Mit Trillerpfeife im Mund jagen Schiedsrichter:innen dem Spielgeschehen hinterher. Sie pfeifen, wenn ein Tor fällt, wenn ein:e Spieler:in ein Foul begeht, oder wenn eine Ecke ausgeführt wird. Und manchmal zeichnen sie mit beiden Zeigefingern ein großes Viereck in die Luft.
Was für viele Fußballlaien seltsam aussehen mag, ist eine im Regelwerk festgelegte Geste, die für den Videobeweis steht. Seit der Saison 2017/18 setzt der DFB den Videobeweis in der Bundesliga ein. Zwei Jahre später wurde die spielverändernde Technologie auch in der 2. Bundesliga eingeführt.
Aber aus welchem Grund wurde der Videobeweis ins Leben gerufen?
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Das menschliche Auge ist anfällig für Fehler. Oder um es mit den Worten von Tim Bendzko zu sagen: Schiedsrichter:innen sind doch keine Maschinen. Darum setzt der Fußballverband auf Kameras, die das Spielgeschehen bewachen.
Demnach bekommen Schiedsrichter:innen die Möglichkeit, strittige Spielsituationen, die sich oft in einem Bruchteil einer Sekunde abspielen, erneut anzuschauen. Auf einem Monitor am Spielfeldrand können die Unparteiischen die Szene begutachten – in Zeitlupe und aus unterschiedlichen Kameraperspektiven.
Zusätzliche Unterstützung bekommen Schiedsrichter:innen von einer Stimme im Ohr. Über ein Headset sind die Regelhüter:innen mit einem Kontrollraum verbunden – dem sogenannten Kölner Keller.
Dort sitzt der Video Assistant Referee, kurzum VAR. Der VAR besteht aus einem mehrköpfigen Team, welches eingreift, wenn eine offensichtliche Fehlentscheidung vorliegt oder eine Regelwidrigkeit übersehen wurde.
In der Theorie hat der VAR durchaus seine Berechtigung, aber wie lässt sich mit dem technischen Hilfsmittel in der Praxis arbeiten?
Mehr als die Hälfte der deutschen Fußballfans wollen den VAR abschaffen. Das ergab eine repräsentative Umfrage der Voting-Plattform FanQ aus dem Jahr 2023. Nur 29,7 Prozent von 1400 Befragten wollen das technische Hilfsmittel beibehalten.
Aber was spricht gegen den VAR, obwohl er den Fußball gerechter machen soll?
"Der geringe Gewinn an mehr Gerechtigkeit steht in keinem Verhältnis zum Verlust an Emotionen", sagte Sig Zelt, Sprecher von "ProFans", einem bundesweiten Bündnis aktiver Fan- und Ultragruppen in Deutschland, der Deutschen Presse-Agentur.
Häufig schreitet der VAR ins Spielgeschehen ein, wenn ein Tor fällt – ein Moment ausgelassener Freude. Laut Zelt gehen die Emotionen durch die teils langen Eingriffe des VAR verloren. Das belegen auch die Zahlen, die der DFB zuletzt erhoben hat.
Vergingen in den ersten beiden Saisons noch durchschnittlich 57 Sekunden bis zur Entscheidung, waren es 2021/22 74 Sekunden. Bislang gibt es keine Vorschrift, wie lange eine Überprüfung dauern darf.
Der Einsatz des VAR ist umstritten – und wird es nach wie vor auch bleiben.