Im vergangenen Sommer verließen David Alaba, Jerome Boateng und Javi Martinez die Bayern nach Ablauf ihrer Verträge. Nun verliert der Rekordmeister einen weiteren defensiven Leistungsträger ablösefrei: Wie die "Bild" vergangene Woche berichtete, hat sich Abwehrspieler Niklas Süle dazu entschieden, seinen im Sommer auslaufenden Vertrag nicht verlängern zu wollen. Wohin es den Nationalspieler jetzt zieht, ist derzeit noch offen. Sein Abschied sorgt seitdem für hochemotionale Diskussionen rund um die Säbener Straße.
Die Debatte über Süles Stellenwert im Bayern-Kollektiv hatte Karl-Heinz Rummenigge begonnen – und dessen Urteil fiel keineswegs positiv aus. Nun äußerte sich Kapitänchef Manuel Neuer.
Süle gehörte beim Münchener Starensemble zum Stammpersonal. Seit der 26-Jährige im Juli 2017 für 20 Millionen Euro von der TSG Hoffenheim nach München wechselte, kam er in insgesamt 158 Pflichtspielen zum Einsatz.
Das sieht der langjährige Münchner Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge allerdings anders. "Er war immer ein brauchbarer Spieler. Das Problem ist: Er hat sich nie wirklich auf seiner Position durchgesetzt", befand Rummenigge am vergangenen Montag im Interview mit "Sky" und verwies auch auf die Verletzung des Innenverteidigers im Oktober 2019, nach dieser "er ein bisschen den Anschluss verloren hat".
Würde man ein "Best of" der aktuellen Bayern-Elf aufstellen, "ist Niklas Süle möglicherweise im Moment nicht dabei", so Rummenigge. In diesem Zusammenhang solle sich der Abwehrspieler "auch mal hinterfragen".
Zum möglichen Motiv mangelnde Wertschätzung für den Abschied Süles meinte Rummenigge: "Man braucht nicht zu glauben, dass beim FC Bayern irgendein Spieler nicht wertgeschätzt oder gekuschelt wird. Wertschätzung ist eine Einheit namens Euro - sonst gar nichts."
Der frühere Nationalspieler Stefan Effenberg sieht das ähnlich. In seiner wöchentlichen Kolumne für "T-Online" schrieb er, dass Süle sich "gegen den sportlichen Erfolg und für mehr Geld entschieden" habe. Süles Abgang bewertete er für die Bayern als "keinen Mega-Verlust".
Der Abgang von Süle im kommenden Sommer sorgt dagegen innerhalb der Mannschaft für Unmut. Das verriet Torwart und Kapitän Manuel Neuer nach dem 3:2-Sieg gegen RB Leipzig am Samstagabend, als er gefragt wurde, ob er die Kritik von Ex-Vorstands-Chef Karl-Heinz Rummenigge nachvollziehen kann.
Der 35-Jährige sagte, dass er den den anstehenden ablösefreien Wechsel seines DFB-Teamkollegen zutiefst bedauere, "Wir arbeiten jeden Tag zusammen. Wenn man über lange Jahre so gut zusammen gespielt hat, dann ist es für einen Torwart immer blöd, solch einen Abwehrspieler zu verlieren."
Für ihn als Keeper sei es besonders schade, "wenn sich ein Spieler für einen anderen Weg entscheidet. Aber jeder lebt seine eigene Karriere und man akzeptiert solche Entscheidungen. Ich werde ihn ja nicht ganz verlieren, weil er auch Nationalspieler ist." Dennoch:
"Es war ein Weg bis er sich zu seinem Leistungshöhepunkt entwickelt hat. Das ist immer ein Prozess." Gleichzeitig widersprach Neuer den Aussagen seines Ex-Bosses Karl-Heinz Rummenigge:
Auch Coach Julian Nagelsmann, der Süle bereits seit zwölf Jahren aus der Jugend in Hoffenheim kennt, verteidigte seinen Abwehrspieler vehement: "Ich kenne seine Gründe, die bleiben aber zwischen uns. Es ist okay für mich und kann es verstehen. Ich bin gespannt, wo er hingeht und wie glücklich er dann wird.", erklärte Julian Nagelsmann vor dem Duell mit seinem Ex-Klub RB Leipzig.
Über Rummenigges Süle-Kritik sagte Nagelsmann: "Ich habe sie nur gelesen und noch nicht mit ihm darüber gesprochen. Karl-Heinz Rummenigge ist so erfahren, dass er Dinge loswerden darf. Am Ende ist wichtig, dass Niklas eine gute Leistung bringt. Das ist wichtiger als Interviews in der Woche."
(abd)