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Kommerzproblem in der Bundesliga: Warum wir einen neuen Fußball brauchen

ARCHIV - 08.04.2023, Nordrhein-Westfalen, Dortmund: Fu
Dortmund-Fans nennen das BVB-Stadion weiterhin "Westfalenstadion", obwohl die Namensrechte seit Jahren an ein Versicherungsunternehmen verkauft sind. Bild: dpa / Bernd Thissen
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Kommerzproblem in der Bundesliga: Wir brauchen einen neuen Fußball

In seiner wöchentlichen Kolumne schreibt der Fanforscher Harald Lange exklusiv auf watson über die Dinge, die Fußball-Deutschland aktuell bewegen.
21.04.2023, 17:27
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Wir stehen vor einem spannenden Saisonfinale in der Bundesliga. Neben den sportlichen Themen beginnt gerade eine neue Runde des Kulturkampfes zwischen den mächtigen Fußballbossen und den Fans. Den einen geht es ums Geld, den anderen um die vermeintlich wahren Werte des Sports: Tradition, Leistung, Entwicklung, Solidarität, Chancengleichheit, Spannung, Transparenz und Ehrlichkeit.

Der Profifußball steht schon wieder am Scheideweg. Die Plakate und Choreografien in den Kurven deuten es an: Fans wollen einen anderen Fußball als die meisten Bosse der DFL und des DFB. In den kommenden Wochen werden wir das Entfachen eines regelrechten Machtkampfes um die Werteorientierung im deutschen Profifußball erleben.

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Im Spektrum der vielen Auslöser des neuen Konflikts sticht der geplante Investoreneinstieg in die Bundesliga hervor. Es scheint tatsächlich so zu sein, dass der Fußball aus der letzten großen Krise kaum etwas dazu gelernt hat.

Bereits während der Corona-Pandemie hatten sich Fans millionenfach abgewendet. Die Zusagen der Ligaverantwortlichen (mehr Demut, die Einführung eines Klub-Fan-Dialogs, die Einrichtung der Taskforce Profifußball, usw.) haben sich inzwischen allesamt als Nebelkerzen enttarnt.

Fanforscher Harald Lange.
Fan-Forscher Harald LangeBild: Uni Würzburg
Über den Autor
Harald Lange ist seit 2009 Professor für Sportwissenschaft an der Universität Würzburg. Er leitet den Projektzusammenhang "Fan- und Fußballforschung" und gilt als einer der bekanntesten Sportforscher in Deutschland. Der 55-Jährige schreibt und spricht täglich über Fußball, auch in seinem Seminar "Welchen Fußball wollen wir?"

Deshalb geht es gerade in der aktuellen Saison munter weiter mit dem Ausverkauf der Traditionen, ideellen Werte und dem Sportsgeist, den wir inzwischen ganz realistisch als eine romantisch verklärte Idee einer früheren Epoche wahrnehmen. Eine Idee aus der guten alten Zeit des Fußballs.

Wir wissen, dass das viele Geld der TV-Sender und Sponsoren den Fußball in Deutschland nicht besser gemacht hat. Die aufgeblähten Wettbewerbe der Uefa finden in den finalen Runden (abgesehen von Bayer Leverkusen in der Europa League) ohne deutsche Beteiligung statt. Dabei durfte die Bundesliga in der aktuellen Saison sogar fünf Mannschaften ins Rennen um den Titel in der Champions League schicken.

Trotzdem werden wir in den kommenden Tagen und Wochen Zitate von Klubbossen hören, die behaupten, dass der Deutsche Fußball noch mehr Geld brauchen wird, um international wieder konkurrenzfähig zu werden.

"Inzwischen existieren so viele Beispiele, die die Kurzsichtigkeit und fehlende Nachhaltigkeit des ausufernden Geldfußballs belegen."
Fan-Forscher Harald Lange zu den Problemen des Kommerzfußballs

Deshalb gefallen mir die Gegenreaktionen aus den Kurven, die genau das verhindern wollen und in die Opposition zu diesem Rattenrennen um immer mehr Kohle und unverschämte Ablösesummen und Gehälter gehen. Inzwischen existieren so viele Beispiele, die die Kurzsichtigkeit und fehlende Nachhaltigkeit des ausufernden Geldfußballs belegen.

Der FC Bayern hat in den letzten sieben Jahren mehr als 500 Millionen Euro in seinen Kader gesteckt und ist dennoch international in die Zweitklassigkeit abgerutscht. Dorthin ist die Nationalmannschaft seit 2018 kontinuierlich abgestürzt und scheint sich unter der neuen Führung noch weiter von der Weltspitze zu entfernen.

BVB-Fans proben Aufstand gegen Stadion-Sponsor

Die Fans des BVB in Dortmund proben selbstbewusst den Aufstand gegen die Symbole des Kommerzfußballs. Sehr zum Ärger eines Hauptsponsors, der offen gegen eine Fan-Choreographie mit dem Titel "Für immer Westfalenstadion" protestiert.

Die Forderung, dieses Stadion nach dem Namen eines Versicherungskonzerns zu benennen, der dafür richtig viel Geld auf den Tisch gelegt hat, ist ebenso naiv wie die Idee der DFL Bosse, dass weitere Milliarden eines Investors den Deutschen Fußball in absehbarer Zeit auch sportlich wieder konkurrenzfähig machen würden.

Wir brauchen nicht mehr, aber auch nicht weniger als einen neuen Fußball!

Ich meine, wir müssen das ausgemachte Kommunikationsproblem lösen und in den Austausch von Ideen zur Zukunft des Fußballs kommen. Die Spitzen der DFL und vieler Klubs finden im Dialog mit ihren Fans partout keine Augenhöhe, obwohl Kommunikation noch nie so wichtig war, wie zurzeit.

Fußball Champions League Viertelfinale FC Bayern München - Manchester City am 19.04.2023 in der Allianz Arena in München Banner im München Fanblock mit der Aufschrift: Ziele dürfen verfehlt werden - W ...
Die Bayern-Fans machten ihrem Frust beim Champions-League-Duell mit Manchester City Luft.Bild: Imago Images / Revierfoto

Dabei geht es nicht nur darum, die Fans wieder ins Boot zu holen. Nein, es geht darum, den Fußball in Deutschland mit Ideen jenseits der Geldspritzen aus dem Private Equity zurück in die Erfolgsspur zu bringen. Es geht um die Werte, die den Fußball groß und im wahrsten Sinne des Wortes "wertvoll" gemacht haben.

Die Fans des FC Bayern mahnten genau in diesem Sinne den gigantischen Werteverlust ihrer Klubführung mit einem eindrücklichen Spruchband beim Champions-League-Duell mit Manchester City an: "Ziele dürfen verfehlt werden – Werte des Vereins nicht! Führungspolitik hinterfragen!"

DFB-Legende traut Rangnick Trainer-Posten beim FC Bayern nicht zu

Nach den Absagen von Xabi Alonso und Julian Nagelsmann gibt es einen neuen Top-Kandidaten für den Posten des Cheftrainers beim FC Bayern: der derzeitige Nationaltrainer Österreichs, Ralf Rangnick. Er hat jüngsten Berichten zufolge eine Kontaktaufnahme des deutschen Rekordmeisters bestätigt. Der 65-Jährige habe darüber sogar bereits mit dem ÖFB (Österreichischer Fußball-Bund) gesprochen.

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