Sport
Analyse

Kovac raus: Auffälligkeit in Rauswurf-Statement – Bayern nutzt speziellen Wortlaut

Soccer Football - Bayern Munich players attend Oktoberfest - Munich, Germany - October 6, 2019 Bayern Munich's sporting director Hasan Salihamidzic, head coach Niko Kovac and CEO Karl-Heinz Rumme ...
In München machte Niko Kovac lange gute Miene zum bösen Spiel.Bild: Stefan Matzke/reuters
Analyse

Kovac bei Bayern weg: Erklärung offenbart das wahre Problem von Hoeneß und Rummenigge

05.11.2019, 10:29
Mehr «Sport»

Nun ist er also weg: Der FC Bayern München hat am Sonntag seinen Trainer Nico Kovac gefeuert. Kovac war 491 Tage im Amt. Wirklich erwünscht war er nie. Die Bayern-Bosse holten den früheren Frankfurt-Trainer im Sommer 2018 als Notlösung.

Das Zaudern von Hoeneß und Rummenigge vor der Kovac-Ernennung im Sommer 2018 bleibt unvergessen: Vor allem Hoeneß soll den vorherigen Bayern-Trainer Heynckes über Wochen und Monate gedrängt haben, doch noch ein Jahr dranzuhängen.

Doch Heynckes wollte nicht. Er wollte das Rentnerdasein lieber mit Hund Cando am Niederrhein als mit der Millionärstruppe an der Säbener Straße verbringen. Einer Mannschaft, die von Jahr zu Jahr schlechter zusammengestellt wurde. Kovac bestritt seine letzte Spiele als Bayern-Trainer mit einer limitierten Truppe. Neuer verhindert die Tore, Lewandowski macht sie – damit sind jedoch auch schon alle reibungslos funktionierenden Elemente aus dem Kader genannt, der Kovac von seinen Vorgesetzten hingestellt wurde.

Ein ungeliebter Trainer, der einen unvollständigen Kader betreuen muss – das weckt Erinnerungen an Carlo Ancelotti. Ähnlich wie Kovac erlebte der Italiener nach seinem Dienstbeginn am 1. Juli 2016 nur 455 Tage im Amt.

Damals endete eine ähnlich kurze Bayern-Karriere auch aufgrund einer schlechten Kaderplanung: Ancelotti bekam eine Altherrentruppe vorgesetzt, die mit einem Altersschnitt von 29 Jahren zwar über viel internationale Erfahrung, aber nicht mehr über die nötige Spritzigkeit und Hunger verfügte.

Soccer Football - Serie A - SPAL v Napoli - Paolo Mazza, Ferrara, Italy - October 27, 2019 Napoli coach Carlo Ancelotti before the match REUTERS/Jennifer Lorenzini
Heute trainiert Carlo Ancelotti in Neapel. Bild: Jennifer Lorenzini/reuters

Auch die Bilanz von Ancelottis erster Saison erinnerte an die erste Spielzeit unter Kovac: Lewandowski schoss die Bayern jeweils zur Meisterschaft, zu sehr viel mehr reichte es nicht. In der in München so wichtigen Champions League schieden die Bayern unter Ancelotti im Viertelfinale aus, im DFB-Pokal im Halbfinale. Zum Vergleich: Kovac schaffte in seiner ersten Spielzeit zwar das Trostpflaster-Double aus Meisterschaft und Pokal, scheiterte aber im Achtelfinale der Champions League.

Zu wenig für die erfolgsverwöhnten Bayern: Sowohl Kovac und Ancelotti brachten mit ihrem Defensiv-Fußball Mannschaft und Fans gegen sich auf – und bei beiden verlor der Vorstand nach nicht einmal anderthalb Jahren die Geduld.

Das wahre Problem des FC Bayern:

In München trifft seit Jahren ein schlecht zusammengestellter Kader – mal überaltert, mal nicht breit genug – auf übertriebene Träume von internationaler Dominanz. Für eine realistische Einschätzung der eigenen Möglichkeiten und Probleme sind Hoeneß und Rummenigge schlichtweg schon zu lange am Ruder.

