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Fußball-Kolumne

Nick Woltemade: Bayern, Stuttgart und Spieler drohen alle zu verlieren

ARCHIV - 11.05.2025, Baden-Württemberg, Stuttgart: Fußball: Bundesliga, VfB Stuttgart - FC Augsburg, 33. Spieltag, MHPArena. Stuttgarts Nick Woltemade in Aktion. (zu dpa: «Keine Fragen an Woltemade zu ...
Nick Woltemade hatte vergangene Saison seinen großen Durchbruch bei Stuttgart.Bild: dpa / Tom Weller
Fußball-Kolumne

Nick Woltemade: Mehr als 65 Millionen und ein ramponiertes Image

In seiner Kolumne schreibt der Fanforscher Harald Lange exklusiv auf watson über die Dinge, die Fußball-Deutschland aktuell bewegen.
14.08.2025, 18:4714.08.2025, 18:47
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Der sportliche Wert des deutschen Supercups rangiert weit hinter dessen Unterhaltungspotenzial! Wenn am Samstagabend der VfB Stuttgart vor Heimpublikum auf den FC Bayern trifft, dann steht der Sieger in der Kategorie "beste Unterhaltung" bereits fest: Die Geschichte um den Vereinswechsel des talentierten Nationalstürmers Nick Woltemade stellt alle anderen Themen rundum dieses Spiel locker in den Schatten. Bitter schade für den Fußball.

Der Raum, in dem sich die Verhandlungen bewegen, ist für den VfB Stuttgart erfreulich groß. Die Rede ist von weit mehr als 65 Millionen Euro Ablösesumme. Möglicherweise müssen die Bayern sogar nochmal 10 bis 20 Millionen drauflegen, denn die Zeit zur Finalisierung dieses Deals ist denkbar knapp.

Fanforscher Harald Lange.
Fan-Forscher Harald LangeBild: Uni Würzburg
Über den Autor

Harald Lange ist seit 2009 Professor für Sportwissenschaft an der Universität Würzburg. Er leitet den Projektzusammenhang "Fan- und Fußballforschung" und gilt als einer der bekanntesten Sportforscher in Deutschland. Lange schreibt und spricht täglich über Fußball, auch in seinem Seminar "Welchen Fußball wollen wir?"

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Das Zeitfenster schließt sich zum Anpfiff des Supercups, am Samstag um 20:30 Uhr. Dann gehört der junge Woltemade entweder noch zum VfB Stuttgart oder bereits zum FC Bayern. So lauten zumindest die Planungen von Stuttgart-Vorstand Alexander Wehrle. Wir dürfen gespannt sein, wie die Fans des VfB dieses "Hin und Her" bis zum letzten Moment quittieren werden.

Sprechchöre, Schmähungen und entsprechende Banner in den Kurven sind zu erwarten. Leidtragender wird der junge Nationalspieler sein, dessen Vorgehen in der Karriereplanung zu einer glasklaren Abseitsstellung geführt hat.

Nick Woltemade zu den Bayern? Alle drohen zu verlieren

Der 23-jährige Nick Woltemade hatte einst in Bremen zunächst das Handball- und schließlich auch das Fußballspielen gelernt und steht als frisch gebackener Nationalspieler eigentlich erst am Beginn einer womöglich hoffnungsvollen Fußballkarriere.

Je nachdem wie die kommenden Wochen und Monate laufen werden, könnte es aber auch der Anfang vom Ende des Weges in die internationale Spitze sein.

Der Poker um einen neuen Vertrag hat bislang nur Verlierer hervorgebracht. Der Spieler will raus aus seinem laufenden Vertrag und die Fans werden ihn dafür abstrafen. Die Stuttgarter verlieren einen Leistungsträger und die Bayern stehen wieder einmal als der Klub in der Öffentlichkeit, der alle anderen Vereine der Bundesliga als Farmteams begreift. Wenn der Deal doch noch über die Bühne geht.

Statt selbst auf höchstem Niveau auszubilden, holen sie sich die Talente einfach von der Konkurrenz. Im schlimmsten Fall verbleibt der Nachwuchsspieler beim VfB, verliert bis zum nächsten Transferfenster an Marktwert und leidet bis dahin an der Geringschätzung seitens der Fans.

FC Bayern bedroht Erfolg des deutschen Fußballs

Solche Komödien braucht die Bundesliga noch weniger als diesen Supercup, der aktuell die standesgemäße Bühne für diesen misslungenen Vereinswechsel bietet. Eingefleischte Fußballfans wünschen sich mehr Sport und würden deshalb liebend gern auf dieses Theater verzichten.

Deren Perspektive wurde von Ewald Lienen bereits vor sechs Wochen auf den Punkt gebracht. Das Verhalten des großen FC Bayern widert den erfahrenen Fußballlehrer regelrecht an.

Im Podcast "Der Sechzehner" sagte der ehemalige Profi, Trainer und Manager Folgendes: "Bayern München hat über Jahrzehnte hinweg einen Scheiß für den deutschen Fußball gemacht, wenn es um die Ausbildung von Spielern ging."

Die wichtige Basisarbeit hat man andere machen lassen. "Wenn die Leute so weit waren, dass sie dann richtig Kohle gekostet haben, dann haben sie sie geholt."

Kritische Stimmen wie diese werden nicht jedem gefallen. In diesen Tagen sehen wir aber wohin dieses "Mia san mia" führt. Es entfernt den Profifußball von der Idee und den Werten des Sports, zerstört Vertrauen und Glaubwürdigkeit und am Ende zahlen die Nachwuchstalente einen hohen Preis.

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