Das erste Topspiel der neuen Bundesliga-Saison steigt in Dortmund: Am Samstagabend trifft der BVB ab 18.30 Uhr auf Eintracht Frankfurt. Der Fünfte aus der Vorsaison empfängt den Sechsten.
Mit der Abschlusstabelle konnten die Borussen nicht zufrieden sein, unter normalen Umständen hätten sie damit die Champions League verpasst. Weil sie parallel in der Königsklasse aber deutlich besser aufgespielt haben, erarbeiteten die Schwarz-Gelben im Verbund mit den anderen deutschen Teams der Bundesliga einen fünften CL-Platz.
Veränderungen, das haben die Auftritte in der Liga gezeigt, mussten aber her. Und die kamen auf gleich mehreren Ebenen, weshalb es vor dem Start in die neue Bundesliga-Saison nun zahlreiche Fragezeichen beim BVB gibt.
Die Veränderungen rund um Borussia Dortmund werden vor allem beim Blick auf den Kader deutlich. Mit Mats Hummels und Marco Reus haben zwei ehemalige Kapitäne den BVB verlassen, das Duo kommt insgesamt auf stolze 937 Einsätze im schwarz-gelben Dress. Sie standen für Erfahrung, Qualität, aber auch Identifikation.
Zumindest einen Teil dieser Bereiche haben auch Niclas Füllkrug sowie die beiden Leihprofis Ian Maatsen und Jadon Sancho repräsentiert. Einen solch enormen Aderlass muss man erst einmal abfangen, wenngleich die Bedingungen in diesem Sommer nicht die schlechtesten sind. Denn der BVB hat auch gut 80 Millionen Euro auf dem Transfermarkt investiert.
Von Überraschungsteam Stuttgart kamen mit Waldemar Anton und Serhou Guirassy gleich zwei Profis, die als Leistungsträger eingeplant werden. Auch der für sieben Millionen Euro aus Brighton losgeeiste Nationalspieler Pascal Groß soll eine Schlüsselrolle einnehmen.
Maximilian Beier, mit knapp 28 Millionen Euro Ablöse der teuerste Sommerzugang, sowie Leihspieler Yan Couto versprechen zudem enormes Potenzial. Der Mix könnte also stimmen, die zu füllenden Fußstapfen sind aber trotzdem riesig.
Aus finanziellen wie aus sportlichen Gründen müsste der BVB dabei auch mal wieder einen jungen Spieler so weiterentwickeln, dass dieser ein Kandidat für einen Millionentransfer wird.
So wie einst Jude Bellingham, Erling Haaland oder Ousmane Dembélé: Sie prägten erst das Dortmunder Spiel, ihre Verkäufe deckten dann mehrere Einkäufe. Julien Duranville könnte nun der nächste Kandidat werden.
"Über seine Qualitäten müssen wir nicht reden, das sieht man einfach in jedem Training. Wenn der Junge den Ball berührt, hat man das Gefühl, da schaut man jemandem zu, der etwas Besonderes hat", schwärmte Nuri Şahin im "Kicker" kürzlich. In den vergangenen anderthalb Jahren bremsten Verletzungsprobleme den Flügelspieler aus, über den Sommer aber habe der 18-Jährige "einen körperlichen Riesensprung gemacht".
Das muss Duranville nun auch in der neuen Saison bestätigen. "Wenn der Junge stabiler wird und wir Rhythmus reinbekommen, dann wird er für uns wichtig sein", legte sich Şahin fest.
Kurz nach dem verlorenen Finale in der Champions League verkündeten Borussia Dortmund und Edin Terzić ihre Trennung. Zwei Jahre lang hatte sich der Trainer im Amt gehalten – anhaltender Kritik zum Trotz. Dem BVB fehlte unter ihm zu oft der klar ersichtliche Plan, um sich aus dem Ballbesitz heraus Chancen zu kreieren.
Schon im zurückliegenden Winter stand eine Trennung zur Debatte, stattdessen aber stellte die schwarz-gelbe Vereinsführung Terzić in Sven Bender und Nuri Şahin neue Assistenten zur Seite. Letzterer hat, wie es schon bei seinem Einstieg als Co-Trainer gemutmaßt wurde, nun die Rolle als Cheftrainer übernommen.
