentieren sie, 'Sie liebt dich, sie würde dir auch eine Niere geben' und dann sage ich: Ja, vielleicht, weil sie sich dafür entschieden hat und nicht weil sie jemand dazu gezwungen hat".