Der FC Bayern ist in den vergangenen Jahren nicht gerade dafür bekannt, dass sich viele Talente aus der eigenen Jugendabteilung bei den Profis durchsetzen. Auf der anderen Seite ist klar: Wenn es dann mal jemand schafft, winkt ihm direkt die Weltkarriere. Thomas Müller und David Alaba sind da nur zwei Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit.
Seit einigen Jahren bestätigt auch Jamal Musiala wieder, dass an diesem Phänomen etwas dran ist. Der gerade einmal 21-jährige Spielmacher ist in jungem Alter bereits einer der besten Spieler, sowohl beim Rekordmeister als auch in der deutschen Nationalmannschaft.
Für seine spielerischen Fähigkeiten wird er geschätzt und respektiert – wegen seines Alters und seiner schlaksigen Körperstatur wird er ab und zu noch von seinen Mannschaftskameraden aufgezogen. Einer davon ist Musialas Freund Leroy Sané.
Natürlich ist es auch unter Fußballprofis komplett normal, sich als Freunde und Kollegen mal zu necken. Doch das kann auch mal ordentlich nerven, wenn der Spaß zu sehr ausgereizt wird.
So ähnlich fühlt sich wohl Jamal Musiala, wenn man seinem Artikel auf der Spielerplattform "The Players Tribune" glaubt. Dort beschreibt er seinen Weg vom Jugendfußball bei Chelsea London bis hin zu den Profis beim FC Bayern München. Vor seinem ersten Training für die FCB-Profis hatte er demnach "Angst", dass das Team ihm als Neuling zeigen wollte, wo es lang geht.
Doch zu seiner Verwunderung waren alle "so nett und einladend". Mit einer Einschränkung: "Na gut, fast alle. Ich vergebe Leroy immer noch nicht den Spitznamen Bambi." Den Namen hatte ihm Sané damals in Anlehnung an das Disney-Reh namens Bambi gegeben – wegen seiner "dünnen Beine", wie er mal im vereinsinternen Kinder-Magazin "FC Bayern Kids Club" erklärte.
Der Name hält bis heute an, auch bei der Nationalmannschaft sollen Musiala einige "Bambi" nennen. Trotz seines Ärgers über Sanés Einfall erklärte Musiala erst vor Kurzem gegenüber der "Welt": "Mit dem Spitznamen Bambi habe ich kein Problem, jeder darf mich gern weiter so nennen."
Dennoch wird zwischen den Zeilen in Musialas neuem Text klar, dass ihn Sané manchmal ganz schön mit dem Namen nervte. In seinem ersten Spiel vor ausverkauftem Stadion nach der Coronapandemie zog ihn sein Mannschaftskollege und Freund auf: "Ohhh, hast du Angst, Bambi? Hat das Kind Angst?" Wie Musiala betont, hatte er jedoch so gar keine Angst.
Von seinem ersten Training hat Musiala auch positivere Erinnerungen behalten, etwa wie hin und weg er von Mitspieler Thiago Alcántara war. Dieser habe, als Musiala auf den Platz kam, mit einem weiteren Spieler den Ball hochgehalten – und zwar mit nur zwei Kontakten, über das halbe Feld. Musiala staunt noch heute:
Thiago sei ein "Glitch", also ein Fehler im Spiel, dem System oder der Realität.
Am Ende des Textes resümiert Musiala, wie viel ihm dieses Training bedeutet und geformt hat. Zudem blickt er nach vorn und formuliert Ziele für in fünf Jahren, wenn er 26 Jahre alt ist – und die sind gleich in doppelter Hinsicht bemerkenswert.
Denn einerseits strotzt Musiala vor Selbstvertrauen. Er wolle in fünf Jahren "eine Weltmeisterschaft und ein paar Champions-League-Trophäen in der Vitrine stehen haben". Er wolle seine Familie stolz machen.
Und dann folgt noch ein besonders kurioses Ziel: "Ich hoffe wirklich, dass mein Vater mich endlich nicht mehr bittet, meine Mannschaftskameraden zu fragen, ob sie ein schnelles Foto mit ihm machen können." Wobei gerade Musiala das wohl bestens nachvollziehen kann.
Am Anfang des Textes schildert er nämlich, wie er selbst in der Jugendakademie von Chelsea Fotos mit John Terry, Didier Drogba und André Schürrle hinterherjagte "wie Pokémons".