Trainer beim FC Bayern zu sein, ist grundsätzlich sehr schwer. Extrem viele Interessen und Ziele müssen verfolgt werden. Das merkt aktuell auch Thomas Tuchel, der nach dem Pokal-Aus gegen Drittligist Saarbrücken (1:2) vor rund zwei Wochen Kritik einstecken musste und sich gegen TV-Experten wie Lothar Matthäus und Didi Hamann wehrte.
Der Auslöser für den Frust nach der Pokal-Blamage ist ganz einfach erklärt: Es ist der eigene sportliche Anspruch der Münchner. Der deutsche Rekordmeister sieht den Titel in der Bundesliga als Minimal-Ziel, zusätzlich soll aber eigentlich auch jährlich der Pokal dazukommen und mindestens das Halbfinale der Champions League erreicht werden. Tuchel als Trainer muss seine Mannschaft für all diese Ziele optimal einstellen.
Auch wegen des hohen Anspruchs hatte der 50-Jährige vor der Saison vor der aktuellen Kaderstärke gewarnt. Die Spielerliste der Münchner sei zu klein, wenn es hart auf hart kommt, würden genug Alternativen fehlen. Gerade bei der Abwehr hat sich die Befürchtung Tuchels sogar bewahrheitet. Aufgrund von Verletzungen von Dayot Upamecano, Matthijs de Ligt und Min-Jae Kim musste zeitweise der eigentliche Mittelfeldspieler Leon Goretzka in der Innenverteidigung aushelfen.
Neben der enormen Erwartungshaltung muss Tuchel aber auch die Stimmung innerhalb des Teams managen. In der Defensive wird zwar jeder Star gebraucht, in der Offensive hat der Trainer jedoch Handlungsspielraum. Oft muss deshalb Bayern-Urgestein Thomas Müller auf der Bank Platz nehmen. Das sorgt beim 34-Jährigen aber nicht für Freudensprünge.
Jüngst hatte Tuchel auf einer Pressekonferenz Müller als "absolut vorbildlich" gelobt. Gleichzeitig hatte er aber auch angemerkt: "Ich glaube, dass er innerlich manchmal anders fühlt, aber sich das nicht anmerken lässt. Er ist ein echter Teamplayer."
Während es sich Müller nicht anmerken lässt, hat Mathys Tel nun auf einer Pressekonferenz über seine Rolle beim deutschen Rekordmeister gesprochen. Der 18-Jährige wurde in seiner zweiten Saison bei den Bayern in zehn von elf Bundesliga-Spielen eingesetzt – allerdings immer als Einwechselspieler. Dabei erzielte er drei Tore und legte zwei weitere auf. Er ist Tuchels Edeljoker.
In einer Medienrunde der französischen U21-Nationalmannschaft antwortete Tel auf eine Frage zu seiner Rolle in München zuerst: "Ich bin nicht frustriert über meine Spielzeit." Danach fügte er aber an: "Aber es ist natürlich klar, dass ich auf einen Stammplatz hinarbeite. Aktuell habe ich den Status des Edel-Jokers, aber das ist nicht das, was ich auch langfristig anstrebe. Aber so ist es nun mal, ich lerne weiter, um einen Stammplatz in der Mannschaft zu erhalten."
Im Anschluss daran erläuterte er seinen Glaubenssatz im Bezug auf seine fußballerische Weiterentwicklung: "Ich arbeite nach dem Prinzip, dass man lernen muss, klein zu sein, um groß werden zu können. Aber das geht nur über das Lernen."
Großes Verbesserungspotential sehe er im technischen Bereich und in der Spielübersicht. "Ich neige oft dazu, alleine spielen zu wollen", ordnet der Tel ein, der im Sommer 2022 für 20 Millionen von Stade Rennes zum FC Bayern wechselte und als Versprechen für die Zukunft gilt.
Wenige Monate nach der Vertragsunterschrift hatte der damalige Bayern-Sportvorstand Hasan Salihamidžić von Tel geschwärmt und ihn als "das größte Talent in Europa auf dieser Position" bezeichnet. Das große Problem für den jungen Franzosen ist allerdings die Konkurrenz. Mit Harry Kane steht ein absoluter Topstar im Sturmzentrum der Münchner unter Vertrag. Da der Engländer im Sommer einen Vierjahresvertrag unterzeichnete, wird Tel diese Konkurrenzsituation auch noch einige Jahre haben, bis er selbst in der Spitze als Stammkraft ran könnte.