Nach einer perfekten Vorrunde kam das DBB-Team im Achtelfinale erstmals ein wenig ins Stolpern: Gegen Portugal brauchte es drei Viertel, bis die deutsche Offensive endlich ins Rollen kam. Der 85:58-Erfolg klingt am Ende deutlicher, als er es war.
So stark die deutsche Mannschaft auch auftritt – die Kulisse will bislang nicht mithalten. Offiziell verirrten sich gegen Portugal nur 2300 Fans in die 11.000er-Halle von Riga. Auch andere Spiele sahen ähnlich dünn besetzte Ränge – trotz NBA-Superstars wie Luka Dončić, Giannis Antetokounmpo oder Franz Wagner.
Der Hauptgrund liegt auf der Hand: die Ticketpreise. Selbst für schwach besetzte Spiele müssen Zuschauer teilweise 120 Euro aufwärts zahlen – Summen, die selbst eingefleischte Fans abschrecken.
Zum Vergleich: In der Vorrunde im finnischen Tampere blieben die Hallen zwar wegen unglücklicher Spielansetzungen am Mittag oft leer, doch es gab auch echte Highlights. Besonders, wenn Litauen spielte: "Die Litauer haben die Kneipen übernommen und gefeiert. Das waren einfach super Fans – da war richtig Stimmung", erinnert sich RTL-Reporter Tobias Budde. In Riga dagegen herrscht bislang eher Geisterkulisse.
Auch wenn in Riga bislang kaum EM-Stimmung aufkommt, sorgt das DBB-Team selbst für die richtigen Vibes. Die Stimmung innerhalb der Mannschaft ist seit Wochen auffallend positiv und wirkt familiär.
Diese Geschlossenheit zeigte sich zuletzt auch bei der Unterstützung für Bundestrainer Alex Mumbru. Weil er nach seiner Erkrankung noch nicht bei 100 Prozent ist, übernimmt erneut Co-Trainer Alan Ibrahimagic seine Aufgaben.
Um Gerüchte über einen Rückzug zu zerstreuen, stellte sich das gesamte Team demonstrativ hinter Mumbru. Maodo Lo sagte stellvertretend: "Wir sind hier, um unsere Solidarität mit dem Coach zum Ausdruck zu bringen. Er ist nicht abgetreten, er ist weiter für uns da."
Auch bei Kapitän Dennis Schröder wird deutlich, wie eng die Mannschaft und ihr Umfeld zusammenstehe. Trotz der rassistischen Beleidigungen, die er während der Vorrunde ertragen musste, wirkt er unbeeindruckt und gut gelaunt. Das liegt auch an dem Rückhalt der Mannschaft und seiner Familie.
"Seine Familie sitzt wirklich bei jedem Spiel direkt am Seitenrand. Sie wirken super sympathisch. Man merkt auch, wie viel Dennis das bedeutet", sagt Budde. Wenn Schröders Sohn den Jubel seines Vaters nachahmt, "ist das einfach einer dieser Momente, die hängen bleiben."
Auch abseits des Courts begegnen die Spieler dem Reporter als erstaunlich nahbare Typen. In Tampere ergab sich sogar eine Runde Golf mit Tristan da Silva. "Man denkt da nicht an Arbeit, sondern redet einfach normal. Eigentlich paradox, weil du mit einem NBA-Spieler unterwegs bist – aber es fühlt sich total entspannt an."
Genau das sei typisch für die Mannschaft, meint Budde: "Die Jungs sind total bodenständig. Man merkt gar nicht, dass man da mit NBA-Profis abhängt." Auch Bruder Oscar da Silva habe sich so gezeigt: "Er hat mir erzählt, dass er gerne angeln geht, das passt einfach zu ihm."
So bodenständig die Jungs auch beim Golfspielen oder in Familienmomenten wirken, auf dem Parkett gilt nur ein Ziel: der Titel. Dafür muss gegen Slowenien, geführt von NBA-Star Luka Dončić, eine andere Leistung her als zuletzt gegen Portugal. Der slowenische Superstar ist bisheriger Top-Scorer des Turniers und wirkt so fit wie lange nicht mehr, auch dank seines neuen serbischen Personaltrainers.
Die Deutschen gehen trotzdem als Favorit ins Viertelfinale. Sie haben mit Franz Wagner und Isaac Bonga zudem zwei starke Defender, die Dončić zumindest ein wenig einbremsen könnten. Gelingt der Coup gegen die Slowenen, trennen das DBB-Team nur noch zwei Spiele vom ganz großen Triumph.
Und dann dürfte es im positivsten Sinne krachen. Budde hat da schon eine Ahnung, wer die Feier anführen könnte: "Bestimmt die da-Silva-Brüder. Mit ihrem brasilianisch-münchner Mix aus Wiesn und Karneval – da kann man sich richtig gut vorstellen, dass sie ordentlich Stimmung machen können."