Die Olympischen Spiele gelten – neben der Fußball-Weltmeisterschaft – als wichtigste Sportveranstaltung der Welt. Zumindest aus Sicht der Fans und Zuschauer, denn nirgends sonst sind die Einschaltquoten seit Jahrzehnten weltweit verlässlich so hoch wie bei diesen beiden Mega-Events.
Bis 1992 galt bei Olympia eine bemerkenswerte Regel: der Amateurstatus. Entsprechend der Grundüberzeugung des Begründers der Olympischen Spiele der Neuzeit, dem französischen Baron Pierre de Coubertin, stand das Prinzip des Fair Play ganz hoch im Kurs des olympischen Ethos.
Coubertin vertrat die Auffassung, dass sich Profisportler aufgrund der finanziellen Absicherung einen Vorteil gegenüber den Amateursportlern verschafften und schloss sie deshalb kategorisch von der Olympiateilnahme aus.
Mit dem Gewinn der Goldmedaille im Männer-Basketball durch das sogenannte "Dream Team" aus den USA ging diese romantisch verklärte Ära des Amateursports bei den Spielen in Barcelona (1992) zu Ende. Damals gewannen hoch bezahlte Profis aus der NBA dieses Turnier.
Heutzutage erinnert sich kaum jemand an diesen Amateurstatus und zuweilen scheint es auch so, dass die olympischen Werte mehr und mehr in den Hintergrund gedrängt werden. Der olympische Sport wird vom Kommerz bestimmt und sollte deshalb ausgezeichnet zum Männerfußball passen. Doch ausgerechnet dort existiert immer noch eine Regel, die es den Topspielern dieser Welt schwer macht, teilzunehmen.
Pro Team dürfen nur drei Spieler nominiert werden, die älter als 23 Jahre sind. Auch die Qualifikation für Olympia wird nicht über die A-Nationalmannschaften, sondern bei der U21-Europameisterschaft ausgespielt.
Im vergangenen Jahr sicherten sich die Teams aus der Ukraine, Spanien und Israel die europäischen Tickets für Olympia. Die deutsche U21-Elf schied bereits in der Gruppenphase aus, weshalb der DFB kein Männerteam nach Paris entsenden darf.
Das Bedauern darüber hält sich in Grenzen, denn nach der soeben zu Ende gegangenen Fußball-Europameisterschaft wäre ohnehin kein konkurrenzfähiges deutsches Männerteam zustande gekommen. Im Unterschied zu anderen Ländern scheinen die olympischen Medaillen für den DFB vergleichsweise wertlos.
Bei den letzten Sommerspielen in Tokio telefonierte der damalige DFB-Olympia-Coach Stefan Kuntz wochenlang die Manager der ersten vier Ligen Deutschlands ab, um überhaupt ein Team zusammenzubekommen. Er hat damals eine Truppe zusammengewürfelt, mit der Deutschland gleich in der Gruppenphase gegen Brasilien, die Elfenbeinküste und Saudi-Arabien ausgeschieden ist.
Neben dieser sportlichen Blamage bestand die eigentliche Peinlichkeit damals darin, dass das olympische Turnier im deutschen Fußball im Grunde keine Unterstützung finden konnte. Damals reiste man nicht nur mit einem schwachen, sondern auch mit einem unterbesetzten Team nach Tokio. Vier Kaderplätze blieben frei!
Ganz anders schaut es im Frauenfußball aus. Dort steht Olympia gleichwertig neben den Welt- und Europameisterschaften und die nationalen Fußballverbände dürfen ihre A-Nationalmannschaften entsenden. Für das Deutsche Team um den Trainer Horst Hrubesch könnte dieses Turnier zum Rettungsanker werden.
2016 gewannen die DFB-Frauen das olympische Turnier in Rio de Janeiro. Sie holten mit dieser Goldmedaille vor acht Jahren den letzten großen Titel für Deutschland. Nach dem kläglichen Vorrundenaus bei der letzten WM in Australien und Neuseeland sowie dem Neustart unter Trainer Horst Hrubesch gelang die begehrte Olympia-Qualifikation und die Chancen auf den Titel stehen gar nicht schlecht.
Ein olympischer Titel würde dem Deutschen Fußball besonders gut zu Gesicht stehen. Auch wenn es bei Olympia letztlich um den gleichen Kommerz wie bei der Fußball-WM oder -EM geht, so haftet den Olympischen Spielen nach wie vor eine wertebasierte Atmosphäre an.
Ein Image aus Respekt, Fairplay, Frieden, Solidarität, Völkerverständigung und vielen weiteren Werten, die unserem Fußball und der Gesellschaft aktuell einfach guttun würden. Auch deshalb freue ich mich auf die Spiele und halte ganz fest die Daumen!