Jürgen Klopp und Pressekonferenzen. Diese Kombination verspricht meist markige Sprüche und Lacher auf allen Seiten. Auch während der Fragerunde vor dem Champions-League-Duell zwischen Klopps FC Liverpool und dem dänischen Superligaen-Meister FC Midtjylland am Dienstag (21 Uhr/DAZN) erfüllte sich dies.
Die traditionsreiche Fußballweltmarke aus England geht als klarer Favorit ins Duell mit dem Underdog aus Jütland. Um das große Gefälle zwischen den Kontrahenten zu verdeutlichen: Den Fusionsklub aus der Stadt Herning gibt es in seiner jetzigen Form erst seit dem Jahr 1999, er ist damit über 100 Jahre jünger als der englische Meister. Der FC Midtjylland tritt zum ersten Mal überhaupt in der Königsklasse an. Den Reds, die diesen Wettbewerb bereits zweimal gewonnen haben, stehen sie außerdem zum ersten Mal in ihrer jungen Historie gegenüber.
Entsprechend herrscht schon große Aufregung. Offenbar auch bei den lokalen Journalisten. Auf die Frage eines dänischen Reporters, wie der FC Liverpool ohne verletzte Stammspieler wie Virgil van Dijk, Thiago, Naby Keita und Joel Matip in das Duell gehen werde, musste Klopp lachen und gab keine Auskunft: "Sorry, das ist hier nicht privat." Dann stellte Klopp die rhetorische Gegenfrage: "Sie wissen, dass das eine Pressekonferenz ist?"
Was er damit meinte: Natürlich lässt sich der Erfolgstrainer auf der öffentlichen Pressekonferenz NICHT in seine Taktikkarten schauen.
Wie auch immer die Liverpool-Elf von Kloppo am Dienstagabend aussehen wird, unterschätzen will der Ex-BVB-Coach den FC Midtjylland auf keinen Fall.
Davon zeugt seine Reaktion auf eine weitere Nachfrage eines Journalisten aus Dänemark, als dieser den Superligaen-Champion fast unterwürfig als "kleinen Klub aus einem kleinen Land" bezeichnete. Klopp entgegnete ihm: "Ihr müsst offensichtlich ein wenig an eurem Selbstvertrauen arbeiten, weil wir euch nicht als so kleinen Klub sehen. Wir sehen in euch einen richtigen Gegner in dieser Gruppe!"
Klopp lobte den FC Midtjylland vor allem für seinen besonderen Ansatz in der Spielvor- und Nachbereitung als auch für das Agieren auf dem Transfermarkt. "Ich wusste ein paar Dinge darüber, wie sie versuchen, wissenschaftliche Methoden auf andere Art und Weise anzuwenden. Ein wirklich interessantes Projekt", sagte Klopp über den Klub.
Im europäischen Klubfußball ist der FCM ein Vorreiter in der Nutzung statistischer Datenanalyse. Der Verein hat sich 2014 ganz einer Philosophie verschrieben, die an das vielfach kopierte Konzept des Baseball-Klubs Oakland Athletics um Manager Billy Beane erinnert.
Das Buch "Moneyball" und dessen Verfilmung mit Hollywood-Star Brad Pitt machten das Prinzip berühmt. Statt irrationaler, subjektiver und emotionaler Motive sollen Entscheidungen viel mehr anhand wissenschaftlicher Kriterien getroffen werden. Dafür sollen noch mehr Daten gesammelt und in noch größerer Detailschärfe ausgewertet werden. Auch Liverpool ist längst in diese Materie eingetaucht, beschäftigt dafür einen Physiker, der seinen Abschluss an der renommierten Havard-Universität gemacht hat.
Um die Wahrscheinlichkeit zu berechnen, wer das zweite Spiel in der Gruppe D gewinnen wird, muss Klopps Klub allerdings keine aufwändigen Modelle bemühen.
(as/mit Material von sid)