Den Kampf um die deutsche Meisterschaft hat Peter Hyballa bereits abgehakt. "Ich weiß nicht, mit wie vielen Punkten Vorsprung sie Meister werden, aber Bayern München ist einfach zu gut für die Liga. Für mich ist es ausgeschlossen, dass Bayern München nicht deutscher Meister wird", sagt Profi-Trainer Peter Hyballa im Gespräch mit watson.
Und dennoch bot die Bundesliga in der Hinrunde zahlreiche Gesprächsthemen. Seien es die Corona-Probleme beim FC Bayern, die Leistungsschwankungen von Bayern-Verfolger Borussia Dortmund oder das Überraschungsteam vom SC Freiburg, das auf Platz 3 überwintert.
Überraschend war zudem, dass vor der Saison gleich acht Teams ihren Trainer wechselten. Nach 17 Spieltagen lässt sich jedoch festhalten: fast nirgendwo hat der Trainerwechsel in der Hinrunde für Erfolg gesorgt.
Beim FC Bayern hat sich die Verpflichtung von Coach Julian Nagelsmann, der vor der Saison für 25 Millionen Euro von RB Leipzig nach München wechselte, jedoch voll ausgezahlt. Die Bayern thronen fast schon wie gewohnt an der Tabellenspitze.
Dabei dominierten die München bereits in den vergangenen eineinhalb Jahren unter dem heutigen DFB-Coach Hansi Flick. "Julian Nagelsmann hat taktisch nochmal ein Stück mehr Flexibilität reinbekommen. Dennoch muss er die Konterverteidigung stabil halten", lobt Hyballa und macht deutlich, wo die Bayern sich noch verbessern müssen.
Der 34-Jährige habe nicht nur das Team weiterentwickelt, sondern die Debatte um die ungeimpften Spieler wie Joshua Kimmich und das Katar-Sponsoring hervorragend in der Öffentlichkeit moderiert. "Er hat ganz oft die richtigen Worte gefunden. Du musst bei Bayern München nicht nur auf dem Trainingsplatz, sondern auch in der Rhetorik überragend sein."
Und auch im Umgang mit den Superstars hat der junge Coach die richtigen Worte gefunden. Besonders Leroy Sané blühte nach einem holprigen Saisonstart, bei dem er sogar von den eigenen Fans ausgepfiffen wurde, enorm auf.
Statt auf der rechten Außenbahn zu kleben, zog Nagelsmann den 25-Jährigen mehr ins Zentrum. "Julian hat ihn mehr in die Verantwortung und mehr auf die 10er-Position gesetzt. Er hat eine freie Rolle und darauf scheint er viel Bock zu haben. Leroy kann aus der zweiten Reihe schießen und entscheidende Pässe spielen", analysiert Hyballa.
Mit elf Toren und elf Vorlagen hat er bereits jetzt seine Werte aus dem Vorjahr (zehn Tore, zwölf Vorlage) fast übertroffen. Zudem überzeugt er mit starker Defensivarbeit.
Mit neun Punkten Vorsprung auf Verfolger Borussia Dortmund ist den Münchner die Meisterschaft zum zehnten Mal in Folge wohl kaum noch zu nehmen. "Die anderen Mannschaften haben mit sich selbst genug Probleme und über 34 Spieltage nicht die Qualität, Bayern München zu stoppen", glaubt Hyballa.
Dazu gehört auch Borussia Dortmund. Die Westfalen holten mit Marco Rose vor der Saison ebenfalls einen neuen Coach und galten mit der geballten Offensivpower um Stürmerstar Erling Haaland und Kapitän Marco Reus als echter Herausforderer für die Münchner. Diesen Anspruch formulierten sie vor der Saison auch an sich selbst.
Doch nach der unglücklichen 2:3-Niederlage im Top-Spiel gegen die Münchner brachen die Dortmunder leistungsmäßig ein. So wuchs der Abstand auf den Tabellenführer innerhalb von drei Spieltagen auf neun Punkte.
Laut Hyballa sei es aber vor allem die Gier, immer wieder gewinnen zu wollen, die der Mannschaft fehle. In Spielen wie gegen den VfL Bochum waren sie zwar klar die bessere Mannschaft, kamen aber nicht über 1:1 hinaus. Im Gegensatz dazu spielte der FC Bayern zeitgleich zwar schlecht gegen Mainz 05, aber 20 gute Minuten reichten, um 2:1 zu gewinnen.
Hyballa erwartet von seinem Ex-Verein aber in Zukunft mehr. "Dortmunds Anspruch muss es auch mal sein, Bayern mehr herauszufordern und zu kitzeln."
