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Niklas Süle hat Corona: Das könnte dem DFB-Star jetzt drohen

Niklas Süle wurde offenbar vor dem DFB-Spiel gegen Liechtenstein positiv auf Corona getestet
Niklas Süle wurde wohl vor dem DFB-Spiel gegen Liechtenstein positiv auf Corona getestet.Bild: www.imago-images.de / nordphoto GmbH
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Studie enthüllt Langzeitfolgen für Fußball-Profis: Was Niklas Süle nach seiner Corona-Infektion erwarten könnte

10.11.2021, 13:55
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Eigentlich sollte Niklas Süle vermutlich zusammen mit Antonio Rüdiger in den abschließenden WM-Qualifikations-Spielen gegen Liechtenstein (11.11) und Armenien (14.11) die deutsche Abwehr stabilisieren. Daraus wird jetzt aber nichts. Der 26-jährige Verteidiger des FC Bayern wurde positiv auf Corona getestet und befindet sich nun in Quarantäne.

Als Folge musste das Bayern-Trio Joshua Kimmich, Serge Gnabry und Jamal Musiala ebenfalls in Quarantäne. Dazu kam auch Top-Talent Karim Adeyemi (Salzburg). Verwunderlich ist dabei nur: Die fünf Stars kamen laut "Sport-Informations-Dienst" zusammen mit den anderen Bayern-Spielern Manuel Neuer, Leon Goretzka, Thomas Müller und Leroy Sané mit dem Flieger aus München. Diese vier Spieler bleiben beim DFB in Wolfsburg, erhalten nur beim Essen und den Anfahrten zum Training eine Sonderbehandlung mit eigenem Tisch und eigenem Fahrservice.

DFB-Teamarzt erklärt: Gesundheitsamt entscheidet über Quarantäne

Weshalb gab es diese unterschiedlichen Regelungen? Auf einer Pressekonferenz des DFB erklärte Teamarzt Tim Meyer: "Das Gesundheitsamt befasst sich mit der Kontaktanalyse, also mit wem die betroffene Person engen oder weniger engen Kontakt hatte. Auf der Basis dessen wird entschieden, wer in Quarantäne geht und wer nicht oder ob es andere Auflagen gibt."

Nach dieser Analyse mussten also Müller, Neuer, Goretzka und Sané nicht in Quarantäne und durften bei der Nationalmannschaft bleiben, während sich Kimmich, Gnabry, Musiala und Adeyemi absondern mussten – obwohl alle im gleichen Flugzeug nach Wolfsburg reisten. Hängt es mit einer möglicherweise fehlenden Impfung zusammen? Hatte Kimmich doch erst kürzlich für Schlagzeilen gesorgt, indem er vor Kameras erklärte, dass er nicht geimpft sei.

DFB-Arzt Meyer will weder bestätigen noch dementieren, dass es damit zu tun haben könnte, verweist auf die Schweigepflicht. Er sagt: "Grundsätzlich ist es so, dass die Impfung eines der Kriterien ist, die die Gesundheitsämter anlegen, darüber hinaus aber auch die Intensität und die Dauer der Kontakte."

Wie gefährlich ist Corona für DFB-Spieler?

Die Infektion von Süle und die dazugehörige Quarantäne vom beispielsweise ungeimpften Kimmich stellen nun aber die nächsten Fragen. Welche Folgen hat eine Corona-Infektion für Profi-Fußballer? Natürlich gibt es die kurzfristigen, die mit der zweiwöchigen Quarantäne verbunden sind, aber gibt es auch langfristige Folgen?

Darauf hat ein Team der Universität Düsseldorf eine Antwort gefunden. In der Studie "The Long Shadow of an Infection: COVID-19 and Performance at Work" (zu Deutsch: Der lange Schatten einer Infektion: COVID-19 und die Leistung auf der Arbeit) untersuchten drei Wissenschaftler die Auswirkung einer Corona-Erkrankung auf Fußball-Profis.

Von Beginn der Pandemie bis Juli 2021 sammelten die Forscher Daten aus der Bundesliga und der italienischen Serie A. In diesem Zeitraum gab es in beiden Ligen insgesamt 257 Spieler, die sich mit dem Corona-Virus infizierten. Davon konnten 233 Profis durch Zeitungsartikel, Mitteilungen der Klubs, Spieler oder Verbände identifiziert werden.

Corona-Studie bei Fußballern nur an Ungeimpften

Danach wurden von allen 1406 Spielern beider Ligen für die 15 Monate in der Pandemie Daten eingeholt vom Datenlieferanten "Opta Sports". Das heißt: Auch Spieler, die sich über den gesamten Zeitraum nicht infiziert hatten, wurden kontrolliert und dienten als Kontrollgruppe, um auszuschließen, dass bestimmte Veränderungen in den Leistungen gar nicht auf die Infektion zurückzuführen seien. Da die Daten vom Juli 2021 stammen, gehen die Wissenschaftler davon aus, dass keine geimpften Spieler unter den infizierten waren. Die Impfkampagnen liefen zwar schon, dennoch vernachlässigt die Studie diesen Punkt, da nicht anzunehmen ist, dass bis zu diesem Zeitpunkt schon eine breite Masse doppelten Impfschutz habe.

