
Am Tag nach dem Anschlag sucht die Polizei nach dem Täter.Bild: dpa / Christoph Reichwein
Panorama
Ein Angreifer hat am Freitagabend auf einer Jubiläumsfeier der Stadt Solingen drei Menschen mit einem Messer getötet. Bei den Opfern es soll sich um eine Frau und zwei Männer handeln. Die Tat werde als "Anschlag" gewertet, sagte eine Polizeisprecherin in der Landeshauptstadt Düsseldorf am Samstagmorgen.
Am Samstagnachmittag hielt die Polizei eine Pressekonferenz ab. Demnach sind weiterhin acht Menschen verletzt, vier davon schwer, einige lebensgefährlich. Nach dem Täter werde weiterhin gesucht.
Zudem bestätigte Thorsten Fleiß, Einsatzführer in der Nacht, dass in den frühen Morgenstunden ein 15-Jähriger festgenommen wurde. Der Zusammenhang zur Tat werde derzeit geprüft. Es wird vermutet, dass er vor der Tat mit dem möglichen Täter gesprochen hat, was von zwei Zeuginnen mitgehört wurde.

Der Polizei nahm nach dem Attentat in Solingen einen Verdächtigen fest.Bild: dpa / Thomas Banneyer
Polizei geht von Terrorismus aus
Zum 15-Jährigen wolle man keine Informationen verraten, aus Gründen des Jugendschutzes, wie Markus Röhrl, Polizeipräsident von Wuppertal, erklärte. Eine zweite Festnahme konnte die Polizei derweil nicht bestätigen. Derzeit gehe man von einem einzigen Täter aus.
Aktuell gebe es zum Aussehen des flüchtigen Täters keine übereinstimmenden Informationen, weshalb noch keine Beschreibung an die Öffentlichkeit gegeben wird.
Auf mehrfache Nachfrage in der Konferenz erklärten die Verantwortlichen, nichts wäre schädlicher als jetzt eine Beschreibung auszugeben und die Öffentlichkeit miteinzubeziehen – und am Ende sei der Täter dann doch jemand anderes. Auch liege noch kein klar zugeordnetes Bildmaterial vom mutmaßlichen Täter vor.
Jedoch würden derzeit Polizeiaktionen in ganz Nordrhein-Westfalen und im gesamten Bundesgebiet laufen. Fleiß sprach von "umfangreichen Durchsuchungsmaßnahmen, Ermittlungsmaßnahmen".

