
Kingsley Coman (l.) und Thomas Müller (r.) bejubeln den Siegtreffer im CL-Finale 2020.Bild: imago images / ABACAPRESS
Meinung
Kingsley Coman wechselt voraussichtlich in die Wüste. Ein Deal, der wirtschaftlich in Ordnung geht, aber sportlich schwer verkraftbar wirkt. Hinzu kommt ein fader Beigeschmack: Der Abschied ist leise. Zu leise für einen Spieler, der einen der lautesten Momente der jüngeren Vereinsgeschichte geprägt hat.
14.08.2025, 17:1214.08.2025, 17:12
Lissabon, 23. August 2020 – 22.14 Uhr: Joshua Kimmich chippt den Ball aus dem Halbfeld von rechts in den Strafraum, Kingsley Coman lauert – und köpft den Ball eiskalt ins lange Eck. 1:0 für den FC Bayern. Es soll der einzige Treffer des Abends bleiben und den Münchnern im Champions-League-Finale gegen Paris Saint-Germain den Titel sichern.
Fast auf den Tag genau fünf Jahre nach seinem goldenen Tor von Lissabon steht der Held des Champions-League-Finals 2020 vor einem Wechsel nach Saudi-Arabien. Zehn Jahre lang trug Kingsley Coman das Trikot des FC Bayern. Ein Jahrzehnt, in dem er neun Meisterschaften, drei Pokalsiege und den Champions-League-Triumph gefeiert hat.
Obwohl ihn Verletzungen immer wieder zurückwarfen, konnte man sich auf Coman verlassen, wenn er mitspielte. Jetzt steht einer der größten Abgänge der letzten Jahre bevor – doch in München wirkt es nicht so. Warum fehlt das Gefühl, dass hier gerade ein Großer geht? Mangelt es an Dankbarkeit – oder liegt es an der Person Coman?
Kingsley Coman verlässt den FC Bayern als Sieggarant
Sportlich hat Kingsley Coman in seiner Zeit beim FC Bayern konstant auf höchstem Niveau abgeliefert. Das belegen auch seine Zahlen: In 339 Pflichtspielen sammelte der Franzose 72 Tore und 71 Assists. Nur vier ausländische Spieler trugen das Bayern-Trikot häufiger.
Besonders bemerkenswert: In allen Partien, in denen Coman traf, blieb der Rekordmeister ungeschlagen. 20 seiner Treffer waren sogar sogenannte "Game-Winning-Goals“ – Treffer, die entweder den entscheidenden Vorsprung brachten oder den Weg zum Sieg ebneten.
Und trotzdem: In der Liste der großen Vereinsikonen wird Coman wahrscheinlich nicht auftauchen. Dafür fehlte ihm abseits des Rasens die Strahlkraft. Der Franzose war nie der Lautsprecher, der sich vor Kameras stellte und das "Mia san mia" verkörperte.

Immer wieder hatte Coman mit Verletzungen zu kämpfen.Bild: imago images / maximilian koch
Kein Müller, der Mal einen frechen Spruch klopft. Kein Kimmich, der auf dem Feld explodiert. Er war der stille Profi: Spielte, lieferte und trat danach wieder in den Hintergrund.
Vielleicht war es genau diese Zurückhaltung, kombiniert mit seiner Verletzungsanfälligkeit, die dazu führte, dass Coman nie den Status anderer Bayern-Größen erreichte. 154 Spiele verpasste er in seiner Zeit beim Rekordmeister. Eine Bilanz, die ihn in Vergleichen schwächt. Eine Zahl, die in Diskussionen schwer wiegt, aber auch eine Frage aufwirft: Was wäre gewesen, wenn er fit geblieben wäre?
Denn trotz all der Pausen war er in den entscheidenden Momenten da – nicht nur im Champions-League-Finale gegen Paris – sondern beispielsweise auch im Pokalfinale gegen den Brausevermarkter aus Leipzig, als er mit dem 2:0 den Deckel draufmachte.
Bayerns fragwürdiger Plan auf dem Flügel
Die Ablöse soll wohl unter Comans Marktwert von rund 30 Millionen Euro liegen – offiziell bestätigt ist dies noch nicht. Klar ist aber: Der Transfer entschärft kein Problem, sondern verstärkt eins.
Ja, seine letzte Saison war vielleicht nicht die stärkste seiner Karriere. Aber selbst ein Coman in Normalform ist für diese Mannschaft sportlich enorm wertvoller, allein schon für die kaum vorhandene Breite.
Mit Luis Díaz kam zwar für 75 Millionen ein neuer Flügelspieler, doch auf den Außenbahnen fehlt es weiterhin an Tiefe und Topqualität. Dass Sportvorstand Max Eberl ausgerechnet jetzt einen Spieler mit Comans sportlichem Wert und historischer Bedeutung abgibt, wirft Fragen zur strategischen Planung auf.
Max Eberls Plan ist nicht erkennbar
Eberl trat mit dem Anspruch an, dem FC Bayern Kaderbreite und Qualität zu sichern – besonders auf den Flügeln, wo Verletzungen und Formschwankungen seit Jahren ein Dauerthema sind.
Umso unverständlicher wirkt es, einen Spieler wie Coman ziehen zu lassen, ohne dass klar ist, wer seine Rolle übernehmen soll. Díaz allein löst das Problem nicht, zumal der Kolumbianer selbst Eingewöhnungszeit braucht. Ein Mega-Deal mit Nick Woltemade würde die Flügel-Baustelle ebenfalls nicht schließen.
Wer auf Titeljagd gehen will, kann es sich nicht leisten, gleichzeitig Tiefe und Erfahrung abzugeben – schon gar nicht, wenn dieser Spieler über Jahre hinweg prägende Momente geliefert hat.
Genau hier geht es nicht mehr nur um Kaderplanung und Marktwerte, sondern auch um Wertschätzung. Kingsley Coman hat dem FC Bayern in fast einem Jahrzehnt mehr gegeben, als viele wahrhaben wollen – Titel, Momente und Tore für die Geschichtsbücher.
Selbst wenn sein Abgang finanziell vertretbar sein mag, bleibt er sportlich ein Verlust und emotional ein Versäumnis. Einen Spieler wie ihn ersetzt man nicht einfach – und schon gar nicht so leise.
Can Uzun und Nathaniel Brown kennen sich bereits seit Jahren, sie spielten gemeinsam in der Jugend des 1. FC Nürnberg, wechselten zeitgleich nach Frankfurt und sind nun beide auch zeitgleich verletzt.
Es lief die 86. Spielminute im U21-EM-Finale, als es für Nathaniel Brown bitter wurde. Angeschlagen musste er ausgewechselt werden, nahm auf der Bank Platz und sah von dort den englischen Siegtreffer durch Jonathan Rowe in der Verlängerung.