Michaël Cuisance hatte bei Borussia Mönchengladbach vor der Saison einen Stammplatz gefordert. Es folgte ein Zerwürfnis mit der Gladbacher Klubführung, weil der neue Trainer Marco Rose dem 20-Jährigen keine Einsatzgarantie geben wollte. Cuisance wechselte im August trotzig den Verein, floh zum großen FC Bayern München. Doch auch dort bekommt er jetzt kaum Spielzeit, sitzt meistens auf der Bank.
Insgesamt eine halbe Stunde durfte der 20-jährige Franzose erst für die Bayern auf dem Rasen stehen: Elf Minuten gegen Mainz, 19 Minuten gegen Köln. Das ist die bisherige Bilanz des Youngsters, der im Sommer für knapp zehn Millionen Euro wechselte.
Drei Monate sind seitdem vergangen. Gladbach-Manager Max Eberl erneuerte nun in einem Interview mit "Sport1" die Kritik an seinem Ex-Spieler: "Das haben wir ihm drei Monate gesagt, dass er besser hier geblieben wäre, da er in Gladbach einen Verein gefunden hatte, wo er sich entwickeln kann."
Selbst in der zweiten Mannschaft des Rekordmeisters läuft es für den Linksfuß kaum besser: Bei Drittligist Bayern II kam Cuisance in drei Spielen zum Einsatz, aber nur einmal über 90 Minuten. Zuletzt berücksichtigte ihn Trainer Sebastian Hoeneß nicht in der Startelf, weil er vorm Auswärtsspiel der Bayern-Reserve gegen den SV Meppen zu spät zum vereinbarten Treffpunkt erschien.
Dabei fing in Deutschland alles so gut an für ihn: In seiner ersten Saison für die Fohlen trumpfte der damals erst 17-Jährige, der aus der Jugend des französischen Klubs AS Nancy nach Gladbach kam, prompt groß auf. Die Fans wählten den Techniker mit Fernschussqualitäten sogar zum Spieler der Saison, in der er 24 Einsätze feierte.
In der Folgesaison konnte er nicht an seinen steilen Aufstieg anschließen, er stagnierte etwas, kam viel seltener zum Einsatz. So ist das eben als junger Spieler – Leistungsschwankungen nie ausgeschlossen.
Das sieht auch Eberl im Interview mit "Sport 1" so: "Er hatte in der vergangenen Saison eine Saison, die für junge Spieler nicht überraschend ist, wo auf einmal die Erwartungshaltung so groß ist, dass er seine eigene Erwartung nicht erfüllen kann. Er hat dann weniger Einsätze gehabt, was für mich aber völlig normal ist in der Entwicklung eines Spielers."
Im vergangenen Sommer wollte Cuisance in Mönchengladbach wieder ganz nach oben, aber er verzockte sich dann mit seiner Forderung nach einer Einsatzgarantie.
"Er hat hier einige Verhaltensweisen an den Tag gelegt, die er bei seinem neuen Arbeitgeber sicher nicht an den Tag legen wird. Genau das ist der Punkt. Denn das geht auch hier nicht", sagte der neue Trainer Marco Rose damals.
Die Borussia sei ihm "zu klein geworden", meinte er außerdem. Eberl sagte dazu im "Sport1"-Interview rückblickend: "Er hat für sich andere Ziele im Kopf gehabt. Diese hat er jetzt verfolgt. Er besaß großes Potenzial. Für uns war es dann eben ein Punkt, wo wir gesagt haben: Dann lieber einen sauberen Kader haben." Deswegen habe der Klub die Entscheidung gefällt, Cuisance ziehen zu lassen.
Ironie der ganzen Geschichte: Borussia Mönchengladbach grüßt aktuell von der Tabellenspitze, während Bayern München (noch) etwas hinterherhinkt.
Und während Cuisance nun bei Bayern die Bank drückt und nicht an den Stars vorbeikommt, hätte er in Gladbach rückblickend viel bessere Chancen auf Einsätze gehabt. Denn die Borussia hatte in dieser Saison schon derart große Verletzungssorgen, dass zwischenzeitlich elf Spieler ausfielen.
Wäre er mal am Niederrhein geblieben. Nun stagniert Cuisance in seiner Entwicklung wahrscheinlich noch mehr als in Gladbach. Auch wenn er in München mit einigen der besten Spieler der Bundesliga trainieren darf, ist es doch für junge Spieler das Wichtigste, Spiele zu absolvieren. Wie es mit Cuisance hätte weitergehen können, zeigt gerade Lászlo Bénes.
Der 22-jährige Gladbacher zeigte im ersten Jahr bei den Fohlen gute Ansätze, verlor anschließend aber den Anschluss an die erste Elf. Er ließ sich zu Zweitligist Holstein Kiel ausleihen und hat sich seit seiner Rückkehr an den Niederrhein im zentralen Mittelfeld des Spitzenreiters festgespielt. Der berühmte Schritt zurück nach vorn.
Jetzt bleiben Cuisance nur zwei Möglichkeiten: Wie Bénes im Winter auf Zeit zu einem kleineren Verein wechseln, um Spielpraxis zu sammeln – oder dem neuen Bayern-Trainer Hansi Flick beweisen, warum Borussia Mönchengladbach ihm zu klein geworden ist.
(as)