
Beim ersten Anlauf der Super League war der Fanprotest noch groß.Bild: POOL Getty / Clive Rose
Fußball-Kolumne
In seiner Kolumne schreibt der Fanforscher Harald Lange exklusiv auf watson über die Dinge, die Fußball-Deutschland aktuell bewegen.
20.12.2024, 07:0720.12.2024, 07:07
Der Uefa droht Konkurrenz in den internationalen Klubwettbewerben. Wie in dieser Woche bekannt wurde, hat die Agentur A22 Sports Management am Dienstag einen "neuen Vorschlag für paneuropäische Klubfußballwettbewerbe eingereicht, um die offizielle Anerkennung der Uefa und der Fifa zu erlangen".
Nur drei Jahre nach dem spektakulären Übernahmeversuch einer Gruppe führender Fußballklubs aus Italien, Spanien und England steht das Projekt Super League vor einer Neuauflage. Diesmal von langer Hand vorbereitet und ohne den damals für Aufregung sorgenden Überraschungseffekt.

watson-Kolumnist Harald LangeBild: Uni Würzburg
Über den Autor
Harald Lange ist seit 2009 Professor für Sportwissenschaft an der Universität Würzburg. Er leitet den Projektzusammenhang "Fan- und Fußballforschung" und gilt als einer der bekanntesten Sportforscher in Deutschland. Der 55-Jährige schreibt und spricht täglich über Fußball, auch in seinem Seminar "Welchen Fußball wollen wir?"
Unify League hat internationales Recht auf ihrer Seite
Dafür auf Grundlage einer wegweisenden juristischen Klärung. Der Europäische Gerichtshof hatte im Dezember 2023 mit einer Grundsatzentscheidung das Monopol der internationalen Fußballverbände (Uefa und Fifa) für die Ausrichtung von Wettbewerben gekippt.
Durchaus mit einer überzeugenden Begründung, denn die bislang betriebene Praxis war nicht mit dem europäischen Wettbewerbsrecht vereinbar.
Hier lag in der Tat eine unzumutbare, aber für die Uefa höchst profitable Macht- und Monopolstellung vor, die auch im ersten Anlauf der Super League dafür sorgte, das Konkurrenzprodukt gleich im Keim zu ersticken. Den teilnehmenden Vereinen konnte der Start in einer anderen Liga quasi von oben herab verboten werden.
Damit ist nun Schluss, das höchste europäische Gericht ermöglicht Konkurrenz und verlangt von den Bewerbern um die lukrativen Fußballwettbewerbe lediglich eine Abstimmung im Termin- und Spielplan. Dafür ist nach wie vor die Uefa verantwortlich, weshalb die hohen Fußballbosse jetzt den Antrag der internationalen Sportmarketingagentur zur Gründung der Unify League auf dem Tisch haben.
Protest der Fans gegen Unify League hält sich in Grenzen
Ich meine, das ist eine hoch spannende Situation, denn jeder weiß, dass die Uefa alles unternehmen wird, um sich die lästige Konkurrenz um die Fußballmilliarden vom Hals zu halten. Das wird allerdings kein Selbstläufer, denn die Initiatoren der neuen Europa-Liga haben ihren Job gut vorbereitet.
Bislang hält sich der Fanprotest durch das neue Kommerzprodukt in Grenzen. Ganz anders als damals in der Nacht zum 19. April 2021: Zwölf europäische Topklubs hatten mithilfe von Investorengeldern – quasi unbemerkt – die neue Super League auf den Markt gebracht, um sie nach heftigen Protesten aus der Politik und von der Fanbasis nur 48 Stunden später wieder einzustampfen.

In England protestierten Fans 2021 in Scharen gegen die Super League.Bild: AP / Matt Dunham
Damals blieb nicht nur der Schreck vor dem Kommerzfußball in den Knochen der Protestler stecken, sondern auch die Einsicht, dass die Monopolstellung der Fifa und Uefa keinen besseren Fußball garantieren kann, als die Initiatoren möglicher Konkurrenzprodukte.
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Unify League punktet mit kostenlosen Streams
In der Unify League sollen bei den Männern 96 und bei den Frauen 32 Teams in den europaweiten Ligen ihre Meister ausspielen. Anders als vor drei Jahren müssen sich die Teams sportlich qualifizieren. Weiterhin wurde bekannt, dass das Projekt so durchfinanziert ist, dass Fans alle Spiele kostenlos auf einer gleichnamigen Streamingplattform anschauen können.
Im Schatten der seit Jahren ausufernden Uefa- und Fifa-Wettbewerbe und der pompösen Reform der Champions League klingt der neue Vorschlag zumindest nicht schlechter.
Deshalb kann der CEO der neuen Fußballagentur A22, Bernd Reichart, entsprechend selbstbewusst auftreten und sein neues Produkt folgendermaßen darbieten: "Priorität haben dabei das Fanerlebnis, ein kostengünstiger Zugang zu den Spielen, die Gesundheit der Spieler und die Attraktivität des Wettbewerbs."
Wir werden in den kommenden Monaten einen unterhaltsamen Streit um die Zukunft der europäischen Wettbewerbe erleben. Die Ironie an der aktuellen Lage ist, dass die Uefa quasi selbst, aber auch im Sinne des Fußballs über das Schaffen von Konkurrenz entscheiden muss. Allein durch diese Konstruktion haben die europäischen Richter eine Ausgangslage mit allergrößtem Unterhaltungswert geschaffen.
Dabei steht bis heute zumindest schon mal soviel fest: Die Konkurrenzsituation beschert uns eine überaus konstruktive Debatte, denn die Uefa und A22 müssen künftig bei den Fans und den Vereinen um sportlich faire Wettbewerbssysteme buhlen.
Außerdem werden Fans und Zuschauer massiv umworben, denn sollte A22 sein Versprechen wahr machen, brauchen wir künftig keine Abos mehr kaufen, um europäischen Spitzenfußball zu schauen. Wir dürfen also gespannt sein, ob und wie sich die UEFA von der Konkurrenz treiben lassen wird.
Seit er im letzten Testspiel vor der WM 2022 in Katar den Siegtreffer erzielte, jubelt Fußball-Deutschland über Niclas Füllkrug. Es war der Beginn einer beeindruckenden Karriere.