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Toni Kroos wollte nicht viele Worte verlieren. Mit einem kurzen Post bei Instagram kündigte der Weltmeister von 2014 am Donnerstagnachmittag seine Rückkehr ins DFB-Team an.
Nach dem EM-Achtelfinal-Aus 2021 hatte er seinen Rücktritt erklärt, weil er mehr Zeit mit seiner Familie verbringen wollte. Drei Jahre später sieht das Ganze schon anders aus. "Weil ich sicher bin, dass mit der Mannschaft bei der EM viel mehr möglich ist, als die meisten gerade glauben", folgte eine kleine Kampfansage vom 34-Jährigen.
Doch knapp vier Monate vor dem Start des Turniers ergeben sich für Bundestrainer Julian Nagelsmann nun ganz andere Baustellen.
Denn klar ist: Wenn der Bundestrainer Kroos um ein Comeback bittet, dann nicht, um ihn als Maskottchen auf die Bank zu setzen. Der 106-fache Nationalspieler wird seinen Platz in der Startelf sicher haben. Und das wird ein größeres Erdbeben im Team auslösen.
Schon mit dem Amtsantritt von Julian Nagelsmann stellte sich die große Frage, wie er das Mittelfeld aufstellen wolle. Diese Frage wird mit dem Comeback von Kroos nun noch deutlicher gestellt.
Gündoğan bekam als Kapitän von Nagelsmann eine Startelf-Garantie, doch einen geeigneten Partner im zentralen Mittelfeld hat der Bundestrainer für den Star des FC Barcelona noch nicht gefunden.
Noch am besten funktionierte Gündoğan mit Nebenmann Pascal Groß in den Testspielen gegen die USA (3:1) und Mexiko (2:2). Gündoğan konnte seine Offensivqualitäten unter Beweis stellen, Groß sicherte ihn ab. Bei der 2:3-Pleite gegen die Türkei und der 0:2-Niederlage gegen Österreich klappte das dann schon nicht mehr. Diesmal an seiner Seite: Joshua Kimmich und Leon Goretzka.
Nun kommt mit Kroos ein weiterer Spieler dazu, der die Rolle als Anführer im zentralen Mittelfeld für sich beansprucht. Kroos und Gündoğan sind jedoch ähnliche Spielertypen, die das Spiel lenken, dazu aber einen klassischen Mittelfeldabräumer neben sich brauchen, der sich voll in den Dienst der Mannschaft stellt.
Die würde es mit Robert Andrich und Pascal Groß definitiv geben. Hinzu kommen im Zentrum mit Julian Brandt, Kai Havertz, Jonas Hofmann und Grischa Prömel noch weitere, variable Optionen. Oder um es mit den Worten von Rudi Völler aus dem Februar zu sagen: "Im Mittelfeld drückt der Schuh nicht ganz so extrem."
Dass im ersten EM-Gruppenspiel gegen Schottland am 14. Juni Toni Kroos, Joshua Kimmich, Leon Goretzka und İlkay Gündoğan auf dem Platz stehen werden, ist praktisch ausgeschlossen.
Die Kroos-Nominierung dürfte auch ein Zeichen in Richtung Joshua Kimmich sein. Nagelsmann kommt aufgrund mangelnder Alternativen nicht umher, den Star des FC Bayern auf die rechte Abwehrseite zu stellen.
"Das habe ich nie ausgeschlossen. Durch eine kleine Anpassung, das ist jetzt auch keine 180-Grad-Anpassung, ist auch Josh ein Kandidat auf dieser Position", erklärte der Bundestrainer bei seinem Auftritt im ZDF-"Sportstudio" Ende des vergangenen Jahres.
Der Bayern-Star selbst betonte, dass er sich als zentraler Mittelfeldspieler sieht, aber auch hinten rechts spielen würde, wenn es die beste Lösung für die Mannschaft sei.
"Josh ist ein Spieler, der sich immer in den Dienst der Mannschaft stellt. Jeder Spieler, das ist ganz normal, hat die Präferenz, eine Position spielen zu wollen. Aber er ist ein Spieler, der auch Einfluss auf den Erfolg nehmen kann, wenn er nicht auf der Sechs spielt", erklärte Nagelsmann weiter.
Die Rückkehr von Kroos dürfte zudem Auswirkungen auf Thomas Müller haben. Denn der Bundestrainer betonte bereits, dass es aus seiner Sicht eine sehr gute Idee sei, Jamal Musiala und Florian Wirtz von Beginn an spielen zu lassen.
In der Sturmspitze dürfte Niclas Füllkrug seinen Stammplatz zunächst sicher haben. Hinzu kommt, dass der DFB-Coach trotz der Drei-Spiele-Sperre von Leroy Sané nicht auf den Außenspieler verzichten wird. Und dann ist da auch noch Deniz Undav, mit 14 Toren immerhin der beste deutsche Torschütze in der Bundesliga.
Das bedeutet jedoch auch, dass weder für Thomas Müller noch für Kai Havertz Platz in der Startelf wäre. Serge Gnabry muss nach seiner langen Verletzungspause samt Formtief sogar grundsätzlich um seine Teilnahme bangen. Und auch Marco Reus, der die bisherigen Nagelsmann-Partien verpasste, hat eine Teilnahme an der Heim-EM im Visier.
Zudem wird der fünffache Champions-League-Spieler direkt einen Führungsanspruch in der Kabine übernehmen wollen.
Es ist jedoch fraglich, ob Kroos qua Persönlichkeit auch ein Anführer in der Kabine sein kann. Es muss also gelingen, dass die arrivierten Führungsspieler, die mit seinem Rücktritt auch eine größere Rolle übernommen hatten, wieder etwas von ihrem Führungsanspruch zurücktreten.
Für die Mannschaft geht es im Rahmen der zwei Test-Länderspiele im März und während der EM-Vorbereitung ab Anfang Juni darum, eine Hierarchie um und mit Kroos aufzubauen. Nur dann ist bei der Heim-EM mit dieser Mannschaft auch wirklich mehr drin, als viele aktuell denken.
