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FC Bayern: Als Oliver Kahn im Klassiker gegen den BVB komplett ausrastete

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Am 3. April 1999 produzierte Oliver Kahn (r.) beim Duell zwischen dem BVB und dem FC Bayern legendäre Bilder.Bild: imago images / Team 2
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FC Bayern: Als Oliver Kahn im Klassiker gegen den BVB die Nerven verlor

30.03.2024, 11:53
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Nein, als ruhiger, besonnener Zeitgenosse galt Oliver Kahn noch nie. Den einstigen Torhüter umgab schon immer eine etwas wilde, impulsive Aura. In den 90er-Jahren noch zahlte er mit seiner Frisur, die sich irgendwo zwischen Vokuhila und He-Man bewegte, auf dieses Image ein.

Über 20 Jahre später hat Oliver Kahn seine Mähne gegen einen gepflegten Schnitt mit Seitenscheitel eingetauscht. Sein Image hat sich aber nur bedingt geändert.

So hielten nicht wenige Menschen die Berichte für valide, die dem einstigen Vorstandvorsitzenden des FC Bayern nach seiner Kündigung im vergangenen Sommer unterstellten, ein Sicherheitsrisiko für die FCB-Bosse zu sein. Diese sollen seinerzeit befürchtet haben, dass es zu einer Prügelei kommen würde, wenn er zum letzten Saisonspiel nach Köln mitreist.

Oliver Kahn selbst bestritt daraufhin zwar einen Ausraster, da hatte sich das Bild bei den meisten aber schon verfestigt. Gänzlich von Schuld freizusprechen ist der 54-Jährige dabei nicht, denn an seinem Image hat er als Torhüter jahrelang gearbeitet.

Immer wieder eckte er abseits des Feldes mit Interviews an, regelmäßig zeigte er aber auch auf dem Platz, warum Keeper grundsätzlich als spezielle, etwas verrückte Menschen gelten. Vor allem am 3. April 1999.

Der BVB empfing den FC Bayern, der Tabellenvierte den Ersten. Das Spitzenspiel mit Geschichte, medial gerne als "Klassiker" gefeiert. An jenem Samstagnachmittag steckte aber deutlich weniger drin, als es der Name vermuten lässt. Denn die Bayern hatten 20 Punkte Vorsprung auf die Dortmunder, 14 waren es auf das zweitplatzierte Kaiserslautern.

BVB-Fans provozieren Bayerns Oliver Kahn mit Bananen

Für Oliver Kahn ging es aber trotzdem um mehr als "nur" Prestige. Der Schlussmann hatte vor Anpfiff über zwölf Stunden kein Gegentor mehr in der Liga kassiert. Es war seinerzeit der Bundesliga-Rekord. Und der erfolgsbesessene Torhüter wollte diesen weiter ausbauen.

Dass ihn die Dortmunder Fans mit dutzenden Bananen, die aufs Feld geschleudert wurden, empfingen, sollte ihn kaltlassen. Nicht aber, was dann während des Spiels geschah.

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Vor dem Anpfiff musste Oliver Kahn seinen Strafraum erstmal von Bananen befreien.Bild: imago images / Uwe Kraft

Schon nach zwölf Minuten beendete BVB-Angreifer Heiko Herrlich die Serie des Titans, in der 32. Minute stellte er gar auf 2:0. In Erinnerung sollte aber eine Szene bleiben, die sich zwischen diesen beiden Treffern abspielte.

Es lief die 21. Minute, als Herrlich einem hohen Ball hinterhereilte. Das Zuspiel war deutlich zu lang, trotz der konservativen Spielweise Oliver Kahns hatte Heiko Herrlich keine Chance, die Kugel zu erreichen. Aber das war auch gar nicht sein Ziel. Er wollte seinen Gegenspieler verunsichern, folgte dem Rat von Jürgen Kohler und rempelte den Bayern-Profi leicht an.

FC Bayern: Oliver Kahn attackiert gleich zwei BVB-Profis

Die Provokation zeigte Wirkung. Der Titan wurde zum Vulkan, dessen emotionale Eruption anschließend die Schlagzeilen beherrschen sollte. Zunächst rempelte er noch harmlos zurück, dann aber folgten Bilder für die Ewigkeit. Der Titan drückte seinen Mund in Hals und Wange von Heiko Herrlich, deutete an, diesen anzuknabbern. Der Dortmunder reagierte sichtlich irritiert auf diese befremdliche Szene.

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Ein Moment für die Ewigkeit: Oliver Kahn (r.) knabbert Gegenspieler Heiko Herrlich an.Bild: IMAGO images / Team 2

Oliver Kahn hingegen legte wenige Minuten später nach, diesmal im Duell mit dem anderen BVB-Angreifer, mit Stéphane Chapuisat. Auch der Schweizer sprintete einem langen Ball hinterher, die Szene aber wurde abgepfiffen. Eine Chance, das Zuspiel zu erreichen, hätte er ohnehin nicht gehabt. Bayerns Keeper war wieder schneller, fing die Kugel.

So weit, so normal. Aber Oliver Kahn wäre nicht Oliver Kahn, wenn er den Ball einfach nur gefangen und dann schnell weitergespielt hätte. Stattdessen legte er beim Fangen großen Wert auf seine Haltungsnote. Im Kung-Fu-Sprung, mit dem rechten Fuß auf Schulterhöhe, segelte der Titan dem Leder entgegen.

Stéphane Chapuisat erkannte den Mensch gewordenen Wahnsinn rechtzeitig, wich der potenziell gesundheitsgefährdenden Einlage aus und zeigte dem Bayern-Profi anschließend den Vogel.

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Schiedsrichter Bernd Heynemann hingegen las Oliver Kahn zwar die Leviten, zeigte ihm aber keine Karte. Dabei wäre es an jenem 3. April, der seit dem ersten Bundesliga-Platzverweis im Jahr 1971 als Tag der Arschkarte bezeichnet wird, doch so passend gewesen.

Vergessen hatte der Unparteiische seine Karten aber keineswegs. Bayerns Samuel Kuffour holte sich in der 36. Minute für ein grobes Foul eine Rote ab, kurz nach dem Seitenwechsel sah Dortmunds Stefan Reuter Gelb-Rot.

Oliver Kahn blickt auf seine Ausraster zurück

Die Partie hatte auch noch zwei Tore der Münchener zu bieten, Alexander Zickler und Carsten Jancker besorgten binnen fünf Minuten den Ausgleich. Oliver Kahn parierte in der Folge noch einen Elfmeter von Lars Ricken. Am Ende trennten sich die Traditionsklubs mit 2:2, aber definitiv nicht friedlich.

Die zwei Momente des ungestümen Torhüters haben sich bei Fans wie Reporter:innen eingebrannt, dürfen heute in keinem Bundesliga-Rückblick mehr fehlen. Und auch aus Oliver Kahns Vita sind sie nicht mehr wegzudenken. Zwei Jahrzehnte später blickte er im Gespräch mit "11 Freunde" auf jenen 3. April 1999 zurück.

"Natürlich hätte ich meine Aggression anders kanalisieren müssen, aber egal, wo ich heute auftauche, es gibt niemanden, der mir meine Wildheit, meine Eskapaden zum Vorwurf macht. Im Gegenteil: Viele sagen, dass sie diese besonderen emotionalen Momente im heutigen Fußball vermissen."

Von derartigen Emotionen lebt der Fußball schließlich. Womöglich erklärt auch das, warum Oliver Kahn und seine Ausraster gegen den BVB unvergessen bleiben.

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