Um so auch bessere Leistungen in der Champions League zu bringen. Dort enttäuschte der BVB und landete in einer Gruppe mit Ajax Amsterdam, Sporting Lissabon und Besiktas Istanbul nur auf Rang 3. Dadurch spielt die Borussia im neuen Jahr nur noch in der Europa-League, zählt dort jedoch neben Rekordgewinner Sevilla und dem FC Barcelona zu den Top-Favoriten.
"Ich denke schon, dass Borussia Dortmund zu den vier besten Mannschaften der Europa League gehört und dann sollte man auch den Anspruch haben, ins Finale zu kommen", fordert auch Peter Hyballa.
Das funktioniert aber nur, wenn Trainer Rose ein großes Problem in den Griff bekommt: die Defensive. Mit 41 Toren nach 17 Spielen stellen die Westfalen die zweitbeste Offensive, aber mit 26 Gegentoren liegen dort die Dortmunder nur im Mittelfeld. Insgesamt sieben Klubs kassierten weniger Treffer. Das liegt zudem daran, dass Ausfälle der Top-Spieler wie Erling Haaland oder dem gesetzten Innenverteidiger-Duo Mats Hummels und Manuel Akanji nicht ansatzweise aufgefangen werden können.
Das Potenzial in Dortmund ist auf alle Fälle da. So ist Hyballa sicher: "Wenn es eine Mannschaft gibt, die Bayern München gefährlich werden kann, dann ist es nur Borussia Dortmund."
Doch Marco Rose und Julian Nagelsmann sind nicht die einzigen Trainer, die vor der Saison einen neuen Job angetreten haben. Die Top-6-Teams der vergangenen Saison wechselten vor der Spielzeit ihren Coach aus. Und das mit mal mehr, mal weniger Erfolg.
Die Champions-League-Teilnehmer VfL Wolfsburg und RB Leipzig entließen ihre Trainer Mark van Bommel (Wolfsburg) und Jesse Marsch (Leipzig) nach dem 9. und 14. Spieltag. Adi Hütter steckt mit Borussia Mönchengladbach trotz großer Ambitionen mitten im Abstiegskampf und steht nur zwei Punkte vor dem Relegationsplatz. Das sah auch lange Zeit bei Eintracht Frankfurt so aus, doch nach einem Stolperstart kämpfte sich die Mannschaft von Oliver Glasner bis auf Rang 6.
"Ich habe immer das Gefühl, dass viele Vereine gar kein Konzept haben. Viele Klubs haben keine eigene Philosophie und keinen klaren Spielstil", kritisiert Hyballa. "Viele Sportdirektoren sagen einfach: Der Trainer hat jetzt Erfolg, also ist der gut. Es geht nicht mehr um Prozesse oder eine Philosophie. Du musst gewinnen. Punkt."
Diese klare Philosophie verfolgen immerhin Borussia Dortmund mit Neu-Coach Marco Rose und Gerardo Seoane, der seit Saisonbeginn Bayer Leverkusen trainiert. Doch die Leistungen ihrer Teams sind im Saisonverlauf bisher einfach noch viel zu schwankend.
Gewinnt ein Team aber nicht oder verliert mehrere Spiele in Folge, wird häufig sofort der Trainer hinterfragt und bei Misserfolg als erster entlassen.
Florian Kohlfeldt, der van Bommel in Wolfsburg beerbte, steht nach lediglich drei Siegen und sieben Niederlagen bereits im Zentrum der Kritik. Die Wolfsburger Verantwortlichen betonten jedoch, an ihrem Coach festhalten zu wollen.
Und so erklärt auch Hyballa: "Und diese Ungeduld von Klubs geht mir langsam auf die Nerven. Der Trainer braucht ein Umfeld, wo er geschützt ist. Aus einer Krise muss man auch mal zusammen rauskommen und das kann auch zu einer Leistungsexplosion führen."
In Sachen Kontinuität auf dem Trainerposten ist der SC Freiburg seit vielen Jahren ein Musterbeispiel in der Bundesliga. Seit Dezember 2011 ist Christian Streich Cheftrainer bei den Breisgauern und blieb es auch, als er 2014/15 mit dem Verein in die 2. Liga abstieg.
In dieser Spielzeit ist der SC Freiburg eines der Überraschungsteams der Liga. Aktuell steht der Sport-Club auf Rang 3, der zur Teilnahme an der Champions League berechtigen würde. "Freiburg hat eine starke Defensive und gute Standards. Das ist schon die halbe Miete", bewertet Peter Hyballa. So stellen sie mit 16 Gegentoren die beste Defensive der Bundesliga.
Doch auch im Angriff läuft es in Freiburg enorm gut. "Sie spielen erfrischend nach vorne", ergänzt er. Die Breisgauer seien dabei unabhängig von Formschwankungen und Ausfällen einzelner Spieler. Bereits 14 verschiedene Profis trafen in dieser Saison für den SC.