Und das mit einer klaren Vision: Der BVB will künftig dominanter auftreten, aktiv das Geschehen bestimmen, im Aufbau endlich moderner auftreten. Oder wie Şahin es bei seiner Präsentation selbst formulierte: "Wir wollen aktiv sein, wir wollen den Ball haben, wir wollen entscheiden, in welche Richtung das Spiel läuft."
Der neue Cheftrainer setzt klar auf einen 3+2-Aufbau, in der Grundordnung wiederum wechselt er zwischen Dreier- und Viererkette sowie zwischen einer 4-2-3-1- und einer 4-3-3-Formation.
In solchen Details orientiert sich der BVB auch am Gegner. "Da spielen viele Themen eine Rolle, ist das ein schneller Spieler, ist das ein Spielmacher, ist das ein reiner Flügelspieler", gab Şahin im Gespräch mit dem "Kicker" einen Einblick in seine Überlegungen.
Entscheidend sei es, variabel zu bleiben und an seinen eigenen Prinzipien festzuhalten. Um die Tiefe des Feldes zu finden, ist dabei auch mal ein präziser langer Ball möglich, wie ihn Anton und Schlotterbeck im Repertoire haben. Es wird spannend zu sehen sein, inwiefern den BVB-Profis dieser Wandel im Spielaufbau gelingt.
Der Wandel innerhalb des Kaders verspricht schon jetzt Reibereien. Youssoufa Moukoko und Salih Özcan, obwohl von Şahin für ihre guten Trainingsleistungen gelobt, haben beim Pokalspiel nicht den Sprung in den Kader geschafft. "Die Jungs wissen um ihre Situation", sagte der Trainer. Beide sollen weg, Moukoko will es sogar, das hat sein Berater öffentlich zum Ausdruck gebracht.
Bisher aber kam ein Deal nicht zustande, dabei ist der Youngster im Sturm nur noch vierte Mal. Özcan hat im zentralen Mittelfeld sogar noch mehr Kontrahenten vor der Nase. Über kurz oder lang könnte dies Unruhe ins Team bringen.
Regelrechten Ärger hat es bereits in der neu strukturierten Chefetage gegeben. Hans-Joachim Watzke zieht sich zurück, Lars Ricken ist zum Geschäftsführer aufgerückt und Sven Mislintat ist als Kaderplaner zum BVB zurückgekehrt. Die Frage, wessen Kompetenzen wo enden, hätte beinahe schon einen Knall nach sich gezogen.
Der als selbstbewusst geltende Mislintat soll, so hatte es etwa die "Sport Bild" berichtet, mit öffentlichen Auftritten und Alleingängen bei Transfers intern gewaltig angeeckt haben. Demnach stand Anfang August sogar die Trennung im Raum. Ricken dementierte zwar letzteres und versuchte, die Wogen zu glätten, das Konfliktpotenzial aber bleibt.
Zündstoff bleibt nicht zuletzt auch in der Beziehung von Verein und Fans vorhanden. Denn mit der Entscheidung, Rüstungshersteller Rheinmetall als Sponsor an Bord zu holen, brachte die BVB-Führung schon zum Ende der Vorsaison viele Anhänger:innen gegen sich auf. Es blieb bei einem Banner beim CL-Finale, zum Saisonstart sind weitere Proteste angekündigt.
In einem Schreiben vom Bündnis Südkurve Dortmund wählten die Fans deutliche Worte:
Dass die Bosse einlenken und den Deal aufkündigen, darf dennoch bezweifelt werden.
So oder so wird es auf allen Ebenen eine spannende Saison für den BVB. Eine, die nicht einfach nur im Zeichen des Umbruchs stehen soll.
"Die Leute, die mich kennen, wissen, dass ich und meine Mannschaft sehr hungrig sind. Wir bei Borussia Dortmund wollen immer um Titel mitspielen", verkündete Şahin während des Asientrips. Auf die Frage, wohin die Reise gehen soll, betonte er erneut: "Meine Erwartungen an mich und meine Spieler sind extrem hoch."