Das Schlimmste ist beim FC Bayern fürs Erste abgewendet. Nach dem überzeugenden 3:0 Sieg gegen Lazio Rom stehen die Münchner im Viertelfinale der Champions League. Das bringt willkommene Ablenkung von den Misserfolgen in den nationalen Wettbewerben. Denn in der Liga liegt der FCB abgeschlagen auf dem zweiten Platz und musste sich bereits in der zweiten Runde aus dem DFB-Pokal verabschieden.
Besonders erleichtert angesichts des Weiterkommens dürfte Trainer Thomas Tuchel sein. Der 50-Jährige, dessen Abgang nach der Saison beschlossene Sache ist, hat sich mit dem Weiterkommen etwas Luft verschafft. Zuletzt war vermehrt spekuliert worden, dass die Zusammenarbeit bei einem Ausscheiden doch schon vorzeitig geendet wäre.
Kein Wunder also, dass Tuchel sich mit vollem Einsatz gegen ein Champions-League-Aus stemmte und dabei auch persönliche Opfer brachte. "Die Motivationsrede vor dem Spiel hat mich meinen rechten Zeh gekostet", hatte Tuchel nach der Partie bei Amazon Prime Video gesagt. Vorstandschef Jan-Christian Dreesen bestätigte später, dass der Zeh womöglich gebrochen sei.
Wer glaubt, abgesehen von kleineren Wehwehchen ist jetzt alles gut beim Rekordmeister, der muss schon arg euphorisiert sein. Zu oft wirkten die Auftritte der Münchner lustlos und uninspiriert. Im Zentrum der Kritik stand immer wieder ein Spieler mit Führungsanspruch: Joshua Kimmich.
Der Bayern-Star wurde zuletzt häufiger auf die von ihm ungeliebte Rechtsverteidiger-Position verdonnert und konnte dort nicht immer überzeugen. Auch neben dem Platz fiel Kimmich mit negativem Verhalten auf. Nach der Niederlage gegen den VfL Bochum geriet er mit Co-Trainer Zsolt Löw aneinander, beide konnten nur mit Mühe getrennt werden.
Auch solche Ausrutscher dürften dazu beigetragen haben, dass sich mit Michael Ballack nun ein gestandener Ex-Nationalspieler zu Wort meldet. Der TV-Experte kritisierte bei DAZN, dass Kimmich seinem Anspruch als Führungsspieler nicht gerecht werde.
Konkret sagte er: "Joshua ist für mich ein bisschen eine Personalie, die ich nicht verstehe. Ihn selber auch nicht, in einer doch schwierigen Zeit zuletzt, auch mal selber vor die Kameras zu treten und seinen Anspruch lauter kundzutun."
Ein Leader zu sein, hat für Ballack nicht nur mit den sportlichen Leistungen zu tun: "Man muss nicht immer überragend spielen, um ein Führungsspieler zu sein und diesen Anspruch zu haben", sagte der ehemalige Kapitän der Nationalmannschaft.
Diesen Führungsanspruch könne man "auch in der Persönlichkeitsfindung immer wieder mal artikulieren und da war er für mich zuletzt einfach zu ruhig, hat zu viel Diskussion auch über sich ergehen lassen", ordnete Ballack ein.
Solche Signale sieht Ballack vor allem mit Hinblick auf den Nachwuchs als enorm wichtig an: "Die jüngeren Spieler brauchen solche Spieler, um sich an ihnen hochzuziehen und wie gesagt, da kam zuletzt ein bisschen wenig von ihm."
Ob Kimmich die Kritiker zum Verstummen bringen kann, werden die kommenden Wochen zeigen. Chancen bieten sich im Jahr der Heim-EM auch in der Nationalmannschaft genug. Ende März testet die DFB-Auswahl gegen Frankreich und die Niederlande.