Man stelle sich vor: ein Stürmer, der keine Bälle bekommt. Ein Sprinter, dem man Schlappen reicht. Ein Gitarrist, dem man ein Klavier vor die Füße setzt. In etwa so dürfte sich Max Verstappen derzeit in seinem Red Bull fühlen.
Der viermalige Weltmeister fährt stark wie eh und je, belegt den dritten Platz in der Gesamtwertung. Doch an den beiden Fahrern von McLaren, Oscar Piastri und Lando Norris, kommt er nicht vorbei. Dass das nicht an mangelndem Talent liegt, versteht sich von selbst.
In der Konstrukteurswertung liegt Red Bull derzeit auf Rang vier. Und wer wissen will, wo sich Yuki Tsunoda in der Fahrerwertung einsortiert, muss im Klassement etwas weiter nach unten scrollen. Während andere Spitzenteams auf ein Duo in der Spitze setzen können, holt Verstappen bei Red Bull die meisten Punkte im Alleingang.
In der Formel 1 gehört es zur Dramaturgie des Sports, dass Dominanz stets ein Ablaufdatum hat. Über Jahre prägte Red Bull das Geschehen. Doch die goldene Phase scheint vorerst beendet. Und das hat einen Grund: der Bolide. "Ich will in einem Auto sitzen, mit dem ich um Siege und Weltmeisterschaften fahren kann", sagte er gegenüber der "Bild". Und genau dieses Auto machte mehrfach Probleme.
Immer wieder kursierten Gerüchte um einen Wechsel von Verstappen zu Mercedes. Formel-1-Insider Felix Görner schrieb vor drei Wochen in seiner Kolumne für sport.de, der 27-Jährige stehe "mit einem Bein im Mercedes-Cockpit".
Nun meldete sich Mercedes-Teamchef Toto Wolff vor dem anstehenden Grand Prix von Belgien beim ORF zu Wort und deutete an, dass er sich einen Wechsel für die kommende Saison 2026 nicht vorstellen könne: "Ich denke, aber nicht, dass es große Überraschungen geben wird."
Die Entscheidung, wer nächste Saison für die Silberpfeile ins Rennen geht, scheint gefallen zu sein: "Die Fahrtrichtung ist, dass wir mit George und Kimi weitermachen wollen. Das ist erste Priorität."
Anfang Juli setzte Red Bull Teamchef Christian Horner vor die Tür – dargestellt wurde es als eigengewählter Rücktritt. Gründe, sich von ihm zu trennen, hat es schon vorher gegeben. Doch die Entscheidung fiel möglicherweise als Signal. Ein Signal an Max Verstappen. Dessen Umfeld, allen voran Vater Jos, lag seit geraumer Zeit im Clinch mit Horner.
Die Trennung zeigt, wo die Loyalität im Team inzwischen verortet ist: bei Verstappen, nicht beim langjährigen Teamchef. Ob sich der wechselwillige Niederländer damit beruhigen lässt?
Ein Wechsel Verstappens zu Mercedes hätte weitreichende Folgen – sportlich wie finanziell. Ohne einen Vertrag der Superlative wäre ein solcher Schritt kaum vorstellbar. Gleichzeitig stünde das Team vor einem Dilemma: Das vielversprechende Eigengewächs Kimi Antonelli, trotz seines Alters bereits mit bemerkenswerter Reife unterwegs, müsste vorerst zurückstehen.
Zwischen George Russell, den Mercedes jahrelang als Nummer-1-Fahrer aufgebaut hat, und Max Verstappen könnten zudem Spannungen entstehen. Eine heikle Zukunftsfrage, über die sich Teamchef Toto Wolff bereits jetzt Gedanken machen muss.