
Bild: www.imago-images.de / Herbert Bucco
Fußball
30.11.2020, 14:5630.11.2020, 14:56
Zum Start in die Woche der endgültigen
Entscheidung über seine Zukunft als Bundestrainer tauchte Joachim Löw
plötzlich in Frankfurt auf. Nach tagelangem Schweigen im Schwarzwald
traf sich der 60-Jährige einem "Bild"-Bericht zufolge überraschend
bereits am Montag in der Zentrale des Deutschen Fußball-Bundes (DFB)
mit einigen wenigen, aber zentralen Entscheidern des Verbandes. Zwei
Wochen nach dem verstörenden 0:6-Debakel gegen Spanien in Sevilla
soll es allerspätestens bei der DFB-Präsidiumssitzung am Freitag dann
zum Votum Richtung EM 2021 kommen: Pro oder contra Löw?
Der DFB bestätigte den Gipfel von Löw mit der Verbandspitze um
Präsident Fritz Keller und den für die Nationalteams verantwortlichen
DFB-Direktor Oliver Bierhoff zunächst nicht. Der DFB hatte dem ewigen
Bundes-Jogi wie nach dem historischen Vorrunden-Aus bei der WM 2018
die "zeitliche und emotionale Distanz" gewährt, die sportliche
Situation in Ruhe aufzuarbeiten – gerade auch persönlich.
Ablösung unwahrscheinlich
Dass Löw nach der angeordneten inneren Einkehr ein halbes Jahr
vor der Europameisterschaft mit den Heimspielen in der Gruppenphase
gegen Weltmeister Frankreich, Titelverteidiger Portugal und Ungarn in
München hinwirft, hielten Personen aus dem direkten Dunstkreis der
DFB-Auswahl, aber auch gut informierte Personen im Umfeld der
Verbands-Funktionäre vor dem Treffen für unwahrscheinlich.
Löw verabschiedete sich aus Sevilla zwar mit der Aussage, dass es
jetzt darum gehe, "die richtigen Schlüsse" aus dem "rabenschwarzen
Abend" zu ziehen. Er äußerte aber keine Zweifel an sich selbst und
seinem Kurs, der ganz auf den EM-Sommer ausgerichtet ist. Im Verband
werden zudem der ungünstige Zeitpunkt, die schwierige Corona-Lage und
auch eine sofort fehlende Nachfolgelösung gesehen.
Das Vorabtreffen könnte den Entscheidungsprozess beschleunigen.
Bierhoff (52) hatte seinem Weggefährten Löw noch in Sevilla
Rückendeckung gegeben: "Das Vertrauen ist da, daran ändert auch
dieses Spiel nichts." Auch der sprunghafte und bisweilen emotional
handelnde Keller (63) sprach sich anfänglich ganz schnell dafür aus,
den "steinigen" Weg mit einem jungen Umbruchteam fortzuführen.
Übergangslösung wäre kompliziert
Der am Spitzengespräch beteiligte DFB-Vizepräsident Peter Peters
gilt nicht erst seit dem WM-Triumph 2014 in Brasilien als
Löw-Befürworter. Der Multi-Funktionär und frühere Schalker
Finanzvorstand ist zudem ein Vertreter des Profilagers. Aus der
Bundesliga aber waren keine Rufe zu vernehmen, ein halbes Jahr vor
der EM den Nationaltrainer auszuwechseln. Nicht nur beim FC Bayern
oder bei RB Leipzig haben sie es sehr geschätzt, dass Löw im eng
getakteten Corona-Spielplan ihre Topkräfte – auch zum eigenen
Nachteil – in mehreren Herbst-Länderspielen pausieren ließ.
Löw raus? Die Frage nach einer Übergangslösung bis zur EM wäre
auch kompliziert. Der Name von U21-Auswahlcoach Stefan Kuntz war da
mal zu hören. In der turnusmäßigen DFB-Präsidiumssitzung am Freitag
(10.00 Uhr) ist die Nationalelf einer von zahlreichen
Tagesordnungspunkten. Es geht dann auch um den Rahmenterminplan für
die Saison 2021/22. Bierhoff soll den Funktionären nicht nur das
Spanien-Desaster erklären, sondern die Gesamtentwicklung der
Nationalmannschaft.
Löw sah diese – wohlgemerkt am Tag vor dem Spanien-Spiel –positiv. "Wenn jeder gesund ist, ist unsere Mannschaft, auch wenn sie
jung und unerfahren ist, absolut gefährlich", sagte er in Sevilla.
Das Spiel gegen Spanien bewertet(e) er als einen punktuellen
Systemabsturz.
Intern glauben viele an Löw
Unabhängig von einem gültigen DFB-Vertrag bis nach der WM 2022 in
Katar will Löw sicherlich nicht mit einer 0:6-Niederlage abtreten.
Ein stressiger Job als Vereinstrainer reizt ihn nicht mehr. Mit 60
fühlt er sich zugleich zu jung für den Ruhestand. Bei den Fans sind
die Beliebtheitswerte des für sie unnahbar und irgendwie auch fremd
gebliebenen Bundestrainers rapide gesunken. Aber intern glauben immer
noch etliche, dass er sich noch einmal straffen kann und einen klaren
EM-Plan verfolgt. DFB-Boss Keller hat mit der Zielvorgabe Halbfinale
das Richtmaß für Löws viertes EM-Turnier eh sehr hoch angesetzt.
"Es ist immer von einem Turnier abhängig, wie es weitergeht",
sagte Löw auch noch am Tag vor seiner mit Abstand höchsten Niederlage
in 189 Länderspielen als Bundestrainer. Wie er die Turnierchance 2021
nutzen will, davon muss er aber schon sechs Monate vor dem EM-Auftakt
gegen die starken Franzosen DFB-Chef Keller und Kollegen
überzeugen.
(om/dpa)
Friedhelm Funkel soll den 1. FC Köln zwei Spiele vor Schluss doch noch zum Aufstieg führen. Aber reicht Erfahrung allein oder kommt die Rettung zu spät? Felix Kroos glaubt es zu wissen.
Vor etwa 300 Fans hat Friedhelm Funkel am Dienstagvormittag seine erste Trainingseinheit beim 1. FC Köln geleitet. Funkel, der in seiner langjährigen Karriere nun zum dritten Mal in offizieller Funktion über das Gelände am Geißbockheim schlendert, soll jetzt tun, was niemand besser kann als er: einen Zweitligisten ins deutsche Oberhaus führen.