Die vielen Problemlagen des Profifußballs setzen eine Grundfrage des modernen Sports in ein neues Licht: Wie gerecht geht es im Fußball zu? Angesichts der überzogenen Kommerzialisierung, der gigantischen Spielergehälter und Ablösesummen, aber auch der Unfähigkeit nationaler und internationaler Fußballverbände sich in der Menschenrechtefrage unmissverständlich zu positionieren, wird das Thema "Gerechtigkeit" zum Gradmesser für den vermeintlich guten Fußball.
Wir haben an der Universität Würzburg deshalb gemeinsam mit Kollegen der FH Dortmund und dem Meinungsforschungsinstitut FanQ eine repräsentative Studie veröffentlicht, in der wir aus der Perspektive der Fans nachzeichnen können, ob und wie gerecht sie den Fußball finden.
Lediglich 4,9 % der befragten Fans sind der Auffassung, dass es im Profifußball gerecht zugehen würde. Demgegenüber vertreten 73,9 % der Untersuchungsteilnehmer die gegenteilige Meinung. Diese Zahlen haben es in sich, denn sie rütteln an einem Grundpfeiler des modernen Sports.
All das, was wir an Ligaspielen und Wettkämpfen so schätzen, wird wertlos, wenn der Erfolg als ungerecht wahrgenommen wird. Ohne Chancengleichheit und Fairplay würden dem Fußball ethische Grundpfeiler fehlen, die das Produkt nach und nach uninteressanter machen.
Im Vergleich zu Dramen im Theater, Kino und anderen Unterhaltungsformaten zeichnet sich der sportliche Wettkampf dadurch aus, dass das Ergebnis offen ist. Der Trainer der Weltmeistermannschaft von 1954, Sepp Herberger, hatte hierfür die treffende Formulierung gefunden:
Mit der zunehmenden Kommerzialisierung wird der Fußball hinsichtlich der Spielergebnisse allerdings immer berechenbarer. Die aktuelle Tabelle der Bundesliga (1. Union Berlin, 2. SC Freiburg, 3. Bayern München) zeigt zwar überaus eindrücklich, dass es immer noch viele Möglichkeiten gibt, der Marktmacht großer Klubs und der Übermacht des Geldes zu trotzen, aber die Fußballweisheit "Geld schießt Tore" gewinnt seit Jahren immer mehr Prägnanz.
Unsere aktuelle Studie erlaubt auch hierzu tiefergehende Einblicke: Wir konnten herausfinden, welchen Einfluss kommerzielle Rahmenbedingungen auf den sportlichen Erfolg nehmen. Aus der Sicht von Fans spielen vier Faktoren eine unsägliche Rolle: die Marktmacht der großen Clubs (62,5 %), die Verteilung der TV Gelder (60,5 %), das Geld von Investoren (59,5 %) und die Champions-League Einnahmen (47,1 %).
Trotz des vielen Geldes mancher Vereine garantieren fußballbezogene Faktoren wie der Zufall, mannschaftliche Geschlossenheit, trainingsmethodische Innovationen oder gute Nachwuchsförderung dafür, dass auch Klubs, die weniger Geld zur Verfügung haben als die Konkurrenz, Erfolg haben können. Genau deshalb freuen sich viele Fans auch über die aktuelle Tabellensituation in der Bundesliga.
Trotzdem sind 61,4 % der deutschen Fußballfans der Auffassung, dass die Klubs sportlichen Erfolg haben werden, die auch gut wirtschaften. Ich meine, dass das Unternehmertum allein nicht ausreichen wird, um wirklich guten Fußball zu entwickeln.
Auch wenn die Macht des Gelds derzeit den Takt für die Entwicklung des Fußballs vorgibt, so dürfen wir die sportliche Dimension (Teamgeist, innovative Trainingsmethodik, Talententwicklung) keinesfalls vernachlässigen. Diese Faktoren machen auch aus dem Fußball und den Ligaspielen etwas ganz Besonderes und setzen den entscheidenden Unterschied zu anderen Unterhaltungsformaten.