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Fans gegen DFB: Was die Diskussion um Pyrotechnik über den Konflikt aussagt

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Immer wieder kommt es zum Abbrennen von Pyrotechnik durch Menschen im Stadion. Der DFB geht dagegen mit Geldstrafen vor.Bild: Imago Images / Kolbert-Press
Fußball-Kolumne

Fans gegen DFB: Was die Diskussion um Pyrotechnik über den Konflikt aussagt

In seiner wöchentlichen Kolumne schreibt der Fanforscher Harald Lange exklusiv auf watson über die Dinge, die Fußball-Deutschland aktuell bewegen.
05.08.2023, 09:54
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Die Debatte um den Einsatz von Pyrotechnik begleitet uns seit vielen Jahren, ohne dass eine Lösung des Problems sichtbar werden würde. Im Gegenteil: Das Thema verkommt zu einem überflüssigen Machtspiel zwischen Fans und den Verbänden.

Anstatt gemeinsam nach einvernehmlichen Kompromissen und Lösungen zu suchen, werden seitens des DFB immer höhere Strafen ausgesprochen. Ich meine: das sind Muskelspiele, auf die wir getrost verzichten können. Die Strafen haben bislang nur eines bewirkt: Sie werden von Fans als Herausforderung begriffen, sich dieser Machtdemonstration entgegenzustellen.

Nicht durch friedlichen Protest, provozierende Banner oder Sprechgesänge, sondern indem weiterhin und immer mehr Pyrotechnik zum Einsatz kommt. Der DFB kassierte in der letzten Saison knapp acht Millionen Euro an Strafen von den Vereinen. Vorwiegend wegen vermeintlichen Vergehen im Zusammenhang mit Pyrotechnik.

Fanforscher Harald Lange.
Fan-Forscher Harald LangeBild: Uni Würzburg
Über den Autor
Harald Lange ist seit 2009 Professor für Sportwissenschaft an der Universität Würzburg. Er leitet den Projektzusammenhang "Fan- und Fußballforschung" und gilt als einer der bekanntesten Sportforscher in Deutschland. Der 55-Jährige schreibt und spricht täglich über Fußball, auch in seinem Seminar "Welchen Fußball wollen wir?"

Spitzenreiter der zahlenden Klubs ist Eintracht Frankfurt. Die Hessen mussten 861.200 Euro an den DFB berappen. Gefolgt vom Hamburger SV (545.580 Euro), dem VfB Stuttgart (522.000 Euro), Hansa Rostock (380.205 Euro), dem 1. FC Köln (354.500 Euro) und Hannover 96 (342.420 Euro).

Stattliche Summen, die aus Sicht des DFB vordergründig dem Zweck dienen sollen, das Problem mit dem Zünden von Fackeln, Bengalos und Co. in den Griff zu bekommen. Konkret wird beim DFB sogar von präventiven Maßnahmen gesprochen.

Eine äußerst eigenwillige Auffassung, die dem Verband jedoch 2021 durch ein Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) formal bestätigt wurde.

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In den Augen der Richter handelt es sich bei den zu zahlenden Geldbeträgen keineswegs um "strafähnliche Sanktionen". Durch die hohen Geldbeträge sollen die Vereine dazu angehalten werden, "zukünftig alle Mittel einzusetzen, um mäßigend auf ihre Anhänger einzuwirken und so künftige Zuschauerausschreitungen zu verhindern".

Pyrotechnik im Stadion: Ein Kampf um die Deutungshoheit

Ist das Abbrennen von Pyrotechnik eine Form der Zuschauerausschreitung? Ein Verbrechen? Oder "nur" eine Ordnungswidrigkeit? Was genau erhoffen sich die für Prävention zuständigen Experten in den Vereinen und Verbänden von solchen Geldstrafen?

"Letztlich geht es hier nämlich zuallererst um ein Machtspiel zwischen DFB und den Fans."

Hannover-Boss Martin Kind wetterte bereits vor einem Jahr gegen diese Form der Bestrafung: "Das kann so nicht weitergehen, bei aller Liebe für diesen Schwachsinn. Da würde ich für das Geld lieber einen Stürmer verpflichten, als das Geld an den DFB zu überweisen und ihn noch reicher zu machen."

Inzwischen kursiert in Hannover eine neue Idee. In einer Mitteilung des Klubs wird angedeutet, dass die Strafen des DFB zukünftig auf die Ticketpreise hin umgelegt werden sollen. Der Verein wird in der gerade beginnenden Saison seine Fans (und deren vermeintliches Fehlverhalten) genau beobachten. Möglicherweise werden dann zukünftig "Verbandsstrafen in die Preisgestaltung einfließen. Auch weitere Maßnahmen sind denkbar", drohen die Verantwortlichen bei Hannover 96.

Was wird passieren? Werden die Fans klein beigeben und sich in Sachen "Pyro" so verhalten, wie es der DFB mit seinen harten Strafen einfordert? Oder werden sich die Fronten weiter verhärten? Wird der Einsatz von Pyrotechnik durch solche Drohgebärden wohlmöglich noch interessanter? Aus der Sicht mancher Fans vielleicht sogar notwendig, um in diesem Muskelspiel weiterhin gegenzuhalten und mitzuspielen?

Der DFB-Kurs ist zu simpel gedacht und führt deshalb zu keinem akzeptablen Ergebnis in der Sache. Es ist längst überfällig, endlich mal die Luft aus dieser überhitzten Pyrodebatte heraus zu lassen.

Letztlich geht es hier nämlich zuallererst um ein Machtspiel zwischen DFB und den Fans. Der Umgang mit Pyrotechnik ist ein eindrückliches Symbol für diese Art der Muskelspiele, denn der Rauch von Pyro ist genauso sicht- und spürbar wie die Wirkung der darauffolgenden DFB-Geldstrafen. Für den stimmungsvollen Fußball der Zukunft brauchen wir eine andere Lösung des Konflikts.

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