Die Spekulationen um die Formel-1-Zukunft von Audi reißen nicht ab. Erstmals will die Marke sich ab 2026 in die Königsklasse des Motorsports wagen. Damit meint Audi es durchaus ernst, will ganz vorne mitfahren, wie der Konzernchef Markus Duesmann kürzlich in einem Interview durchblicken ließ: "Wir machen Formel 1 nicht aus Jux und Tollerei, sondern wollen zeigen, was wir können."
Die Gerüchte um etwaige Piloten hatte bereits der ehemalige Volkswagen-CEO Herbert Diess im vergangenen Jahr angeheizt. Er hatte erklärt, dass sich der Konzern einen deutschen Fahrer wünsche, wenn eine seiner Marken in die Formel 1 einsteigen würde. Seitdem wird insbesondere in Deutschland heiß darüber diskutiert. Klar, dass da ein Name immer wieder fällt: Mick Schumacher. Viele Optionen gibt es aus heutiger Sicht nämlich nicht. Nun spricht der Konzernchef Klartext zur Personalfrage.
Drei Jahre vor Beginn des Audi-Formel-1-Abenteuers gibt es nur zwei deutsche Optionen, die für das Audi-Cockpit infrage kommen: Nico Hülkenberg und eben Mick Schumacher. Letzterer überbrückt die Saison derzeit als Mercedes-Testfahrer und hofft für 2024 wieder auf einen festen Platz in einem Formel-1-Auto.
Wenn Audi in der Formel 1 an den Start geht, wird Mick Schumacher mit 27 im besten Rennfahreralter sein. Doch der ist aktuell noch kein Thema, wie Audi-Konzernchef Duesmann in einem Interview mit "Spiegel" klarstellt: "Wir sprechen im Moment mit vielen Entscheidern, Fahrern, Teamchefs. Mit Mick Schumacher gab es keine konkreten Gespräche hinsichtlich eines Engagements."
Diess' Aussage, dass der Konzern versuchen werde, "sicher auch deutsche Fahrer zu beschäftigen", relativiert Duesmann nun: Zwar seien deutsche Fahrer für Audi genauso attraktiv wie für die Spitze der Konzernmutter, "doch es ist für uns keine Bedingung".
Zunächst einmal zählt für Audi wohl die Leistung. Denn der Konzern will hoch hinaus, will ganz vorne mitfahren. Trotzdem bleibt Duesmann realistisch. Man könne nicht einsteigen und sofort gewinnen: "Die Formel 1 gehen wir als langfristiges Engagement an. Es ist ein Investment in die Zukunft. Erst in der Phase, in der man die Rennen bestreitet, kann man das Marketingpotenzial ausschöpfen." Die Grundvoraussetzung für ein gutes Marketing: Erfolge auf der Rennstrecke.
Auch was das angeht, bleibt er auf dem Boden. Denn: Andere Teams sind nach Auffassung Duesmanns zunächst im Vorteil. "Die Teams, die bisher dort antreten, haben einen Vorsprung, manche haben über Jahrzehnte tolle Arbeit geleistet. Deshalb werden wir zwei, drei Jahre brauchen, um vorn mitfahren zu können."
Seit August 2022 ist bekannt, dass Volkswagen mit Audi in die Formel 1 einsteigen will. Schon jetzt laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Seit Oktober vergangenen Jahres ist klar, dass Sauber Motorsport in Hinwil "strategischer Partner" für das Formel-1-Projekt wird. Audis F1-Bolide werden also eine Koproduktion Deutschland-Schweiz sein. Das ist ungewöhnlich, der Standort möglicherweise auch riskant.
Zumindest sind Branchenkenner:innen skeptisch über die Standortwahl. Nicht zuletzt wegen der spürbar höheren Top-Gehälter in Deutschland als in England. Ein möglicher Nachteil für Audi.
Audi-Entwicklungsvorstand Oliver Hoffmann hält gegenüber "Motorsport" jedoch dagegen. Mit der Standortwahl habe man sich lange beschäftigt: "Natürlich ist England nach wie vor das Mekka der Formel 1. Gleichzeitig haben wir in Neuburg einen hochattraktiven Standort, nicht weit von unserem künftigen Partner, dem Rennstall Sauber." Und: Die Fluktuation der Personalien sei hier nicht so hoch wie in Großbritannien. "Den bisherigen McLaren-Teamchef Andreas Seidl hat Sauber als neuen Geschäftsführer schon gewinnen können", sagt er als positives Beispiel.