Einsatzleiter Fleiß sprach bei einer Pressekonferenz über den Messerangriff in Solingen.Bild: dpa / Henning Kaiser
Dass es sich bei der Tat um Terrorismus handelt, kann laut Markus Caspers, Leitender Oberstaatsanwalt, nicht ausgeschlossen werden. "Eine Motivlage" könne bisher nicht erkannt werden.
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Polizeigewerkschaft warnt vor Spekulationen zu Täter
Aus den Ausführungen der Polizisten ging hervor, dass es bisher nur wenige gesicherte Informationen über den Täter gibt. Bereits am Morgen war dies von den Behörden selbst als Schwierigkeit ausgemacht worden. "Ich glaube, das ist unser Riesenproblem. Wir haben noch nicht so viele Angaben zum Täter", erklärte Alexander Kresta, Sprecher der Polizei Wuppertal.
In den Medien wurde über ein mögliches Täterprofil spekuliert, der Mann solle demnach etwa "südländisch" aussehen.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) forderte die Öffentlichkeit jedoch gegenüber dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" dazu auf, solche Spekulationen sein zu lassen. Der NRW-Chef der GdP, Michael Mertens, sagte:
"Spekulationen über die Tat in Solingen verbieten sich. Ich appelliere an alle, besonders an die Nutzer in den sozialen Medien, darauf zu verzichten, Gerüchte zu verbreiten."
Solingen: Täter entkam im Tumult nach dem Angriff
Auf der Pressekonferenz bestätigten die Anwesenden bisherige Angaben zum Tathergang. Demnach ist der Täter anscheinend wahllos auf Passanten losgegangen und hat sehr gezielt auf ihre Hälse eingestochen.
Anschließend ist es ihm gelungen, im Tumult und in der sich anfangs ausbreitenden Panik nach der Tat zu entkommen.
Die späteren Opfer waren Besucher des Festes zum 650. Jahrestag der Stadtgründung Solingens. Tatort war der zu diesem Zeitpunkt gut besuchte Fronhof – ein Marktplatz in der Innenstadt, auf dem für das Jubiläumsfest eine Bühne aufgebaut war.
Polizei warnt Bürger und richtet Hinweisportal ein
Die Polizisten betonten erneut: Wer Verdächtiges beobachte, solle nicht eigeninitiativ handeln, sondern den Notruf 110 wählen. Und wer Material von der Tat hätte, solle sie nicht bei Social Media hochladen, sondern an die Polizei weitergeben.
Die Polizei schaltete zudem ein Hinweisportal frei, über das Zeugen des Geschehens Handyfotos und Videos hochladen können (www.nrw.hinweisportal.de). Die Stadt Solingen wiederum richtete für Bürger:innen eine Hotline für Fragen nach Vermissten ein (0212 - 290-2000).
Die Stadt hat das ursprünglich für drei Tage geplante Straßenfest komplett beendet. Auch die für diesen Samstag und Sonntag geplanten Programmpunkte wurden abgesagt.
Das "Festival der Vielfalt" in Solingen hatte am Freitag begonnen. Es sollte bis Sonntag dauern. In der Ankündigung hieß es: "Solingen Mitte wird dabei zur großen Festmeile: Vom Neumarkt über den Fronhof bis zum Mühlenplatz wird gefeiert." In den Straßen erwarte die Besucher:innen ein Programm mit Musik, Kabarett, Akrobatik, Kunsthandwerk, Unterhaltung für Kinder und vielem mehr.
Wahllos auf Passanten eingestochen
Laut Polizei schlug der Angreifer gegen 21.37 Uhr zu. Kurz darauf wurde Großalarm ausgelöst. Mindestens ein Hubschrauber war in der Luft, zahlreiche Einsatzfahrzeuge mit Blaulicht und Rettungswagen waren unterwegs, Straßen weiträumig abgesperrt. Bewaffnete Beamte sicherten den Einsatzort.
Laut "Solinger Tageblatt" folgten tausende Besucher der Aufforderung, den Platz ruhig zu verlassen und nicht in Panik zu verfallen. "Die Menschen sind geschockt, aber friedlich vom Platz (gegangen)", wurde Philipp Müller zitiert, einer der Mitorganisatoren des Festes. Später herrschte dann gespenstische Stimmung in der fast menschenleeren Innenstadt.

Nach der Messerattacke hängt ein selbstgeschriebenes Beileidsschreiben mit einem Herz in der Nähe des Tatorts.Bild: dpa / Christoph Reichwein
Solingens Oberbürgermeister spricht von Attentat
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) traf in der Nacht am Tatort ein und zeigte sich sichtlich betroffen. "Aus dem Nichts sticht jemand wahllos auf Menschen ein", sagte Reul. "Wir in Nordrhein-Westfalen, wir sind tief erschüttert und in Trauer vereint."
Solingens Oberbürgermeister Tim Kurzbach reagierte erschüttert. "Heute Abend sind wir alle in Solingen in Schock, Entsetzen und großer Trauer", schrieb der SPD-Politiker auf der Facebook-Seite der Stadt. "Es zerreißt mir das Herz, dass es zu einem Attentat auf unsere Stadt kam. Ich habe Tränen in den Augen, wenn ich an diejenigen denke, die wir verloren haben. Ich bete für alle, die noch um ihr Leben kämpfen."
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst bezeichnete den Anschlag als "Akt brutalster und sinnloser Gewalt". Die Tat habe "unser Land ins Herz getroffen", schrieb er auf der Plattform X. NRW sei in Erschütterung und Trauer vereint.
"In diesen dunklen Stunden sind die Menschen unseres Landes und darüber hinaus mit ihren Herzen und Gedanken in Solingen", schrieb der CDU-Politiker weiter. Und: "Ein großer Dank gilt den vielen Rettungskräften und unserer Polizei, die in diesen Minuten um Menschenleben kämpfen."
Faeser kündigte erst kürzlich Verschärfung des Waffenrechts an
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte angesichts der Zunahme von Messerangriffen erst kürzlich eine Verschärfung des Waffenrechts angekündigt.
In der Öffentlichkeit sollen Messer demnach nur noch bis zu einer Klingenlänge von sechs Zentimetern statt bisher zwölf Zentimetern mitgeführt werden dürfen. Für gefährliche Springmesser soll es ein generelles Umgangsverbot geben.
(dpa)
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