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Bundesliga: Zu viele Parasiten-Klubs – Problem ist nicht nur RB Leipzig

Jürgen Klopp ist künftig bei Red Bull angestellt
Jürgen Klopp ist nicht das Problem. Sein neuer Arbeitgeber schon. Und das hat nichts mit einer Traditionsdebatte zu tun.Bild: imago images / Craig Thomas / news images
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Zu viele Vereine, die keinen interessieren: Bundesliga, wir haben ein Problem!

10.01.2025, 08:22
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Wenn am Wochenende die Bundesliga den Spielbetrieb wieder aufnimmt, sind am Samstagnachmittag natürlich auch fünf Begegnungen gleichzeitig einzeln oder in der Konferenz zu sehen.

Der SC Freiburg spielt gegen Holstein Kiel. Der 1. FC Heidenheim empfängt Union Berlin. Eintracht Frankfurt gastiert beim FC St. Pauli. Der 1. FSV Mainz 05 trifft auf den VfL Bochum. Und dann wird noch in Sinsheim gekickt: Hoffenheim gegen Wolfsburg.

Bist du auch so begeistert von all den spannenden Begegnungen, die auf dich warten?

Ihr erkennt es am Sarkasmus: Dieser Text ist ein Hilferuf. Bundesliga, wir haben ein Problem!

In der Bundesliga spielen aktuell nur noch sechs richtig große Vereine, deren Strahlkraft nicht an der eigenen Stadtgrenze endet: der VfB Stuttgart, Borussia Mönchengladbach, Werder Bremen, Borussia Dortmund, Eintracht Frankfurt und der FC Bayern München. Wer großzügig sein will, nimmt noch den VfL Bochum oder den FC St. Pauli in die Liste auf. Der ganze Rest ist Fußballdeutschland vor allem eines: egal.

VfL vs Hoffenheim, Achtelfinale DFB Pokal Wolfsburg, 04.12.2024, FUßBALL - VfL Wolfsburg vs TSG 1899 Hoffenheim, Achtelfinale DFB Pokal, Saison 2024/25. Infotafel mit Zuschauernzahl Wolfsburg *** VfL  ...
Wolfsburg gegen Hoffenheim im Dezember. 13.909 Zuschauer:innen. Keine Pointe.Bild: regios24 / imago images

Klar, manche sind egaler als andere, und hin und wieder wird die Egalität von der Debatte überstrahlt, wie unmoralisch die Unterschrift eines Jürgen Klopp aus Sicht von Fußballtraditionalist:innen ist, aber unterm Strich bleibt eine simple Feststellung: Neun (!) Vereine in der 2. Bundesliga haben mehr Stadionbesucher:innen als der Zehnte der Bundesliga-Zuschauertabelle. Und dieses Desinteresse ist auch auf andere Kennzahlen, von TV-Einschaltquoten bis Trikotverkäufe, übertragbar.

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Über die Gründe für die Entwicklungen im Oberhaus wurde ausgiebig und oft emotional diskutiert. Doch die Debatten über Financial Fairplay, 50+1, Retortenvereine, schlecht wirtschaftende Traditionsklubs und das gezielte Wegschauen von Funktionär:innen, wenn das Brausegeld winkt, haben nicht zu einer Verbesserung geführt. Im Gegenteil.

Genau an dieser Stelle der Beobachtung tut es gut, tief durchzuatmen, all die Emotionen beiseite zu schieben und ganz nüchtern zu fragen: Was bedeutet das für die wirtschaftliche Zukunft der Bundesliga?

Die Bundesliga-Konferenz wechselt im Sommer von Sky zu Dazn

Kurzfristig ist die Liga mit einem blauen Auge davongekommen. Im Sommer wechselt die Konferenz von Sky zu Dazn, die Liga kassiert kräftig ab. Bezahlen werden das die Fans, beide Anbieter müssen auf Dauer profitabel sein.

Vor wenigen Tagen ließen beide Sender die Frage nach möglichen Preiserhöhungen auffällig unbeantwortet.

Wofür genau sollen Dazn-Kund:innen im Monatsabo ab Sommer 44,99 Euro (oder mehr) bezahlen? Für eine Konferenz aus oben genannten Partien wie am Samstag? Glaubt irgendjemand, dass das auf Dauer funktionieren wird?

Fußball ist Unterhaltung, Unterhaltung ist Business, und im Business geht es immer ums Geld. Und das Geld wird zum Problem, wenn man darüber nachdenkt, wie viele Abos Sky und Dazn wegen der Existenz des FC Augsburg, des VfL Wolfsburg oder des 1. FC Union Berlin verkauft und wie viele an Fans aus Stuttgart, Dortmund oder München.

Wie weit kann man die Schraube mit den Vereinen, die deutschlandweit so gut wie niemanden interessieren, drehen, ehe das System implodiert? Genauer gesagt: Ehe Sky und Dazn sagen, dass sie in Zukunft deutlich weniger Geld überweisen werden, weil sie die Abos nicht mehr loswerden?

Wer dieses Fass aufmacht, sorgt für Empörung. Der 1. FC Heidenheim kann nichts dafür, dass er erfolgreicher arbeitet als der Hamburger SV. Daher sei betont: Es geht nicht um einen einzelnen Verein, der für sich genommen ein interessanter Underdog oder ein etwas anderer Farbtupfer sein könnte, sondern um das Gesamtbild, das die Bundesliga abgibt.

Man muss feststellen: Rein wirtschaftlich würden der HSV, der FC Schalke 04 oder der 1. FC Köln der Bundesliga weit mehr bringen als ein Großteil der aktuell in der Liga vertretenen Klubs.

