Deutschsprachig sollte der Neue sein und mit Stars umgehen können – so lautete das ungefähre Anforderungsprofil der Bayern. Die Trainersuche der Bayern war eine fast unendliche Geschichte.
Löw wollte nicht, Heynckes nicht mehr, Tuchel geht nach Paris, Klopp ist mit Liverpool im siebten Himmel, Nagelsmann ist zu grün hinter den Trainerohren, Hasenhüttl wohl auch.
Die Bayern haben ihren neuen Trainer gefunden. Beziehungsweise gekauft. Für 2,2 Millionen Euro Ablöse hat der Rekordmeister Niko Kovac von Eintracht Frankfurt als neuen Coach verpflichtet.
Kovac ist in München kein Unbekannter, er hat das, was man landläufig als "Stallgeruch" bezeichnet. Kovac spielte von 2001 bis 2003 für die Bayern, ist gut mit Sportdirektor Hasan Salihamidzic befreundet. Mit 46 Jahren kehrt Kovac nun also im Sommer an die Isar zurück.
15. Oktober 1971. Niko Kovac kommt im Bezirk Wedding, West-Berlin, zur Welt. Seine Eltern stammen aus Livno im heutigen Bosnien-Herzegowina. Er wächst zweisprachig auf, spricht perfektes Kroatisch und fließend Deutsch.
Das Fußballspielen begann Kovac bei Rapide Wedding – und auf den Bolzplätzen des Arbeiterbezirks im Berliner Norden. 1989 ging's zu Hertha Zehlendorf. Der Klub im gleichnamigen Berliner Ortsteil ist bekannt als Talentschmiede, die schon einige bekannte Profifußballer hervorgebracht hat. Zum Beispiel Antonio Rüdiger, Carsten Ramelow, Christian Ziege und Sejad Salihovic – um nur einige zu nennen.
Während seiner aktiven Karriere war Niko Kovac von 1996 bis 2008 kroatischer Nationalspieler, machte 83 Länderspiele, in denen er 14 Tore erzielte. Er war Leader und Kämpfer in Personalunion. Von 2013 bis 2015 war er außerdem Nationaltrainer Kroatiens, davor trainierte er die U21.
Seine Kritiker warfen ihm damals vor, dass seine Defensivtaktik nicht zum spielerischen, offensiven Potenzial des Teams passte. Tief stehen und mauern mit technisch starken Spielern wie Rakitic, Modric und Perisic?
Das passte vielen nicht. Aber Kovac hat sich nicht reinreden lassen. Er führte Kroatien zur WM 2014, das Team war fast ein Geheimfavorit. Umso enttäuschender verlief das Turnier. Nach der Vorrunde war bereits Schluss, gegen Brasilien und Mexiko gab's jeweils ein 1:3-Niederlage, lediglich beim 4:0 gegen Kamerun wusste Kroatien zu überzeugen.
Im Verlauf der Qualifikation für die EM 2016 wurde Kovac im September 2015 als Nationaltrainer von Kroatien entlassen. Der kroatische Verband reagierte auf ein 0:0 in Aserbaidschan und eine 0:2-Niederlage in Norwegen.
Kovac beschuldigte seine Spieler, dass sie sich gegen die Skandinavier nicht genug reingehängt hätten und den Sieg nicht wollten. Nach dem Motto: In ihren Klubs sind sie große Stars, bei der Nationalmannschaft machen sie 'nen lauen Lenz. Luka Modric, der gegen Norwegen in der zweiten Halbzeit von Kovac ausgewechselt worden war, gab die Kritik an seinen Trainer zurück: "Das ist die Meinung des Trainers. Ich bin sicher, dass wir Spieler alles dafür getan haben, zu gewinnen."
Niko Kovac ist ein Familienmensch. Nach Informationen der "Bild" will er seinen drei Jahre jüngeren Bruder Robert als Co-Trainer mitbringen, der auch aktuell sein Assistent in Frankfurt ist. Dazu soll Heynckes' Co-Trainer Peter Hermann für eine weitere Zusammenarbeit gewonnen werden.
Robert und Niko Kovac standen als Spieler gemeinsam für Bayer Leverkusen, Bayern München und Kroatien auf dem Platz. Und auch als Trainer scheinen die beiden fast unzertrennlich. Sie arbeiteten vor dem Engagement in Frankfurt schon bei der kroatischen U21 und der A-Nationalmannschaft zusammen.
Trophäen wie Jupp Heynckes kann Niko Kovac (noch) nicht vorweisen. Dafür hat er bei der Eintracht durchaus imposante Entwicklungsarbeit geleistet. Nach seiner Verpflichtung im März 2016 bewahrte Kovac die Hessen in der Relegation vor dem Abstieg und führte sie 2017 bis ins DFB-Pokal-Finale.
In dieser Saison hat die Eintracht sogar Chancen auf einen Champions-League-Platz und könnte erneut das Pokal-Endspiel erreichen. Selbst ein Finale in Berlin gegen den FC Bayern ist möglich.
(mit dpa)