Insgesamt untersuchten die Wissenschaftler hauptsächlich zwei Dinge: Einerseits sollte bestimmt werden, ob ein Spieler nach seiner Genesung wieder auf die gleiche Wahrscheinlichkeit kommt, zu spielen und ob er auch auf die gleichen Spielanteile kommt, wie vorher. Andererseits sollte die Leistung innerhalb eines Spiels analysiert werden. Ist der genesene Spieler wieder in der Lage, die gleichen Werte abzurufen, wie vor seiner Erkrankung?

In Bezug auf die Anzahl der Einsätze eines Spielers bringt die Studie klare Ergebnisse. Es ist zu 5,7 Prozent unwahrscheinlicher, dass der Spieler genauso oft spielt, wie vor seiner Erkrankung. Schaut man sich die absoluten Spielanteile in Minuten an, wird es noch drastischer. In den ersten 150 Tagen verpassen die infizierten Profis fast zehn Prozent der möglichen Spielminuten. Erst danach kommen sie wieder auf ein ähnliches Niveau wie vor der Infektion, wobei sie dieses selbst nach 225 Tagen noch nicht ganz erreichen.

Das zeigt auch, dass die Spieler früher ausgewechselt oder später eingewechselt werden. Besonders die früheren Auswechslungen lassen vermuten, dass die Leistungen im Spiel selbst vielleicht noch schlechter werden würden aufgrund der Erschöpfung. Um exakt diese Performance innerhalb eines Spiels zu messen, greift das Wissenschafts-Team auf die Anzahl der Pässe zurück.

"Wir betrachten das als kausalen Beweis, dass COVID-19 Infektionen lang anhaltende Leistungseinbrüche für infizierte Individuen hervorrufen"
Studie "The Long Shadow of an Infection: COVID-19 and Performance at Work" der Universität Düsseldorf

Laut der Studie ist die Pass-Anzahl ein altbewährtes Instrument, um die Produktivität von Fußball-Spielern zu messen. Besonders, weil sie mit Werten wie Beschleunigung, körperliche Voraussetzung und Ausdauer in Verbindung steht. Auch bei dieser Komponente gibt es drastische Verschlechterungen der Spieler.

Die Passanzahl nimmt um 5,1 Prozent ab. Dazu kommt: Der Abfall ist nicht vorübergehend, sondern bleibt über mehr als ein halbes Jahr vorhanden. Die Wissenschaftler selbst schreiben in der Studie: "Dieser Effekt ist nicht vorübergehend, sondern bleibt vor allem negativ im Laufe der Zeit. Wir betrachten das als kausalen Beweis, dass COVID-19 Infektionen lang anhaltende Leistungseinbrüche für infizierte Individuen hervorrufen."

Fußballer über 30 mit größerem Leistungseinbruch

Fußball-Profis haben im Vergleich zur Gesamtbevölkerung nur eine geringe Altersspanne. Die meisten Spieler sind zwischen 18 und 35, vielleicht gerade noch 40 Jahren alt. Dennoch gibt es gravierende Unterschiede bei den Leistungseinbrüchen von genesenen Spielern. Bei Profis, die über 30 Jahre alt waren, ging die Leistung teilweise sogar bis mehr als zehn Prozent zurück. Die unter 25-Jährigen hingegen waren nach einer Infektion nur marginal von schlechteren Leistungen betroffen. Außerdem sehen die Wissenschaftler Anzeichen, dass sich die benötigte Regenerationszeit bei genesenen Spielern verlängert. Die Profis brauchen also länger, um sich nach einem Spiel zu erholen.

Eine andere wichtige Frage wird ebenfalls beantwortet: Wie unterscheiden sich die Folgen einer Corona-Erkrankung von Kurz- oder Langzeitverletzungen und auch von anderen Atemwegserkrankungen? Die Antwort: extrem. Während bei allen anderen Gründen für ein Fehlen, die Spieler quasi mit Rückkehr auf den Fußballplatz ihr Ausgangsniveau erreichen, bleibt die Leistungsfähigkeit bei Corona – wie bereits erwähnt – lange unten.

Zusätzlich berücksichtigt die Studie auch, dass Fußball als Ausdauersport gilt und betrachtet, wie der Leistungsabfall eines genesenen Spielers über 90 Minuten verläuft. Dabei ist zu beachten, dass auch eingewechselte genesene Spieler in diese Statistik mit einbezogen sind. Auffällig bei allen: In den ersten 30 Minuten sinkt die Leistung um drei Prozent, danach sogar um sechs. Auf diesem Niveau bleibt die Leistungsfähigkeit dann bis zur 90. Minute.

Alles in allem haben die Wissenschaftler der Düsseldorfer Heinrich Heine Universität also umfassend Daten geliefert, die naheliegen, dass Fußball-Profis eine Infizierung mit dem Corona-Virus vermeiden sollten. Selbst sagen sie, dass bei "normalen" Nicht-Leistungssportlern die Leistungseinbrüche wohl noch heftiger ausfallen könnten, weshalb sie zu dem Schluss kommen: "Letztlich könnten unsere Ergebnisse als ein weiteres Argument für die Impfung von jungen und sportlichen Menschen dienen."

(stu)

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