Sichtlich betroffen ist Union Berlins Präsident Dirk Zingler am Mittwoch ans Rednerpult getreten. "Wenn ich ehrlich bin, hatte ich immer ein bisschen Angst vor diesem Tag", sagte Zingler auf der einberufenen Pressekonferenz. "Nun ist er da. Und früher, als wir uns alle gewünscht haben."
Dann stockte ihm die Sprache, mit den Gedanken schien er woanders zu sein. Zingler wirkte, als hätte er selbst die getroffene Entscheidung noch nicht wirklich realisiert. "Jetzt werden wir dieses Werk meistern", sagte er nach einer kurzen Pause. "Davon bin ich überzeugt."
Nachdem Union Berlin auf den letzten Tabellenplatz abgerutscht war, entschied sich der Verein, die Zusammenarbeit mit Trainer Urs Fischer und Co-Trainer Markus Hoffmann zu beenden.
Zingler und Fischer hätten nach einem persönlichen Treffen am Montag eine "gemeinsame Entscheidung" getroffen, heißt es in der Mitteilung des Vereins. Es sei ein "sehr nahes, sehr emotionales Gespräch" gewesen, sagte Zingler. "Wir sind jetzt alle zwei, drei Tage und wahrscheinlich auch darüber hinaus traurig." Der X-Kanal, vormals Twitter, von Union Berlin heißt anstelle des Vereinsnamens vorübergehend "Danke, Urs und Hoffi!"
Mehr als fünf Jahre lang war Urs Fischer Trainer in Köpenick, in der Zeit führte er den Verein von der 2. Liga in die Champions League. Es war bis zum Sommer die erfolgreichste Ära der Vereinsgeschichte. Den plötzlichen Abbruch – keines der letzten 14 Spiele konnte gewonnen werden – kann sich niemand so richtig erklären.
"Wir wussten in den letzten fünf Jahren nicht immer genau, wie wir jedes Spiel gewonnen haben", sagte Zingler. "Jetzt wissen wir noch nicht ganz genau, wie wir jedes Spiel verloren haben." Es ist ein Thema, das über die Grenzen Berlin-Köpenicks hinaus Schlagzeilen machte. Sogar bis nach Madrid.
So verging keine Minute, bis Toni Kroos und dessen Bruder Felix in ihrem gemeinsamen Podcast "Einfach mal Luppen" auf Urs Fischer zu sprechen kamen. Felix Kroos, der selbst viereinhalb Jahre bei Union gespielt hat, zwei davon unter Urs Fischer, sprach von einer Meldung, "die mich ein bisschen traurig macht".
Aufgrund der fehlenden Nähe ging Toni Kroos naturgemäß etwas pragmatischer mit der Nachricht um. "Es war ja schon besonders, dass das erst jetzt passiert", sagte der Weltmeister von 2014. "Von daher glaube ich, ist es am Ende auch das Geschäft." Und das Geschäft mache auch vor besonderen Vereinen nicht halt.
"Vor besonderen Menschen nicht", ergänzte Felix. "Ich glaube, das, was er geleistet hat, ist außergewöhnlich, und jetzt war es einfach eine Extremsituation." Er wisse, sagte Felix Kroos weiter, dass es wirklich eine gemeinsame Entscheidung gewissen sei, und keine Entlassung.
Anders als sein Bruder sei Toni Kroos aber nicht traurig. "Dafür kenne ich im Vergleich zu dir die handelnden Personen einfach zu wenig, als dass ich da traurig sein könnte." Er habe Urs Fischer nicht wirklich gekannt, nur einige Sätze mit ihm gewechselt, als Union im September in der Champions League gegen Real Madrid gespielt hat.
"Da fand ich ihn mega, mega sympathisch", sagte Toni Kroos. "Da konnte ich ein bisschen nachempfinden, was alle über ihn sagen." Das habe aber natürlich nicht gereicht, um eine Beziehung aufzubauen. Generell sei er auch einfach pragmatischer. "Und trotzdem war Union ein Stück weit besonders", gestand der 33-Jährige. "Es ist immer schade, aber es gehört dazu."