Bundesliga: Wenn die Zuschauer fehlen, haben wir ein Problem

Zwei, drei, vier Vereine, die am Ende Fußballdeutschland egal sind, hält ein starkes Konstrukt aus 18 Klubs aus.

Doch wenn das Verhältnis kippt, wenn immer mehr Teams, die munter TV-Gelder kassieren, aber dem System keine Gegenleistung in Form von Abos, Einschaltquoten oder Sponsorengeldern zurückgeben, dem Großteil der zahlenden Zuschauer:innen egal sind, wenn also ganz konkret der Fan des VfB Stuttgart, der in dieser Woche sonntags spielt, am Samstag den Fernseher nicht mehr einschaltet, weil ihm alle anderen Partien einfach egal sind, wird das auf Dauer nicht funktionieren, wenn man fast 100 Euro pro Monat benötigt, um alle Begegnungen sehen zu können.

Möchte man es mit einem Begriff der Biologie umschreiben, kann man feststellen: Die Bundesliga hat in der Zwischenzeit zu viele Parasiten-Vereine. Parasiten sind in der Natur Organismen, die ihre Energie aus anderen Lebewesen ziehen – und so der größeren Spezies schaden. Und ja, die Bundesliga nimmt aktuell Schaden.

Neun Zweitligisten haben mehr Fans im Stadion als der Zehnte der Bundesliga-Zuschauertabelle.
Neun Zweitligisten haben mehr Fans im Stadion als der Zehnte der Bundesliga-Zuschauertabelle.Bild: transfermarkt.de / statista

Selbst für die unspannenden Vereine wird es zum Problem, wenn es zu viele von ihnen gibt. Oder glaubt jemand, dass (beispielsweise) Volkswagen weiterhin viel Geld in den Fußball buttern würde, wenn der eigene Verein 34 Mal pro Saison vor 11.000 Zuschauer:innen im Stadion und 11.000 weiteren vor den TV-Bildschirmen gegen hoffenheimähnliche Klubs spielen würde?

Dabei ist es bei der Feststellung des Problems völlig egal, ob ein Brausehersteller sein Image aufpolieren möchte oder ein sensationell gut arbeitender Kleinstadtverein in der Bundesliga spielt, weil er intelligent wirtschaftet. Die Ursachen für die Entwicklungen mögen individuell sein, jede einzelne zahlt jedoch aufs Gesamtergebnis ein: Das Interesse am großen Ganzen schrumpft.

Es ist auffällig, wie wenig kritisch das Problem bisher adressiert wird. Von Sky und Dazn wird man das nicht erwarten können, während sie versuchen, die Kund:innen nach der nächsten Preiserhöhung am Kündigen zu hindern. Doch das Schweigen im Walde, von der Liga selbst über die Bosse der großen Vereine bis hin zu den Öffentlich-Rechtlichen, ist nicht zu überhören.

Stattdessen wird akzeptiert, wenn mit bloßem Auge zu erkennen ist, dass einige Vereine ihre Zuschauerzahlen beschönigen oder eine Minuskulisse im DFB-Pokal mit "familienunfreundlichen Anstoßzeiten" begründen, während in anderen Städten zur gleichen Uhrzeit die Stadien ausverkauft sind.

Es ist noch nicht zu spät für einen Umschwung in der Bundesliga

Wie lange dauert es, bis der erste große Verein rebelliert? Wann traut sich der erste Verantwortliche auszusprechen, dass die Verteilung der TV-Gelder in ihrer jetzigen Form ausgedient hat? Dass die Liga international an die Wand fährt, weil bei der nächsten oder übernächsten Rechtevergabe plötzlich weniger Geld in die Kassen fließt? Dass das Interesse an den Hoffenheims dieser Welt nicht über die Jahre größer wird und die Behauptung, "da würde sich eine Fanbasis entwickeln", schlicht und einfach gelogen ist?

Das Gute ist: Noch hätte die Deutsche Fußball-Liga Zeit, die Köpfe zusammenzustecken. Die jüngste Rechtevergabe hat der Liga ein wenig Zeit verschafft. Doch die Uhr tickt.

Der beste Fußball der Welt wird in der Premier League gespielt. Die interessanteste Sportliga der Welt, die NFL, drückt mit aller Macht in den deutschen Markt.

Der deutsche Fußball definierte sich über Jahrzehnte über die Emotionen. Er wurde zur Milliardenindustrie, weil die Fans der großen Vereine sich auch an der Existenz der Konkurrenz rieben, ihre Spiele schauten und auch dafür jeden Monat Abogebühren bezahlte. Doch diese Basis des wirtschaftlichen Erfolgs verschwindet.

Gleichzeitig steigen mittlerweile an immer mehr Samstagen Bundesliga-Konferenzen, die sich (fast) lesen wie der Zweitliga-Spielplan. Man kann die Augen davor verschließen. Oder endlich das Problem als solches identifizieren. Denn das wäre nur ein erster kleiner Schritt bei der Suche nach einer Lösung, die verdammt kompliziert werden wird.

Kings League: Mario Götze "enttäuscht" über vorzeitiges Deutschland-Aus

Mit Kampfansagen hielt sich Ex-Bundesliga-Star Moritz Leitner vor Turnierstart noch zurück. Man wolle von Spiel zu Spiel schauen und einfach Leistung bringen. Das hat nun drei Spiele lang mehr oder weniger funktioniert – am Dienstagabend war das Turnier-Aus für Deutschland bei der Kings League WM besiegelt.

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