Nachdem es beim Spiel des 1. FC Köln gegen Nizza in der Conference League zu Gewaltszenen gekommen war, eskalierte die Situation beim Spiel der Frankfurter Eintracht gegen Olympique Marseille am Mittwoch erneut. Trotz der von der französischen Polizei ausgesprochenen strengen Auflagen und Aufenthaltsverbote gegenüber den Frankfurter Fans.
Die Gewaltszenen waren beängstigend. Die Busse der Frankfurter Fans wurden mit Steinen beworfen, im Stadion beschossen sich die rivalisierenden Gruppen mit Pyrotechnik, ein Frankfurter Fan musste schwerverletzt ins Krankenhaus eingeliefert werden.
Angesichts derartiger Vorfälle fragen wir uns, ob sich das neu aufkommende Gewaltproblem tatsächlich auf internationale Spiele in den europäischen Klubwettbewerben beschränken wird. Handelt es sich tatsächlich um ein Problem des französischen Fußballs? Immerhin hat die erste Liga in Frankreich seit geraumer Zeit ein massives Problem mit der Fangewalt einzelner Gruppen.
Wie kann es gelingen, die Spiele in den Stadien Frankreichs sicherer zu machen? Was können wir von den Ländern lernen, die das Gewaltproblem im Fußball sehr gut in den Griff bekommen haben? Wie steht es dabei um die Bundesliga? Erwarten wir auch dort eine neue Welle der Gewalt?
Am Samstag (15.30 Uhr) steigt das brisante Revierderby zwischen Dortmund und Schalke. Wird es da friedlich zugehen? Oder gibt es tatsächlich Anzeichen dafür, das sich ein neues Gewaltproblem entwickeln wird?
Die Stimmung in der Bundesliga ist in den meisten Stadien gut und Fans haben beispielsweise zum Ende der letzten Saison eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass sie mit extremen sportlichen Spannungssituationen umgehen können.
Selbst als die Emotionen hochkochten – als es um Aufstieg, Abstieg und die Qualifikation für die internationalen Wettbewerbe ging – blieb die Lage weitestgehend friedlich. Bislang können wir mit Blick auf die Fankultur in der Bundesliga daher vergleichsweise entspannt in die Zukunft schauen.
Die Fans der Frankfurter Eintracht haben zudem auf internationaler Ebene eine ebenso beeindruckende wie vorbildliche Rolle gespielt. Die Anhänger der Eintracht waren meist in großer Anzahl bei den Auswärtsspielen ihres Teams und haben maßgeblich dazu beigetragen, dass bei ihren Spielern das viel beschriebene Gefühl des zwölften Mannes aufkam.
Sie waren lautstark, originell, gut organisiert. Genauso stellen wir uns engagierten und gelingenden Support vor, der den Idealen des Fußballs gerecht wird.
Wenn in der Uefa-Chefetage nun nach Konsequenzen zu den Gewaltvorfällen in den besagten Spielen gesucht wird, erwarten wir – wie üblich – Kollektivstrafen: Geisterspiele oder ein Teilausschluss oder eine Beschränkung der Ticketkontingente für Gästefans. Mit solchen Maßnahmen würde die Uefa zweifellos Macht demonstrieren.
Aber das Problem der aktuell sichtbar gewordenen Fangewalt würde dadurch keinesfalls gelöst werden. Im Gegenteil: Da kollektive Bestrafung zuallererst diejenigen trifft, die sich gar nicht schuldig gemacht haben, resultiert aus solchen Machtdemonstrationen nichts anderes als Frust und Enttäuschung.
Ich meine, die Sicherheitsexperten der Uefa sollten ganz eng mit den Fans zusammenarbeiten. Das Beispiel der Kölner Fans, die die Randalierer aus ihren Reihen ausgrenzten und den Sprechchor anstimmten "Wir sind Kölner! Und Ihr nicht!", ist für mich nach wie vor beeindruckend.
Es lohnt sich für Polizei und Sicherheitsexperten, sich mit so einer kritischen und wertebasierten Fanszene ganz eng zu verbünden, um aufkommende Gewaltprobleme gleich im Keim zu ersticken. Hierfür braucht es jedoch eine Kommunikation, die auf Augenhöhe stattfindet. Kollektive Strafmaßnahmen wirken deshalb kontraproduktiv und verstärken das Gegeneinander.