Ein "Genie", ein "Innovator" und ein "Superstar". Nach dem Gewinn seines dritten Fußball-Meistertitels mit Manchester City wird Starcoach Pep Guardiola in England mit Lob überschüttet. Dabei sah es für seine Cityzens anfangs überhaupt nicht nach einer erfolgreichen Saison aus. Manch einer spekulierte sogar schon, die Zeit des Spaniers in Manchester sei abgelaufen. Jetzt hoffen die City-Fans, dass Guardiola ihnen das Triple aus Ligapokal, Meistertitel und der so lange ersehnten Champions League beschert.
"Das hier war der härteste (Titel)", sagte Guardiola, der am Dienstagabend in kleinem Rahmen mit einigen Spielern und Mitarbeitern in Citys-Trainingszentrum feierte, der Vereinswebsite. "Wir werden uns immer erinnern, wie wir ihn diese Saison gewonnen haben."
Als der Spanier im vergangenen November seinen Vertrag verlängert und damit Abschiedsgerüchten einen Riegel vorgeschoben hatte, belegte der Club in der Premier League nur den zehnten Tabellenplatz. Fast ein halbes Jahr später versammelten sich die City-Fans am Dienstag vor dem Etihad-Stadion und feierten bereits die dritte Meisterschaft ihres Vereins in vier Jahren. Erst am 20. Spieltag hatte Man City die Spitze übernommen und die Tabellenführung seitdem ausgebaut. Zwischen Dezember und März gewann das Team wettbewerbsübergreifend beeindruckende 21 Pflichtspiele in Serie.
Dass der Titel nun ohne eigenes Zutun perfekt wurde, war ein kleiner Wermutstropfen für Ilkay Gündogan, den Topscorer mit zwölf Ligatoren, der neben Kevin De Bruyne und Ruben Dias einer der Leistungsträger in dieser City-Saison ist. "Ich hätte diesen Moment lieber nach einem eigenen Spiel gefeiert, aber ich nehme es auch so", twitterte der deutsche Fußball-Nationalspieler. "Was für eine Saison!" Nach dem 1:2 des Tabellenzweiten Man United gegen Leicester City sind Gündogan und Co. bei zehn Punkten Vorsprung und drei verbleibenden Spielen nicht mehr einzuholen.
Noch um Weihnachten waren Guardiola und seine Profis für zu wenig Tore, Systemprobleme und mangelnde Energie kritisiert worden. Jetzt lobten britische Medien den Trainer für den beachtlichen Turnaround. Der Titelgewinn sei "ein Triumph der Klasse und der Verfeinerung" schrieb der "Guardian". Die Zeitung "Independent" schrieb, Guardiola habe "einfach improvisiert und beeindruckend erneuert". Und der "Telegraph" resümierte: "Ohne einen herausragenden Superstar im Team war Guardiola die überragende Figur in der Meistersaison von City."
Der 50-Jährige selbst sagte der Vereinswebsite am Abend des Titelgewinns, es fühle sich "erleichtert". Und nach dieser merkwürdigen Fußballsaison ohne Zuschauer war Guardiola froh, dass ab dem kommenden Wochenende endlich wieder Fans im Stadion erlaubt sind. Am letzten Spieltag gegen den FC Everton soll der Titel gefeiert werden. "Ich freue mich auf das Everton-Spiel", sagte Guardiola. "Wir werden die Trophäe hochhalten und 10.000 werden dabei sein."
Sechs Tage später bestreitet Manchester City das vielleicht wichtigste Spiel der Saison, das Champions-League-Finale gegen den FC Chelsea. Das Team von Trainer Thomas Tuchel hatte die Cityzens schon im FA Cup eliminiert und am vergangenen Wochenende in der Liga mit 2:1 geschlagen. Guardiola ist also gewarnt. Das England-Endspiel am 29. Mai ist am Donnerstag wegen der Coronavirus-Pandemie von Istanbul nach Porto verlegt worden.
Zwar betonte der Titelsammler am Dienstag erneut, was er seit Wochen gebetsmühlenartig wiederholt – dass die Premier League "der wichtigste Titel für uns" sei. Doch die Königsklasse gilt in Wahrheit schon länger als das wichtigste Ziel der Clubinhaber aus Abu Dhabi. Mit einem Erfolg würde sich Pep Guardiola in Manchester endgültig unsterblich machen. Andererseits würde die Freude aller Beteiligten über die Meisterschaft erheblich getrübt, wenn Man City das erste Champions-League-Endspiel seiner Vereinsgeschichte verliert.
(lfr/dpa)