Das Transferfenster im Winter ist für gewöhnlich etwas ruhiger als im Sommer. Gerade in Corona-Zeiten überlegen die Vereine im Winter ganz genau, ob ein Transfer Sinn ergibt. Schließlich muss der Spieler dem Klub sofort weiterhelfen.
Vor allem unzufriedene Spieler nutzen diese Zeit und lassen sich auf der Suche nach mehr Spielzeit verleihen oder verkaufen. Oder sie oder ihre Berater machen dem Unmut über die aktuelle Situation in Interviews Luft.
Erling Haaland soll aktuell nicht verkauft oder verliehen werden und dennoch gab es in den vergangenen Wochen wohl keinen Tag, an dem es keine Spekulationen rund um den Stürmerstar von Borussia Dortmund gab.
"Wendung", "Einigung" oder "Entscheidung getroffen" – wenn es nach den Gerüchten um die Zukunft von Erling Haaland geht, hätte der norwegische Stürmerstar bereits zum FC Barcelona, Real Madrid und Manchester City wechseln wollen.
Das Überraschende war viel mehr: Haaland äußert sich öffentlich zu seinen sportlichen Plänen. Zunächst vor zwei Wochen in einem Interview beim norwegischen Streamingdienst Viaplay direkt nach dem 5:1-Sieg über Freiburg, dann vergangene Woche erneut in einem längeren Interview, das die Plattform seines Heimatlandes exklusiv bei Sky ausspielte. Zudem sprach er mit dem US-Fernsehsender ESPN über seine Zukunft.
Das ist für Medienberater Jürgen Knappenberger aber nicht überraschend, sondern eigentlich ein ganz normaler Prozess. Zumal die Dortmunder Bosse genau wüssten, wie sie damit umzugehen hätten.
Auf den ersten Blick wirkt das Verhalten wie eine Medienoffensive des Norwegers. Schließlich gibt er auch in Interviews direkt nach den Spielen häufig nur kurze, einsilbige Antworten.
"Er gibt regelmäßig längere Interviews, vor allem in internationalen Medien. Das ist in Deutschland nicht so bekannt, es sei denn, es ist eine Aussage dabei, die in eine bestimmte Richtung interpretiert werden kann", sagt Medienberater Jürgen Knappenberger.
Mit seiner Agentur "spirit Kommunikation" berät er unter anderem RB Leipzig Trainer Dominico Tedesco, VfB Stuttgart-Profi Waldemar Anton oder Ex-DFB-Spieler Kevin Kuranyi.
Und so liest man aktuell vor allem davon, dass der Norweger gerne Kebab isst und Pina Colada trinkt. Seine Karriere möchte er im norwegischen Bryne beenden und anschließend einen Bauernhof mit Kühen besitzen.
Haaland müsste sich gar nicht äußern, denn sein Profil in der Öffentlichkeit muss der Angreifer mit Aussagen laut Knappenberger nicht mehr schärfen.
Bis vor kurzem blieb der Stürmerstar mit Äußerungen zu seiner Zukunft eher zurückhaltend. Das taten viel mehr Berater Mino Raiola und Vater Alf Inge, die auch öffentlichkeitswirksam bereits die Verantwortlichen von Real Madrid und dem FC Barcelona im vergangenen April besuchten.
Umso überraschender waren die Aussagen von Haaland vor zwei Wochen, als er den BVB-Bossen vorwarf, sie würden ihn bei der Entscheidung über seine Zukunft unter Druck setzen. Zumal er im erneuten Gespräch bei Viaplay seine Kritik an den Dortmunder Verantwortlichen nicht zurücknahm.
"Ich will das nicht vertiefen. Für mich war es einfach an der Zeit, etwas zu sagen. Viele haben über mich gesprochen, aber für mich ist alles gesagt. Jetzt machen wir weiter", sagte er dort vor kurzem.
Doch Haaland könnte es sich sogar leisten, einfach gar nichts zu sagen. "Das würde seinen Marktwert kein bisschen verändern. Bei Spielern seiner Kategorie musst du kein Profil mehr schärfen, deswegen glaube ich, dass es für ihn kein Antrieb ist", erklärt der in der Bundesliga gut vernetzte Medienberater.
Dass es nun doch zu einem kleinen Ausbruch kam, wäre laut Knappenberger ganz normal. "Er liest so viel Zeug über sich, was nur Vermutungen oder Spekulationen sind. Da kann es schon mal sein, dass einem der Kragen platzt und etwas rausrutscht, was man so nicht meint oder falsch eingeschätzt wird."
Noch hat der 21-jährige Norweger Borussia Dortmund im Wintertransferfenster nicht verlassen und steht beim BVB bis zum 30. Juni 2024 unter Vertrag. Er kann Dortmund im kommenden Sommer jedoch für eine Ausstiegsklausel von 75 Millionen Euro verlassen.
Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke und Sportdirektor Michael Zorc widersprachen bereits mehrfach, dass sie Haaland unter Druck setzen würden.
Laut Knappenberger würden sich die BVB-Verantwortlichen absolut richtig verhalten. "Sie können einschätzen, was gerade passiert." Schließlich gab es auch in der Vergangenheit immer wieder Spieler bei den Schwarz-Gelben wie Mario Götze, Robert Lewandowski oder Pierre-Emerick Aubameyang, die für viel Aufregung und Spekulationen rund um den Verein gesorgt haben.
"Sie wissen genau, wie das Spielchen läuft und ob ihr Sportler irgendwas treibt oder es nur der alltägliche Zirkus um ihn ist", erklärt Knappenberger.
Denn das Verhältnis zwischen Borussia Dortmund und Haaland und seinem Umfeld sei auch durch seine Äußerungen nicht belastet. "Sie sind mit ihm auf einer Wellenlänge und haben zu seinem Umfeld einen guten Draht", weiß Knappenberger.
Und so machte auch Haaland-Berater Mino Raiola Anfang Dezember deutlich, dass er und BVB-Boss Watzke sich im beruflichen Kontext zwar streiten würden, doch "ich würde Watzke sogar als großen Freund bezeichnen."
Dennoch machte Zorc bei Sky deutlich, dass es zeitnah zu einer Entscheidung kommen muss. "Es ist klar, dass wir nicht erst im Sommer wissen wollen, wie seine Entscheidung ausfällt, das wird er auch verstehen, das ist im Fußball völlig normal."
Die Frage ist dann nur, ob Haaland die Kommunikation des Transfers selbst übernimmt oder ob er das Dortmund und seinem zukünftigen Verein überlässt.