Ann-Katrin Berger ist Deutschlands Fußballerin des Jahres. Sie ist damit die erste Torhüterin seit Silke Rottenberg 1998, der diese Ehre zuteilwird. Bei der vom Fußballmagazin "Kicker" organisierten Wahl unter 427 Journalist:innen gewann sie mit 144 Stimmen deutlich vor ihren DFB-Kolleginen Giulia Gwinn (71 Stimmen) und Lena Oberdorf (66 Stimmen).
Die 33-Jährige hatte bei den Olympischen Sommerspielen in Paris einen großen Anteil am Bronzegewinn des DFB-Teams. Im Viertelfinale gegen die Kanadier:innen parierte sie im Elfmeterschießen zweimal, bevor sie selbst vom Punkt cool blieb und den entscheidenden Elfer verwandelte.
Auch im Spiel um Platz Drei bewies Berger Nervenstärke und hielt in der neunten Minute der Nachspielzeit gegen keine Geringere als die ehemalige Weltfußballerin Alexia Putellas einen Elfmeter und sicherte so die Bronzemedaille.
Nun äußerte sich Berger zu ihrem langen Weg zur Nummer Eins im DFB-Tor, ihrer Karriere im Ausland und ihren Umgang mit dem Schilddrüsenkrebs.
Berger musste lange auf ihren Einsatz als Nationaltorhüterin warten und so hatte sie geglaubt, Ex-Bundestrainer Horst Hrubesch wolle sie "verarschen", als er sie vor dem olympischen Turnier zu Nummer Eins beförderte. So beschrieb sie es zunächst nach dem ersten Gruppenspiel.
"Ich muss mich bei Horst noch entschuldigen", sagt Berger gegenüber dem "Kicker". "Er meinte, es hat ihm wehgetan, dass ich geglaubt habe, er wolle mich verarschen." Hrubesch sei "vom Typ her einfach ganz anders". Berger betont: "So etwas gibt es im Fußball heute nicht mehr."
Bergers Weg zur Nationaltorhüterin war ungewöhnlich und nicht ohne Widerstände, wie sie betont: "Um ehrlich zu sein, war alles gegen mich. Ich kam nicht von einer U-Nationalmannschaft, ich war noch nie die Nummer Eins, ich hatte früher Almuth Schult vor mir und dann lange Merle Frohms."
Über die Nationalmannschaft habe sie früher "gar nicht viel nachgedacht". "Ich wusste, ich bin viel zu spät ins Tor gegangen", erzählt Berger. Die gebürtige Göppingerin war erst mit 16 zwischen die Pfosten gewechselt. "Ich musste meinen Weg selbst finden, anders sein als die anderen."
Also wechselte sie 2014 zu Paris Saint-Germain, bevor sie zwei Jahre später nach England ging. Dort spielte sie für Birmingham und Chelsea. Mit dem Londoner Verein gewann sie viermal die Meisterschaft und dreimal den FA Cup. Außerdem erreichte sie 2021 das Champions League Finale, unterlag aber dem FC Barcelona.
"Ich glaube, für mein Fußballerleben war das unfassbar wichtig, weil ich dadurch die verschiedenen Nationen kennengelernt habe", betont Berger rückblickend. Was andere Torhüterinnen durch die Nationalmannschaft an Erfahrung bekommen hätten, habe sie sich durch die Ligen erarbeitet.
Im April wechselte Berger in die erste amerikanische Liga zum NJ/NY Gotham FC. "Ich wollte einfach nochmal Fußball spielen. Ich wusste, dass ich noch nicht fertig bin", begründet sie ihren Transfer.
Der Weggang aus Europa war wohl nicht komplett freiwillig, wie sie kritisiert: "Man muss es deutlich sagen – und das habe ich am eigenen Leib zu spüren bekommen – Spielerinnen mit 33 Jahren wollen sie in den europäischen Ligen nicht mehr."
Mit einem solchen Alter sei "man anscheinend nicht mehr gut genug". "Ich finde bei, bei Torhüterinnen ist das komplett anders, aber im Frauenfußball ist das anscheinend einfach so", sagt Berger. Beim NJ/NY Gotham FC zeigte Berger starke Leistungen und konnte so Bundestrainer Hrubesch überzeugen.
Dass die Wahlamerikanerin auch außerhalb des Platzes eine Kämpferin ist, hat sie durch ihren Umgang mit dem Schilddrüsenkrebs bewiesen, an dem sie 2018 und 2022 erkrankt war. Beide Male kehrte sie nach kurzer Zeit auf den Rasen zurück.
Heute gehe es ihr gut. Bluttests zeigten, "dass alles normal ist", sagt sie. Außerhalb ihrer Blutuntersuchungen mache sie sich keine Gedanken über die Erkrankung. "Die Krankheit bestimmt nicht mein Leben", betont Berger.