Im Vergleich zur Hinrunde der Abstiegssaison 2020/21 hat Schalke 04 in der laufenden Spielzeit bisher weniger enttäuscht. Leider nur aufgrund der gesunkenen Erwartungshaltung. Rein objektiv war Schalke kaum besser: In 15 Spielen sammelten die Knappen erst neun Punkte, im Vergleich zu sieben Punkten in der Hinrunde (17 Spiele) vor zwei Jahren.
Zur Winter-Pause hat sich der Revierklub die Rote Laterne daher redlich verdient, schon fünf Punkte liegt Schalke hinter dem Relegationsrang zurück. In der Rückrunde wartet also wieder der Abstiegskampf. Grund zur Hoffnung gibt es kaum.
Aufgrund der schwachen Hinrunde ist der Glaube an den eigenen Kader eingeschränkt. Im Dezember enthüllte der "Kicker" den Transfer-Wunschzettel der Geschäftsführung: Einen Torwart, einen Innenverteidiger, einen Außenverteidiger, einen Kreativspieler fürs Zentrum, zwei schnelle Flügelspieler und einen "verlässlichen" Torjäger sollte der Weihnachtsmann bescheren. Also quasi eine komplette Fußballmannschaft.
Weil aber kein Geld da ist – laut "Bild" steht ein Budget von lediglich drei Millionen Euro zur Verfügung – muss Schalke größtenteils auf das vorhandene Personal vertrauen.
Sinnbildlich dafür steht Torwart Alexander Schwolow: Schon im Laufe der Hinrunde sind die 04-Bosse zu dem Schluss gekommen, dass der 30-Jährige nicht der sichere Rückhalt ist, den man sich wünscht. Dementsprechend wurde der Hertha-Leihgabe auch schon mitgeteilt, dass er im Sommer zur Alten Dame zurückkehren dürfe.
Gleichzeitig kann sich Schalke aber keine neue Nummer 1 leisten, muss also in der Rückrunde weiter auf den schon verschmähten Keeper setzen. Nicht unbedingt ein Hoffnungsschimmer im Kampf um den Klassenerhalt.
Dieses Dilemma zwingt die Schalke-Bosse zu komplizierter Kopf-Akrobatik: Während sie sich sicher sind, dass Schwolow für Schalke nicht gut genug ist, glauben sie laut "Kicker" inzwischen zumindest eine ansteigende Formkurve ausgemacht zu haben. Demnach hoffen sie, dass er in der Rückrunde auf einmal Top-Leistungen zeigt. Auch in der Abwehr und im Mittelfeld will man auf Leistungssteigerungen der einzelnen Profis hoffen.
Neuzugänge wird es demnach vornehmlich in Form von Leihen geben: So wurde bisher mit Niklas Tauer (Mainz) immerhin der Sechser geholt, den sich Trainer Thomas Reis unbedingt gewünscht hat. Aus Brest (Frankreich) kommt bis zum Saisonende zudem der 28-jährige Linksverteidiger Jere Uronen.
Im Gegenzug muss Reis nach dem Re-Start auf Mittelfeldspieler Florent Mollet verzichten. Für den zum FC Nantes gewechselten Franzosen kassiert Schalke 1,5 Millionen Euro Ablöse.
Allerdings plagen den Trainer auch einige Verletzungssorgen: Mit Sepp van den Berg, Leo Greiml, Maya Yoshida und Marcin Kaminski fehlen aktuell gleich vier Innenverteidiger. Im defensiven Mittelfeld fallen Alex Král und der gerade erst geholte Tauer bis in den Februar aus. Für Mittelstürmer Sebastian Polter ist die Saison aufgrund einer Kreuzbandverletzung komplett gelaufen.
Der Großteil der Schalker Hoffnungen ruht also auf dem neuen Trainer Thomas Reis. So sollen seine taktischen Eingriffe unter anderem zu mehr Torchancen führen, was letztendlich auch mehr Tore nach sich ziehen soll.
Nach dem zehntägigen Trainingslager in Belek an der türkischen Rivera wirkt Reis jedoch nicht unbedingt zufrieden. "Im Mittelfeld wird unnötig mit der Hacke gespielt, die Flanke wird zugelassen, in der Mitte verlieren wir in Überzahl den Gegner aus den Augen", wird Reis nach dem finalen Test gegen Werder Bremen von der "WAZ" zitiert.
Von den sechs Testspielen gewann Schalke in der Vorbereitung nicht eins, Zu-Null-Spiele gab es ebenfalls keine. Dementsprechend muss sich das Team deutlich strecken, um beim Re-Start gegen Eintracht Frankfurt (Samstag, 15.30 Uhr) Punkte zu holen.
Einen unverkennbaren Vorteil im Vergleich zur Abstiegssaison hat Schalke aber: Damals musste der Traditionsverein – aufgrund der Kontaktbeschränkungen im Zuge der Covid 19-Pandemie – den Gang in die zweite Liga vor leeren Rängen antreten. Inzwischen sind die Fans zahlreich und lautstark wieder dabei. Selbst beim Freundschaftsspiel gegen Bremen pilgerten mehr als 18.000 Fans in die Veltins-Arena.