Der 16. Geburtstag ist für viele Jugendliche ein ganz besonderer Tag. Endlich darf man allein mit dem Moped oder Roller die Welt auf eigene Faust erkunden oder das erste Mal Bier im Supermarkt kaufen und dann an der Kasse stolz seinen Ausweis vorzeigen. Für Borussia Dortmunds Youngster Youssoufa Moukoko spielen diese Dinge wahrscheinlich eher eine untergeordnete Rolle. Denn der Angreifer darf seit der Vollendung seines 16. Lebensjahrs am 20. November für den BVB in der Bundesliga professionell Fußball spielen.
Schon am Samstagabend (20.30 Uhr/Sky) könnte Moukoko beim Auswärtsspiel gegen Hertha BSC sein Debüt im Profibereich geben. Mit 16 Jahren und einem Tag würde er dann der jüngste Bundesligaspieler aller Zeiten werden. "Ich mache mir gar keinen Druck", sagte der in Kameruns Hauptstadt Yaoundé geborene Angreifer dem vereinseigenen Sender BVB TV.
Und das, obwohl der Hype um einen Youngster in der Bundesliga und der ganzen Fußballwelt selten größer war. Einen großen Anteil daran hat der Spieler selbst mit seinen unglaublichen fußballerischen Fähigkeiten. In 123 Nachwuchsspielen erzielte er bisher schon 192 Tore. Aktuell läuft er für die Dortmunder U19 in der Junioren-Bundesliga auf, obwohl er auch noch eine Altersklasse tiefer spielen könnte.
Seine Mitspieler sind teilweise zwei bis drei Jahre älter und in der körperlichen Entwicklung viel weiter als er, doch das scheint ihn nicht zu stören. Zehn Tore nach vier Spielen in der aktuellen Saison sprechen eine eindeutige Sprache. Längst trainiert er regelmäßig bei den Profis. Seine Gegenspieler sind nun zehn bis 15 Jahre älter und heißen Hummels, Haaland, Reus oder Witsel.
"Zu Hause habe ich es immer noch nicht kapiert", sagte er nach dem ersten Training mit den BVB-Stars am 1. August. Dennoch sei es ein "überragendes" Gefühl gewesen. Lob und Aufmerksamkeit bekommt der Youngster aktuell von allen Seiten. Kameruns Fußball-Legende Samuel Eto'o adelte ihn schon, indem er den Vergleich zum besten Fußballer der Welt zog: "Er ist der nächste große Spieler für mich nach Messi", lobte ihn der ehemalige Topstürmer in einem Interview gegenüber "Goal" und "Spox" Ende Oktober.
Ex-BVB-Star Nuri Sahin, dessen Rekord als jüngster Bundesliga-Spieler Moukoko brechen dürfte, sagte jüngst, "Youssoufa muss jetzt den nächsten Schritt machen – die U19 ist zu einfach für ihn".
Doch beim BVB sind sie sich der Verantwortung um ihr Juwel bewusst. "Wir haben uns danach gesehnt, dass er bei den Profis reinschnuppern kann. Aber wir müssen ihm die nötige Ruhe und Zeit geben", sagte BVB-Lizenzspielerchef Sebastian Kehl. Selbst Dortmunds aktuelle Sturmhoffnung, der 20-jährige Erling Haaland, lobte: "Er ist viel besser als ich mit 15."
Dass ein zu früher Hype um die eigene Person in diesem Alter auch alles andere als gut für die persönliche Entwicklung sein kann, belegen die Beispiele von Hachim Mastour oder Martin Ödegaard.
Mastour wechselte mit 14 Jahren zum AC Mailand, saß mit 15 Jahren bereits beim Profi-Team das erste Mal auf der Bank. Werbepartner standen Schlange, der mediale Hype um den Marokkaner, der auch die italienische Staatsbürgerschaft besitzt, war riesig, doch nachhaltig Aufmerksamkeit erregte er nicht mit guten Leistungen sondern durch Verletzungen, Streitereien und Suspendierungen. Heute spielt er in Italiens zweiter Liga bei Reggina 1914.
Ähnlich lief es beim Norweger Martin Ödegaard, der mit 15 Jahren in Norwegens erster Liga debütierte und mit 16 Jahren zu Real Madrid wechselte. In der spanischen Hauptstadt hatte der heute 23-Jährige lange Anpassungsprobleme, wurde bisher drei Mal verliehen und startet in diesem Jahr einen neuen Versuch, sich im Starensemble der Königlichen einen Platz zu erarbeiten.
Ob Moukoko tatsächlich am Wochenende zum Einsatz kommt, ist noch fraglich. "Es gibt kaum einen Spieler im Nachwuchsbereich, dem wir es so sehr gönnen würden wie ihm. Er hat es sich einfach verdient", sagte BVB-Nachwuchschef Lars Ricken. Dann könnte am Samstagabend mit Jude Bellingham (17 Jahre), Giovanni Reyna (18 Jahre) und Erling Haaland (20) der BVB der Zukunft auf dem Platz stehen.
"Wir haben gewisse Vorstellungen, was daraus werden könnte, aber wir wissen auch, dass man den Jungs jetzt erst mal ein bisschen Freude am Fußball lassen muss", sagte Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, der keinen Druck aufbauen möchte. Der Stürmer selbst lässt sich von dem ganzen Trubel um seine Person unterdessen nicht verrückt machen. "Ich höre nicht, was andere sagen. Ich verfolge nur meinen Weg." Doch sollte er am Wochenende tatsächlich sein Debüt feiern, wird der Hype um seine Person nicht kleiner.
(lgr/as)