Die U17 des DFB hat gerade sensationell den WM Titel geholt und damit das bewiesen, was Experten und Fans seit Jahren im deutschen Fußball vermisst hatten: Teamgeist, überragende Außenverteidiger, einen beeindruckenden Kader und ein Trainerteam um Christian Wück, das alles richtig gemacht hat.
Der sympathische Coach setzt die Erfolgsgeschichte des deutschen Nachwuchsfußballs eindrucksvoll fort. Was Horst Hrubesch und Stefan Kunz 2009, 2017 und 2019 mit den EM-Titeln der U21 gelang, ist inmitten der vermeintlich größten sportlichen Krise des DFB für die 17-jährigen deutschen Fußballer Realität geworden. Wir sind die besten in der ganzen weiten Welt! Herzlichen Glückwunsch! Macht was daraus!
In den K.o.-Spielen waren die Gegner aus Spanien, Argentinien und Frankreich mindestens ebenbürtig, nach Meinung der meisten Experten sogar besser als das deutsche Team. Dennoch ist es gelungen, jedes Mal als Sieger vom Platz zu gehen.
Die 17-jährigen Jungs haben offensichtlich das, was wir unter "Deutschen Tugenden" verstehen. Spieler, die sich einerseits in den Dienst der Mannschaft stellen und gleichzeitig für sich eine Rolle einnehmen können, in der sie ihre persönlichen Stärken vollends ausspielen.
Individuell, kampfstark, spielerisch brillant und als Team so flexibel, dass die Trainer im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Vollen schöpfen können. Die Mannschaft konnte deshalb – je nach Gegner und Situation – immer wieder als starkes Kollektiv neu zusammengestellt und auf das Feld geschickt werden.
Bilal Yalcinkaya vom HSV wurde einen Tag vor dem ersten Spiel nachnominiert und konnte sich im letzten Gruppenspiel gegen die USA als Matchwinner feiern lassen, als er in der 87. Minute den Siegtreffer zum 3:2 erzielte und damit der DFB-Elf den Weg ins Viertelfinale ebnete.
Aber auch Torhüter Konstantin Heide steht als eindrucksvolles Beispiel für diesen grandiosen Teamerfolg. Der 1,89 Meter große Keeper aus Unterhaching war aufgrund einer Erkrankung des Stammtorwarts in die Verantwortung gekommen.
Er entschied mit seinen grandiosen Paraden in seinem zweiten und dritten Länderspiel sowohl das Halbfinale gegen Argentinien, als auch das Finale gegen Frankreich für das Deutsche Team.
Inzwischen sprechen auch die Offiziellen des DFB von einer goldenen Generation. Der Nachwuchs des DFB hatte bereits vor einem halben Jahr den Titel bei der Europameisterschaft gewonnen und ist inzwischen ganz oben angekommen im Weltfußball. Der Blick in die Zukunft der Nationalmannschaft sah noch nie besser aus als in diesen Tagen.
Ich möchte deshalb vorschlagen, dass unsere A-Nationalmannschaft möglichst bald ein gemeinsames Trainingslager mit den Jungs und dem erfolgreichen Trainerteam durchführt. Das ist die Basis des Fußballs. Schaut euch an, wie man Spiele und Turniere gewinnt und als leidenschaftliche Mannschaft auch bei den Fans punkten kann!
Der einzige Haken an diesem sensationellen Titelgewinn liegt auf Seiten der vielen Experten und Verantwortlichen, die seit dem Vorrunden-Aus der DFB-Elf in Katar nicht müde wurden, dem Deutschen Fußball ein Nachwuchsproblem zu bescheinigen. Die eilig beschlossenen Reformen im Kinder- und Jugendfußball waren jedenfalls für unsere U-17 Weltmeister nicht nötig.
Keiner von denen hat als Kind jemals Funino gespielt und alle, die in den NLZ-Teams zu Leistungssportlern gereift sind, mussten im klassischen Ligabetrieb um den Titel und auch gegen den Abstieg spielen und kämpfen. Für den WM-Triumph haben wir die jüngsten Reformen im Deutschen Nachwuchsfußball jedenfalls nicht gebraucht.
Was nun liebe Nachwuchsexperten? An Talenten mangelt es in Deutschland ganz sicher nicht.
Im Gegenteil: Wir haben sogar mehr Talente als der Deutsche Fußball betreuen kann. Es grenzt an Realsatire, dass ausgerechnet der fünffache Torschütze Paris Brunner, der bei der WM in Indonesien zum besten Spieler des Turniers ausgezeichnet wurde, vor wenigen Monaten bei seinem Heimatklub Borussia Dortmund sang- und klanglos suspendiert wurde. Bis heute schweigt der BVB zu den Gründen.
Unmittelbar vor der WM stand er quasi ohne Bundesligaperspektive da. Weltklasse im Nachwuchs und Management in der Bundesliga scheinen zwei verschiedene Paar Schuhe zu sein.
Wer ist in der Lage anzupacken, und den Deutschen Fußball an der Spitze fit für die Zukunft zu machen? Infrastruktur, Geld, Fans, Begeisterung und vor allem Talente sind da. Die Jungs der U17 und ihre Trainer haben dem Deutschen Fußball mit ihrem Titelgewinn einen Spiegel vor die Nase gehalten.
Der so heftig gescholtene Nachwuchs des DFB hat Wege gefunden, Spanien, Argentinien und sogar Frankreich zu schlagen.
Der Deutsche Fußball hat also im weltweiten Vergleich die besten Voraussetzungen für den Erfolg seiner A-Nationalmannschaft. Der Fehler liegt woanders. Es wird allerhöchste Zeit, dass sich das System des Deutschen Fußballs endlich selbstkritisch hinterfragt, bevor auch diese Talente im Lichte des ganz großen Geldes von Spielerberatern, Bundesligaklubs und anderen Begleitern kopflos verheizt werden.