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Fußball-Kolumne

WM 2030: Ein Kuddelmuddel-Turnier auf drei Erdteilen und in sechs Ländern!

04.10.2023, Paraguay, Luque: Robert Harrison (l-r), Paraguays Fußballverbandspräsident, Ignacio Alonso, FIFA-Delegierter, Alejandro Dominguez, Conmebol-Präsident und Conmebol-Vizepräsident Claudio Tap ...
Auf einer Pressekonferenz gab die Fifa am Mittwoch bekannt, dass einige Spiele der WM 2030 in Uruguay, Argentinien und Paraguay stattfinden werden.Bild: AP / Jorge Saenz
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WM 2030: Ein Kuddelmuddel-Turnier auf drei Erdteilen und in sechs Ländern!

In seiner wöchentlichen Kolumne schreibt der Fanforscher Harald Lange exklusiv auf watson über die Dinge, die Fußball-Deutschland aktuell bewegen.
05.10.2023, 13:3105.10.2023, 13:36
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Die Fifa hat am Mittwoch Fakten geschaffen und die Ausrichter der WM 2030 benannt. Eigentlich stand diese Entscheidung erst für das kommende Jahr auf der Agenda. Doch nun ist es raus: Die WM wird in sechs Ländern und auf drei Kontinenten stattfinden. Ein interkontinentales Kuddelmuddel mit vielen Flugmeilen, unterschiedlichen Zeitzonen und verschieden großen Stücken vom begehrten WM-Kuchen!

Die drei größten Stücke gehen nach Spanien, Portugal und Marokko, denn die hatten sich in den zurückliegenden Monaten zu einer gemeinsamen Bewerbung durchgerungen und dürfen nun Gastgeber fast aller Spiele sein. Marokko hätte es auch gern allein gemacht und rein sportlich gesehen wäre es für die junge und neu ins internationale Blickfeld geratene Fußballnation sicherlich auch gerechtfertigt gewesen.

Fanforscher Harald Lange.
Fanforscher und watson-Kolumnist Harald Lange.Bild: Uni Würzburg
Über den Autor
Harald Lange ist seit 2009 Professor für Sportwissenschaft an der Universität Würzburg. Er leitet den Projektzusammenhang "Fan- und Fußballforschung" und gilt als einer der bekanntesten Sportforscher in Deutschland. Der 55-Jährige schreibt und spricht täglich über Fußball, auch in seinem Seminar "Welchen Fußball wollen wir?"

Aber im Alleingang hat derzeit kein Land eine Chance, so ein Turnier zu bekommen. Die Bewerber brauchen Stimmen aus allen Kontinentalverbänden und müssen von den 211 Fußballnationen so viele wie möglich hinter sich vereinen.

Fifa WM: Eine sportdiplomatische Herausforderung

Folglich wird die Vergabe dieses überaus lukrativen Turniers zu einer anspruchsvollen strategischen und sportdiplomatischen Herausforderung. "Eine Hand wäscht die andere" und am Ende des Wahltags muss jeder nationale Fußballchef mit einem Erfolg oder wenigstens mit der Aussicht auf einen zukünftigen Erfolg nach Hause gehen können.

In diesem Sinne wurden die Mitbewerber aus Südamerika mit einem skurrilen Kompromiss abgespeist: Uruguay, Argentinien und Paraguay dürfen 2030 zur Eröffnung jeweils ein Spiel zu Hause austragen, bevor der WM-Tross dann nach Europa und Nordafrika weiterzieht.

Welch ein Unfug. Das Turnier wird immer weiter zerstückelt und in seinen Traditionen beliebig geöffnet und vermarktet. Auf der symbolischen Ebene scheint es so zu sein, dass fast jeder irgendetwas bekommt. Ein weltweiter Handel ohne Beteiligung der Spieler.

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Denn welcher Fußballer findet es klasse, das Eröffnungsspiel in Uruguay zu spielen, um am nächsten Tag im Transatlantikflug nach Spanien, Marokko oder Portugal zu jetten? Schließlich finden dort die weiteren Gruppenspiele statt. Der Gigantismus startet auch organisatorisch in eine neue Zeit. Es bleibt zu hoffen, dass es dem Fußball angesichts der anstehenden Inflation gelingen wird, seinen identitätsstiftenden Kern bewahren zu können.

Die Fifa möchte noch mehr Kommerz und Aufmerksamkeit

Bis zur Eröffnung im Sommer 2030 in Montevideo sind es noch 7 lange Jahre. Ich bin mir sicher, dass wir demnächst weitere spannende Details aus dem großen Deal erfahren werden. Die Richtung der Fifa-Politik ist seit langem bekannt. Man sehnt sich in der Züricher Zentrale nach noch mehr Kommerz und Aufmerksamkeit: ein Zweijahresrhythmus für die WM, die Aufstockung der teilnehmenden Nationen, die Ausdehnung der Klub-WM und vieles mehr!

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Gianni Infantino ist seit 2016 Präsident der Fifa.Bild: Xinhua / Ding Ting

Im Gegenzug wird der naiven Mitwelt versprochen, dass der weltweite Fußball unser aller Leben sicherer, schöner und wertvoller machen wird. In den Worten des Fifa-Präsidenten Gianni Infantino klingt das so: "In einer geteilten Welt sind die Fifa und der Fußball vereint. (…) Zwei Kontinente – Afrika und Europa – vereint nicht nur durch ein Fest des Fußballs, sondern auch durch einen einzigartigen sozialen und kulturellen Zusammenhalt. Das ist eine großartige Botschaft für Frieden, Toleranz und Integration."

Die Inflation der WM-Ausrichter wird ein Ende haben

Mich überzeugen diese abgedroschenen Sätze ebenso wenig wie Feste und Feiern, die an mehreren Orten gleichzeitig stattfinden. Großartig werden allein die in Dollar und Euro zählbaren Gewinne dieser WM werden. Darauf richtet sich gegenwärtig das Hauptaugenmerk der mächtigen Fußballbosse.

Nach der skandalösen Vergabe des Turniers an Russland (2018) und Katar (2022) mussten die Compliance-Richtlinien schärfer gezogen werden, sodass vorerst kein Land in der Lage ist, das Turnier mit Geld allein an sich zu reißen. Nur aus diesem Grund beobachten wir gegenwärtig diese Tendenz zur kooperativen Ausrichtung des Turniers.

Meine Prognose ist in dieser Sache jedoch klar: Mit der Inflation der Ausrichter wird bereits bei der nächsten WM Vergabe für 2034 und 2038 Schluss sein. Das einzige Land, das in den kommenden Jahren eine Chance auf die exklusive Ausrichtung der Fußball-WM haben wird, ist Saudi-Arabien. Die Investitionen in dieses Projekt laufen bereits auf Hochtouren und verändern den internationalen Fußball schon jetzt.

Deshalb halte ich eine weitere Entscheidung des Fifa-Kongresses von gestern für die allerwichtigste: Zum Kompromiss für die WM Vergabe 2030 in sechs Länder gehörte auch der Beschluss, dass die WM 2034 definitiv in Asien oder Ozeanien stattfinden wird. Herzlichen Glückwunsch ins Königreich nach Riad!

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