"Auf das Spiel um Platz drei habe ich überhaupt keine Lust", sagte Philipp Lahm 2010. Arjen Robben machte vier Jahre später klar: "Der dritte Platz kann mir gestohlen bleiben. Dieses Spiel können sie von mir aus abschaffen." Und Englands Trainer Gareth Southgate sagte nach dem Aus gegen Kroatien: "Um ehrlich zu sein: Das ist ein Spiel, das kein Team spielen will." Dabei ist das Spiel viel besser als sein Ruf.
Das Spiel, dem mancher Fan lediglich eine Wichtigkeit für die Werbetreibenden zuschreibt, wird auch dieses mal nicht enttäuschen. Vor allem, weil es Belgien gegen England heißt.
Dritter ist besser als Vierter! Es geht aufs Treppchen! Eine Bronzemedaille ist besonders in Ländern die nicht so oft Weltmeister werden ein großer Erfolg.
"Der dritte Platz ist auf jeden Fall noch eine Motivation", erklärte der belgische Routinier Vincent Kompany vor der Partie. "Schließlich hat Belgien das vorher noch nie erreicht." Das sieht Belgiens Star-Spieler Kevin De Bruyne auch so. "Wir wollen das schaffen, was Belgien noch nie geschafft hat", betont der 27-Jährige.
Auch für England geht es um etwas: Für den Weltmeister von 1966 macht Platz drei oder vier statistisch einen Unterschied. Nachdem die Three Lions 1990 das Spiel um Platz drei verloren, würde die aktuelle Generation mit einem Sieg alleinig zweitbeste in der Historie des Fußball-Mutterlandes sein.
Der Sieger kann zudem nach der schmerzhaften Niederlage im Halbfinale mit einem guten Gefühl nach Hause fahren. Ohne das Spiel um Platz 3 hätte zumindest das deutsche Sommermärchen 2006 wohl eine dramaturgische Delle bekommen...
Vage These: Wer das Spiel um Platz drei nicht sehen will, der hat diese WM nie geliebt. Torfestivals, blitzschnelle Konter und lauter junge Wilde: Es treffen zwei der wohl gehyptesten Teams noch einmal gegeneinander an. Und diesmal spielen sie – anders als beim dritten und unwichtigen Gruppenspiel (1:0 für Belgien) – wohl nicht mit angezogener Handbremse und der Ersatzmannschaft.
Und sie werden hoffentlich ein Offensivfeuerwerk zünden.
Das kleine Finale endete noch nie 0:0 und verspricht viele Tore: In 18 Spielen ( ausgenommen 1930 und 1950, wo das Spiel nicht ausgetragen wurde) fielen 71 Tore. Pro Spiel wären das sind fast vier Tore.
Besonders zwei Spieler dürften alles dafür tun noch einige Treffer zu erzielen:
In dem Spiel geht es nicht nur um den dritten Platz, sondern auch um den "goldenen Schuh" für den besten WM-Torschützen. Englands Harry Kane führt die Torjägerliste mit sechs Treffern an. Hinter ihm lauert Belgiens Romelu Lukaku mit vier Toren. Die Franzosen Kylian Mbappé und Antoine Griezmann mit jeweils drei Treffern dürften nur noch theoretische Chancen haben.
Die Einschaltquoten der letzten drei "kleinen" Finalspielen waren in Deutschland ausgezeichnet.
Klar, 2006 spielte Deutschland selbst um den dritten Platz und krönte das Sommermärchen mit einem 3:1 gegen Portugal. Vier Jahre später gewann Deutschland nach dem Aus gegen den späteren Weltmeister Spanien gegen Uruguay (3:2). Und 2014 traten Erzrivale Niederlande um Bayern-Star Arjen Robben gegen die soeben von Deutschland mit 1:7 gedemütigten Gastgeber aus Brasilien zum Warm-Up für das deutsche Finale an.
Und auch dieses kleine Finale zwischen den jungen Wilden aus Belgien und England wird mindestens die Tatort-Quoten in die Tasche stecken... auch wenn die deutschen Spieler schon länger im Urlaub sind.