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Paralympics-Athletin schafft Hammer-Erfolg: "Weiß, was es heißt, sich zu quälen"

Paralympics: Para-Radsport, Frauen, Zeitfahren, Fuji International Speedway. Annika Zeyen (Deutschland) auf der Strecke.
Annika Zeyen gewann das erste Zeitrennen ihrer Karriere und holte direkt Gold bei den
Paralympics.
Bild: dpa / Marcus Brandt
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"Das kann man nicht toppen": Mit dieser Leistung schafft Annika Zeyen bei den Paralympics einen historischen Erfolg

01.09.2021, 10:04
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Annika Zeyen konnte gar nicht mehr aufhören, mit einem breiten Lächeln in die Kamera zu strahlen. Die 36-jährige Ausnahmeathletin hat bei den Paralympischen Spielen in Tokio zwei unglaubliche Tage hinter sich. Und resümierte am Mittwochmorgen im ZDF erschöpft, aber glücklich: "Silber ist für mich wie Gold."

Gold hatte Zeyen dafür schon am Dienstagmorgen im Straßen-Zeitfahren im Paracycling gewonnen, am Mittwochmorgen wiederholte sie den Erfolg beinahe, musste sich in einem engen Straßenrennen über 26,4 Kilometer aber Jennette Jansen aus den Niederlanden geschlagen geben und landete auf Platz 2.

Und dennoch gelang der Bonnerin bei den Paralympics in Tokio ein historischer Erfolg. Denn sie ist nun gleich in zwei verschiedenen paralympischen Sportarten Goldmedaillengewinnerin. "Es ist einfach unglaublich", sagte die querschnittgelähmte Zeyen, die erst 2019 zum Radsport gewechselt war. "In zwei verschiedenen Sportarten Gold bei Paralympics zu gewinnen, das kann man nicht toppen."

Paralympics: Erfolg für Zeyen keine Überraschung

Das Gefühl, bei Olympischen Spielen teilzunehmen und eine Medaille zu gewinnen, kannte Zeyen bereits. 2008 und 2016 gewann sie im Rollstuhlbasketball Silber, 2012 sogar Gold.

Dass sie irgendwann auch mal im Handbike eine Medaille gewinnen würde, war für sie zwar nicht vorstellbar, aber auch nicht so ganz abwegig.

Deutsche Rollstuhlbasketballerinnen gewinnen Silber bei den Paralympics. Im Finale haben sie gegen die USA mit 45:62 verloren, Annika Zeyen trÃ_gt die deutsche Fahne bei der Abschlusszeremonie ++ am 1 ...
Zeyen gewann bereits drei Olympische Medaillen im
Rollstuhlbasketball.
Bild: picture alliance / Andi Weiland

"Schon als Basketballerin bin ich für die Ausdauer immer Handbike gefahren. So ganz abwegig war das also nicht", sagte sie mit einem Lachen. Doch zum Handbike kam sie eher über Umwege.

Nach ihrem Karriereende 2016 versuchte sie sich zuerst als Rennrollstuhlfahrerin in der Leichtathletik. Verletzungsbedingt konnte sie das jedoch nicht fortsetzen und wechselte schlussendlich zum Handbike. "Heute bin ich überglücklich, dass ich das Handbike gewählt habe." Ein Zeitfahren hatte sie zuvor noch nie gewonnen – zumindest nicht bis Dienstagmorgen.

Doch die Erfolge bei den Para Radsport-Weltmeisterschaften in Portugal Anfang Juni ließ ihr Selbstbewusstsein steigen. Zeyen holte Bronze und Silber und gewann zum zweiten Mal den WM-Titel im Straßenrennen über die 58,8 Kilometer.

"Ich weiß, was es heißt, sich zu quälen. Und ich bin sehr ehrgeizig und trainingsfleißig."
Annika Zeyen über ihre zweite Karriere

Und so erklärte sie bereits im Vorfeld der Spiele selbstbewusst: "Als Weltmeisterin fährt man nicht zu Paralympics, um nur dabei zu sein." Und fügte hinzu: "Ich will mit einer Medaille heimkommen", sagte sie gegenüber der Webseite "Velototal". Und sie hielt Wort.

Erfahrungen als Leistungssportlerin
helfen Zeyen enorm

Im Basketball hatte sie bereits alles gewonnen. Sie ist mehrfache deutsche Meisterin, Pokalsiegerin, Champions-League-Gewinnerin, Europameisterin und zweifache Vize-Weltmeisterin. Doch 2016 entschied sie, ihre Basketballkarriere zu beenden, um sich nicht mehr nach den Trainingszeiten des Vereins und der Nationalmannschaften richten zu müssen. "Im Einzelsport trainiert man nicht weniger, aber flexibler", sagte sie.

Und obwohl die beiden Sportarten sich auf den ersten Blick grundlegend unterscheiden, hat sie viel aus ihrer ersten Karriere mitgenommen. "Ich war schon viele Jahre Leistungssportlerin", sagte sie. "Ich weiß, was es heißt, sich zu quälen. Und ich bin sehr ehrgeizig und trainingsfleißig."

Und das war sie auch während der coronabedingten Zwangsunterbrechung zu Beginn des Jahres. Gerade in den Wintermonaten sei es manchmal schwer gewesen, sich zum Training zu motivieren. Aber: "Wenn es mal nicht so gut lief, habe ich an meine Konkurrenten gedacht und mir gesagt: Komm, die trainieren auch. Das hat geholfen."

Paralympics: Para-Radsport, Frauen, Zeitfahren, Fuji International Speedway. Annika Zeyen (Deutschland) jubelt mit ihrer Goldmedaille.
Bereits im Vorfeld kündigte sie an, mit einer Medaille
zurückkehren zu wollen.
Bild: dpa / Marcus Brandt

Und auch nach ihrem Rennen resümierte sie: "Es war ein schwieriger Weg hierhin. Durch die Coronapandemie hatten wir fast eineinhalb Jahre gar keine Wettkämpfe."

Freunde und Familie sind
ihr "neues" Team

Besonders diese Zeit habe ihr klargemacht, dass auch Einzelsport nicht ohne ein Team im Hintergrund funktioniert. Und so erklärt sie gegenüber "Velototal", dass sie im Herzen immer noch Teamsportlerin sei. Doch nun bestehe ihre Mannschaft eben aus ihrer Familie und ihren Freunden.

Diese waren aufgrund der Corona-Pandemie zum ersten Mal während der Paralympics nicht an ihrer Seite. "Aber sie sind alle immer mitten in der Nacht aufgestanden, um meine Rennen zu gucken" und so war ihr Verlobter ihr erster Gratulant nach dem Golderfolg.

Von England aus rief er eine Kollegin Zeyens an und ließ sich durchstellen. "Schön, wenn man Kolleginnen im Ziel hat", sagte Zeyen, die als Brand Manager für das Internationale Paralympische Komitee (IPC) arbeitet.

Und nach den Paralympics hat sie dann ihr "Team" wieder komplett beisammen, um nicht nur ihre Erfolge bei den Paralympics zu feiern, sondern auch ihre Hochzeit zu feiern. "Wenn Tokio vorbei ist, können die Hochzeitsplanungen starten", sagte sie freudestrahlend dem ZDF.

(mit Material von dpa)

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