Samstag wird ein aufregender Tag für die Bielefelder:innen. Ihr geliebter Verein Arminia Bielefeld hat einen Bundesligisten nach dem anderen aus den Weg geräumt und steht nun völlig überraschend im DFB-Pokalfinale. Noch dazu konnte sich der Klub den Aufstieg sichern und lässt die dritte Liga bald hinter sich.
Bielefeld ist im Fußballfieber. Das kann man so sagen.
Vor einer Woche aber unterbrach der furchtbare Messerangriff vor der Bar "Cutie" die ausgelassene Stimmung in der OWL-Metropole. Der Angreifer verletzte in den frühen Morgenstunden des 18. Mai fünf Menschen, vier davon schwer. Fußball-Fans von Arminia Bielefeld.
Eine Woche später, ausgerechnet am Tag des großen Pokalfinales, legt sich ein weiterer Schatten über das Fußball-Glück der Stadt: Rechtsextreme haben eine Demonstration in Bielefeld angekündigt, instrumentalisieren die Tat für ihre eigene Propaganda. "Anteilnahme für die Opfer vom 18. Mai und Remigration", lautet deren Motto.
200 Teilnehmende wurden angemeldet, die sich um elf Uhr am Bielefelder Hauptbahnhof treffen und von dort durch die Innenstadt ziehen wollen, berichtet Polizeisprecher Michael Kötter der "Neuen Westfälischen" (NW).
Dem Pokalfinale zum Trotz: Den Aufmarsch der Rechtsextremen will man sich nicht gefallen lassen. In Bielefeld regt sich Widerstand.
Das Bielefelder "Bündnis gegen Rechts" hat am Samstag zu einer Gegenkundgebung am Tatort des Angriffs angekündigt. "Kein Platz für Rechtsextremismus. Nicht in Bielefeld. Nicht am Cutie. Nicht jetzt. Niemals", macht das Bündnis klar.
Deshalb will man am Samstag ein Statement setzen. Und zwar bis der Spuk wieder vorbei ist. "Wir sind so lange da, wie die Nazis in der Stadt sind. Die haben sich von elf bis 16 Uhr angemeldet – dann sind auch wir von elf bis 16 Uhr da", betont Michael Gugat vom Bündnis im Gespräch mit watson.
Das Bündnis selbst hat 500 Teilnehmende angemeldet. Wie viele an diesem Samstag kommen werden? Unklar.
Die Tourismusgesellschaft "VisitBerlin" rechnet damit, dass 100.000 Bielefeld-Fans zu dem Spiel gegen den VfB Stuttgart in die Hauptstadt reisen werden. In Bielefeld wird außerdem kollektiv Fußball geschaut. Am Jahnplatz, wo ein großes Public Viewing stattfindet. In Kneipen. Oder auf dem Sofa zu Hause.
Man arbeite deshalb auch nicht mit den üblichen Erwartungen, sagt Gugat. Trotzdem: Über Instagram konnte man den Aufruf zur Gegenkundgebung gut verbreiten. Alleine hier hätten sie 50.000 Leute erreicht. "Wie viele am Ende zu uns kommen, spielt aber auch eine untergeordnete Rolle." Er erklärt:
Der Ort, das "Cutie", positioniert sich selbst immer wieder klar gegen Rechtsextremismus. "Keinen Dank an die, die den Vorfall dazu nutzen, ihre geistlose Intoleranz abzufeiern", heißt es in einem Statement, das die Bar nach dem Angriff auf Instagram teilte.
Dass die Rechtsextremen den Messerangriff trotzdem für sich zu nutzen versuchen, ist wenig überraschend.
"Das Narrativ, das die versuchen aufzubauen, ist ja relativ eindeutig: 'Seht ihr, ihr, die ihr euch selber vielleicht als Gutmenschen bezeichnet, jetzt passiert euch das'", sagt Gugat. Das sei das, was man aus den Kommentaren auf Social Media entnehmen könne. "Das ist natürlich Unsinn und hat mit der Realität relativ wenig zu tun."
Der Hauptbahnhof, dort, wo die Rechtsextremen sich zunächst versammeln wollen, ist nur wenige Gehminuten vom Ort des Angriffs und der Gegenkundgebung entfernt. Welche Route sie aber nehmen werden, stand zunächst laut der "NW" noch nicht fest.
Feststeht aber, dass es sich bei den Demonstrierenden auch um Neonazis handelt. "Der Störtrupp" nennt sich die Gruppierung, die laut "NW" zu der Demo aufgerufen hat und die laut Recherchen des ZDF auch Verbindungen zu der Dortmunder Neonazi-Szene der Partei "Die Rechte" hat.
Es ist die gleiche Gruppierung, die auch am vergangenen Wochenende in Herford, einer Stadt neben Bielefeld, auflief, um "gegen Linksextremismus und rechtsfreie Räume" zu demonstrieren.
In Herford gab es seit über zehn Jahren keine Neonazi-Demo mehr, schreibt die "Taz". Marc Jacobsen von der Mobilen Beratung gegen Rechts (MBR) in Ostwestfalen-Lippe erklärt der Zeitung aber, dass sie seit mehreren Jahren "eine deutliche Zunahme rechter Aktivitäten" beobachten würden.
In Herford sind mehr als 1000 Menschen gegen den Aufmarsch auf die Straße gegangen. Fest steht: Auch in Bielefeld werden die Bürger:innen die Rechtsextremen nicht einfach ohne Gegenprotest ziehen lassen. Auch, wenn am Samstag Fußball ist. Oder gerade deswegen? Denn schließlich nutzen die Rechtsextremen (auch) einen Angriff auf Arminia-Fans für sich.