Den Preis für den außergewöhnlichsten Karriereverlauf geht schon jetzt an Jindrich Trpisovsky – den Trainer von Slavia Prag. Am Mittwochabend wird er mit seiner Mannschaft in der Champions League Borussia Dortmund (18.55 Uhr, Sky) empfangen.
In einem Interview mit dem "Kicker"-Magazin erzählte Trpisovsky nun von seinem steinigen Werdegang, denn der 43-Jährige stand nicht immer zwischen Profis in der Umkleidekabine.
Im Gegenteil: Jahrelang rackerte sich der Tscheche nachts in einer Spielothek ab, arbeitete danach im Hotel, um den Gästen Frühstück zu servieren, und fuhr anschließend zum Training seines Kleinvereins. Immer war das Geld knapp, immer musste er zwischen verschiedenen Jobs jonglieren.
Was nach wilder Jugendzeit klingt, ist gerade einmal sechs Jahre her.
Der Erfolg, der in seiner aktiven Spielerkarriere gänzlich ausblieb, stellte sich ein, sobald er zum Team sprach. So kam es, dass sein Freund, der neben der Spielothek, in der Trpisovsky arbeitete, auch einen Fußballverein in Prag-Xaverov besaß, ihn als Trainer anstellte. Erst trainierte er den Nachwuchs des kleinen tschechischen Vereines, dann die erste Mannschaft und kurze Zeit später erhielt er sein erstes Trainergehalt von ungefähr 700 Euro.
So ging es für ihn weiter zum Zweitligisten Viktoria Zizkov, dann zu Slovan Liberec und 2017 schließlich zu Slavia Prag. In der vergangenen Saison erzielte er dann seinen wohl größten Erfolg: Mit Slavia Prag holte er das erste Double seit 77 Jahren.
Das Champions-League-Los hat Trpisovsky und seine Mannschaft nun vor eine harte Probe gestellt. Slavia Prag muss sich in Gruppe F gegen Kaliber wie den FC Barcelona, Inter Mailand und eben Borussia Dortmund durchsetzen.
Gegen Inter Mailand performte das Team unter Trpisovsky bereits Mitte September – 1:1 gingen die Mannschaften auseinander, wobei Mailand erst spät einen Ausgleichstreffer erzielte. Das Gegentor wurmt Trpisovsky bis heute, erzählt er im "Kicker"-Interview. Ganz im Gegensatz zum harten Gruppen-Los: "Das ist wie Weihnachten mit drei Geschenken", freut er sich gegenüber dem Fachmagazin.
Vor allem auf die Partie gegen Dortmund fiebert er hin. Im Interview erzählte der 43-Jährige, dass er schon als Kind Sympathien für Dortmund hatte, "Das Camp Nou habe ich bisher nur auf der Playstation erlebt, aber die Partie in Dortmund ist ein etwas größeres Highlight".
Auch den ehemaligen BVB-Trainer Klopp verehrt er: "Sein Spielstil gefällt mir und seine Natürlichkeit. Auch die Einstellung, dass der Trainer mit dem Team eins ist". Persönlich begegnet ist er ihm bislang jedoch noch nicht. "Mir würden die Knie zittern. Das wäre für mich, wie wenn Außerirdische landen", berichtet der Prager Trainer dem "Kicker".
Den BVB könnte er gleich mal richtig böse treffen: Nach zuletzt drei sieglosen Spielen darf Borussia Dortmund auf keinen Fall verlieren. In der Liga steht der selbsternannte Meisterschaftsaspirant nur auf Platz 8. Slavia gilt als Pflichtaufgabe, um die Wogen zu glätten. Trpisovsky will jedoch das nächste Kapitel in seiner Cinderella-Stroy schreiben.
Immerhin das Camp Nou darf Trpisovsky aber bald mit Sicherheit von Innen sehen – am 23. Oktober tritt Prag in der Champions League gegen den FC Barcelona an. Heute Abend stellt sich Slavia aber erst einmal dem BVB.
(kre)