Die 0:1-Niederlage von Real Madrid beim FC Valencia am Sonntagabend interessierte eigentlich niemanden. Einerseits, weil die Königlichen schon vier Spieltage vor Schluss nicht mehr Meister werden können. Andererseits, weil die rassistischen Vorfälle rund um Real-Star Vinícius Junior den kompletten Spieltag und den spanischen Fußball überschatteten.
Direkt nach dem Spiel und in den vergangenen Tagen legten Real-Trainer Carlo Ancelotti und Vinícius selbst den Finger in die Wunde, und machten der Liga, dem Verband und auch einzelnen Medien schwere Vorwürfe. Denn es ist nicht das erste Mal, dass der Offensivstar rassistisch von Fans und Gegenspielern beleidigt wird.
Toni Kroos stand bei den Vorfällen am Sonntagabend neben dem 22-Jährigen auf dem Feld und spricht in seinem Podcast "Einfach mal Luppen", den er gemeinsam mit Bruder Felix veröffentlicht, über die "erschreckenden" Szenen, die ihm Angst gemacht hätten.
Der Vorfall in Valencia rufe bei Kroos Wut und Traurigkeit hervor, wie er selbst erklärt. "In der Form, in der Lautstärke und der Masse an Leuten, die diese "Mono" (deutsch: "Affe")-Rufe getätigt haben, fehlen mir die Worte. Das hat einen fassungslos gemacht", erzählt Kroos. Jetzt sei es "höchste Zeit" für die Liga, dass sie etwas gegen dieses Problem tun müssen.
Vinícius konnte dabei sogar einige Fans konkret ausmachen und deutete auf sie. Beim Schiedsrichter zeigte das jedoch keine Wirkung. Stattdessen gab es eine heftige Rudelbildung, an dessen Ende der Brasilianer von einem Gegenspieler in einen Würgegriff genommen wurde, jedoch der Einzige war, der wegen eines Schlags ins Gesicht vom Platz flog.
Am Dienstag teilte die spanische Polizei immerhin mit, dass sieben Personen festgenommen worden sein. In Valencia sind drei Jugendliche in Gewahrsam genommen worden, außerdem vier weitere Personen in Madrid. Sie stehen unter Verdacht, für eine aufgehängte Puppe des Spielers vor einem Match im Januar verantwortlich zu sein.
Als sich die Rufe wahrend des Spiels langsam im Stadion verbreiteten, stand Kroos an der Toraus-Linie, um einen Freistoß auszuführen. "Dann hast du die Chance, den Leuten direkt ins Gesicht zu schauen. Das macht Angst, was für Leute mit einem Hass im Stadion unterwegs sind. Die gehen da nicht hin, um ihre Mannschaft zu unterstützen." Das sei nicht nur ein Problem für die Fußballstadien, sondern für die komplette Gesellschaft, sagt Kroos.
"In der Form habe ich es auch noch nicht erlebt. Es müssen schnell Konsequenzen gezogen werden. Und die müssen richtig wehtun." Denn die Strafen aus den vorherigen Fällen hätten nichts gebracht.
Sollte der spanische Fußball "einen der interessanten, wenn nicht den interessantesten Spieler wegen solcher Vorfälle verlieren, wäre das Bild der Liga noch schlimmer." Dem pflichtete sein Bruder Felix bei, der die Vorfälle als "absolute Schande" bezeichnete.
Der Weltmeister von 2014 war es besonders erschrocken, dass sich so eine große Masse an Zuschauern über ein Fußball-Spiel zu solch rassistischen Rufen leiten lässt. Am Sonntag waren 46.000 Fans in Valencia im Stadion.
Ex-Bundesliga-Schiedsrichter Thorsten Kinhöfer erklärte im Gespräch mit den Kroos-Brüdern, dass Unparteiische in solchen Situationen drei Stufen hätten. Eine Durchsage über die Stadionlautsprecher, "aber das verhallt meistens", eine zwischenzeitliche Unterbrechung samt Gang in die Kabine und notfalls den kompletten Abbruch. "Als Schiedsrichter muss man Farbe bekennen uns sagen: 'Wenn ihr nicht aufhört, ist hier Feierabend'."
Über diese Optionen sei laut Kroos nicht nachgedacht worden. Der Schiedsrichter habe das Spiel nur kurz auf dem Feld unterbrochen und lange mit Vinícius gesprochen. "Dann hatte ich das Gefühl, dass im Raum stand, dass Vini selbst runtergeht." Der Schiedsrichter habe ihn laut der Wahrnehmung des 33-Jährigen versucht zu überreden, weiterzumachen. Das sei auch laut Kinhöfer und Toni und Felix Kroos das absolut falsche Signal gewesen.