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Fußball-Kolumne

Urteil zu Polizeikosten: Die Bundesliga wird sich weiter wehren

05.11.2023, Niedersachsen, Hannover: Fu
Zukünftig kann der Profifußball zur Kasse gebeten werden.Bild: dpa / Moritz Frankenberg
Fußball-Kolumne

Urteil zu Polizeikosten: Die Debatte ist noch längst nicht vorbei

In seiner Kolumne schreibt der Fanforscher Harald Lange exklusiv auf watson über die Dinge, die Fußball-Deutschland aktuell bewegen.
14.01.2025, 16:14
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Das Bundesverfassungsgericht hat heute in letzter Instanz bestätigt, dass die bei Hochrisikospielen anfallenden Kosten für Polizeieinsätze an Fußballprofivereine und damit an die DFL weitergegeben werden können. "Ein erfreulicher Abschluss", sagte Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD), der den mehr als zehn Jahre dauernden Rechtsstreit auf den Weg gebracht hatte.

Anlass für den Rechtsstreit war ein Derby – und damit ein Spiel mit besonders hohem Gewaltpotenzial – zwischen Werder Bremen und dem Hamburger SV im Jahr 2015. Das Land Bremen hatte der DFL für den Polizeieinsatz eine Rechnung in Höhe von 425.000 Euro gestellt. Die DFL hielt diese Regelung für verfassungswidrig und zog vor Gericht.

Kolumnist Harald Lange
watson-Kolumnist Harald LangeBild: uni würzburg
Über den Autor
Harald Lange ist seit 2009 Professor für Sportwissenschaft an der Universität Würzburg. Er leitet den Projektzusammenhang "Fan- und Fußballforschung" und gilt als einer der bekanntesten Sportforscher in Deutschland. Der 55-Jährige schreibt und spricht täglich über Fußball, auch in seinem Seminar "Welchen Fußball wollen wir?"

Nach Angaben der Stadt Bremen belaufen sich die Gebühren für die zusätzlichen Polizeikosten bislang auf mehr als drei Millionen Euro.

Profivereine zahlen jährlich etwa 1,6 Milliarden Euro Steuern

Seit heute wissen wir, dass die von Mäurer ausgestellten Gebührenbescheide rechtens sind, auch wenn sie auf den ersten Blick der rechtsstaatlichen Gepflogenheit widersprechen, dass die Gewährung von Sicherheit Staatsaufgabe ist.

Das Gewaltmonopol liegt aus guten Gründen beim Staat und muss aus Steuermitteln bestritten werden. Dafür zahlen Stadionbesucher und Profivereine schließlich auch Steuern: mehr als 1,6 Milliarden Euro in der Saison 2022/23, etwa 12,6 Milliarden Euro an Steuern und Abgaben in den vergangenen zehn Jahren. So gesehen kann ich die Empörung über das heutige Urteil also sehr gut nachvollziehen.

DFL erwirtschaftete 2022/23 mehr als fünf Milliarden Euro

Dessen ungeachtet bleibt aber auch festzustellen, dass die Liga nach wie vor Geld in Hülle und Fülle hat. Der deutsche Profifußball erlöste, wie aus dem Wirtschaftsreport der DFL hervorgeht, mehr als fünf Milliarden Euro in der Saison 2022/23. Spieler, Berater, Manager und manche Funktionäre werden damit nahezu verschwenderisch überschüttet. Deshalb sollte es kein Problem darstellen, die Gebührenbescheide künftig ohne Murren zu begleichen.

Der Blick auf die Einkommenssituation des Profifußballs war sicherlich der Rückenwind für die Idee, dem Profifußball in Sachen Polizeikosten eine Sonderrolle zuzuschreiben.

Das mag nachvollziehbar sein, aber ist das auch gerecht?

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Wird hier das Gleichheitsprinzip gewahrt? Welche politische und gesellschaftliche Botschaft verbirgt sich hinter dem heute gesprochenen Urteil des Bundesverfassungsgerichts?

Weshalb wird allein der Fußball zur Kasse gebeten? Weshalb brauchen sich andere Sportarten in dieser Sache ebenso wenig Sorgen machen, wie die Veranstalter des Oktoberfestes oder anderer kommerzieller Großveranstaltungen?

Sicherheit als zu bezahlende Dienstleistung?

Neben der Frage nach der rechtlichen Gleichbehandlung stellt sich allerdings noch eine weitere, viel wichtigere Frage für den Rechtsstaat: Wer kontrolliert hier eigentlich die Polizei?

"Weshalb brauchen sich andere Sportarten in dieser Sache ebenso wenig Sorgen machen, wie die Veranstalter des Oktoberfestes?"

Sollte die innere Sicherheit in Zukunft tatsächlich als Dienstleistung verstanden werden, dann wäre es nur konsequent, wenn auch die Klubs und die DFL diese Dienstleistung vor ihrer Erbringung gebührenpflichtig bestellen können. Das klingt grotesk, aber alles andere mutet nach Willkür an. In der Vergangenheit waren die Polizeikontingente viel zu oft massiv überdimensioniert, sodass Steuerzahler und Fußballfans fragen mussten, ob diese Ressourcen der Polizei nicht an anderer Stelle besser eingesetzt gewesen wären.

Nun hat die Polizei freies Spiel. Die Polizeiführung kann die Präsenz ihrer Kräfte bei Hochrisikospielen weiter aufpumpen – ohne dass sie gegenüber der Öffentlichkeit zur Transparenz oder Rechenschaft verpflichtet wäre.

Fronten zwischen Polizei und Fans verhärten sich

In den zurückliegenden zehn Jahren des heute final beschiedenen Klageweges haben sich der Fußball, die Fankultur und die Sicherheitslage deutlich verändert. Die Spiele sind sicherer geworden, aber die Vorurteile gegenüber Fußballfans haben sich auf Seiten mancher Innenpolitiker vertieft. Ich meine, es gäbe weitaus bessere Möglichkeiten der Gewaltprävention.

Ein hohes Polizeiaufkommen wird die Sicherheitslage bei vielen Spielen nur noch weiter verschlechtern und das Gegeneinander zwischen Beamten und Fans vergrößern. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist höchst bedauerlich. Der Bremer Innensenator Ulrich Mäurer hat gewonnen, aber er hat sowohl dem Fußball als auch der Polizei und Gerichtsbarkeit einen Bärendienst erwiesen.

14.01.2025, Baden-Württemberg, Karlsruhe: Ulrich Mäurer (SPD), Senator für Inneres und Sport der Freien Hansestadt Bremen, steht im Bundesverfassungsgericht vor Beginn der Urteilsverkündung, ob der De ...
Bremens Innensenator Ulrich Mäurer geht als Gewinner aus dem Rechtsstreit hervor.Bild: dpa / Uli Deck

Wir können getrost davon ausgehen, dass die demnächst versendeten Gebührenbescheide ausnahmslos bei den Verwaltungsgerichten landen werden, weil sich die betroffenen Klubs nachweisen lassen wollen, ob die von der Polizei in Rechnung gestellten Beträge willkürlich oder sachangemessen gewesen sind. Das juristische Spiel ist also lange noch nicht zu Ende.

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