Lange Zeit waren die Fragezeichen um den Gesundheitszustand von Giulia Gwinn groß. Nach ihrem Kreuzbandriss im Oktober 2022 hätte die Zeit theoretisch dafür ausgereicht, um es in den Kader der deutschen Nationalmannschaft zu schaffen. Der Kontakt mit Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg bestand während ihrer kompletten Reha.
Doch mit der Zeit folgte die Ernüchterung. Auch, wenn die Bundestrainerin ihr erst einen Tag vor der offiziellen Kaderbekanntgabe endgültig abgesagt hatte. Gwinn hatte beim FC Bayern bis zum Saisonende keine Trainingseinheit komplett mitmachen können. Wäre sie dann bei den Vorbereitungscamps des DFB in Herzogenaurach wieder voll ins Training eingestiegen, wäre das ein zu hohes Risiko gewesen.
Und dennoch ist die 24-Jährige im Nachhinein noch auf den WM-Zug aufgesprungen: als Expertin für das ZDF. Im Podcast "Einfach mal Luppen" von Toni Kroos und seinem Bruder Felix erzählt die Abwehrspielerin, wie ihr Job konkret aussehen wird.
"Es war schwierig für mich, dass die WM komplett ohne mich stattfindet. Gefühlt war ich kurz vorher bei der EM noch ein riesiger Teil davon und weiß, wie schön so ein Turnier sein kann", erzählt sie den Kroos-Brüdern. Denn noch im vergangenen Jahr zählte sie bei der Europameisterschaft zu den prägenden Spielerinnen und wurde sogar ins Team des Turniers gewählt.
"Ganz raus zu sein, tut schon weh. Deswegen war es für mich von Anfang an klar: Wenn es irgendeine Option gibt, die mit meinem Trainingsplan vereinbar ist, dass ich dabei sein will", sagt sie im Podcast. Doch gerade die Vereinbarkeit zwischen Trainingsplan beim FC Bayern und Spielplan bei der WM ist eine große Hürde.
Durch die achtstündige Zeitverschiebung nach Australien und Neuseeland finden die Spiele vormittags zwischen zehn und 12 Uhr statt. Also genau dann, wenn Gwinn in München auf dem Trainingsplatz steht.
Für den öffentlich-rechtlichen Sender stellt das jedoch kein Problem dar. So wird Gwinn häufig per Schalte aus München vom FC Bayern Campus dabei sein und ihre Einschätzungen geben. Vereinzelt werde sie jedoch nach Mainz fahren, erzählt sie.
Wie lang sie die Rolle der Expertin während des Turniers ausfüllen wird, ist hingegen noch unklar. Bisher sei zwischen ihr und dem ZDF lediglich die Gruppenphase besprochen worden. "Das sind nicht die Männer. Das hast du denen beim ZDF schon gesagt, oder? Da hilft der Blick weiter", stichelt Ex-Nationalspieler Toni Kroos mit Blick auf das schlechte Abschneiden der Männer-Nationalmannschaft bei den vergangenen Turnieren.
Dass sie bei einem Einzug des DFB-Teams ins Halbfinale oder Finale doch noch vor Ort in Australien sein wird, gilt dennoch als unwahrscheinlich. Dafür sei die Distanz einfach zu groß.
Daher will Gwinn mit ihrem Wissen den Zuschauenden einen anderen Blickwinkel auf die DFB-Elf geben. "Als Aktive habe ich einen anderen Draht zu den Spielerinnen und kann Dinge erzählen, die von außen vielleicht nicht so offensichtlich sind. Ich werde ein paar Insider erzählen", kündigt sie an.