Jede Fähigkeit zur Selbstkritik haben die beiden alten Männer des FC Bayern spätestens mit jener denkwürdigen Pressekonferenz aus dem Oktober des vergangenen Jahres abgelegt, bei der sie sich gegen jede Kritik mit Verweis auf die Würde des Menschen und das Grundgesetz beriefen.

Wiederholungs-Fehler in Erklärung zu Kovac-Rauswurf verdeutlicht das Problem

Wenn in München Zweifel aufkommen, dann ist einzig und allein der Trainer schuld. Und um dessen Abschied zu verkünden, verwendet man an der Säbener Straße mittlerweile auch einfach nur noch die ähnlichen Textbausteine. Das fiel auch auf Twitter auf.

Glaubst du nicht? Bitteschön:

In der Pressemitteilung zur Entlassung von Trainer Carlo Ancelotti hieß es von den Bayern Ende September 2017:

"Die Leistungen unserer Mannschaft seit Saisonbeginn entsprachen nicht den Erwartungen, die wir an sie stellen. Das Spiel in Paris hat deutlich gezeigt, dass wir Konsequenzen ziehen mussten."

Bei der Kovac-Entlassung hieß es am Sonntag:

"Die Leistungen unserer Mannschaft in den vergangenen Wochen und auch die Resultate haben uns gezeigt, dass Handlungsbedarf bestand."

Schon 2017 beschrieben die Bayern-Bosse Ancelottis Kündigungsgespräch als "offenes und seriöses Gespräch", genauso wie 2019 mit Kovac.

2017 rief Rummenigge die Mannschaft auf:

"Ich erwarte jetzt von der Mannschaft eine positive Entwicklung und absoluten Leistungswillen, damit wir unsere Ziele für diese Saison erreichen."

Ein Satz, den Sportchef Salihamidzic so schön fand, das er ihn 2019 gleich wiederholte:

"Ich erwarte jetzt von unseren Spielern eine positive Entwicklung und absoluten Leistungswillen, damit wir unsere Ziele für diese Saison erreichen."

Wie focus.de berichtet, wurde in der Verkündung von Kovacs Entlassung später noch klammheimlich der Satz "Kovac hatte dem FC Bayern München seinen Rücktritt als Trainer angeboten" ergänzt – ohne Angaben von Gründen.

Dieser schludrige Copy-and-Paste-Umgang in der öffentlichen Trennung mit den eigenen Trainern ist auch ein Symptom dafür, dass es den Bayern-Bossen Hoeneß und Rummenigge schon lange nicht mehr gelingt, die eigentlichen Probleme ihres Klubs richtig zu erfassen.

Dieselben Erklärungen für verschiedene Trainer – das ist nicht einfach nur ein Kommunikationsfehler.

Nein, so denkt man beim FC Bayern wohl wirklich.

Die beiden alternden Bayern-Bosse haben ihren Zenit überschritten. Man darf gespannt sein, welcher arme Coach sich als Nächster auf den Höllenritt Bayern München einlässt. Und ob er den Renteneintritt von Hoeneß und Rummenigge dann tatsächlich auf der Trainerbank erleben darf.

10 Fast-Transfers, die nur knapp scheiterten
1 / 23
10 Fast-Transfers, die nur knapp scheiterten
quelle: imago sportfotodienst
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Reckers' Videobeweis: Transfermarkt-Rekord – ein Alarmsignal
Video: watson
Formel 1: Toto Wolff stichelt gegen Red Bull und schielt auf Verstappen-Wechsel

Die Aufregung um Red-Bull-Boss Christian Horner ebbt nicht ab: Nachdem sich zuletzt bereits TV-Experte Ralf Schumacher in die Reihe der Kritiker:innen eingereiht hatte, die das Vorgehen des Rennstalls in der Causa verurteilen, hat nun auch Mercedes-Boss Toto Wolff deutliche Worte gefunden.

Zur Story