Das Nations-League-Duell mit England war für England nicht nur aufgrund des 3:3 nach 0:2-Rückstand besonders bitter. Ausgerechnet Jamal Musiala war einer der besten Spieler der deutschen Nationalmannschaft beim Unentschieden am Montagabend. Schließlich war er es, der mit einem Dribbling den Elfmeter zur 1:0-Führung herausholte und vor dem 2:0 den Ball eroberte und den Konter einleitete, den Kai Havertz sehenswert vollendete.
Das schmeckte dem englischen Nationaltrainer Gareth Southgate gar nicht. Kein Wunder, blickt man auf die Vorgeschichte von Musiala zurück.
Der gebürtige Stuttgarter Musiala war im Alter von sieben Jahren mit seiner Familie nach England gezogen, spielte ab 2011 acht Jahre lang für den FC Chelsea. Dort trainierte er zusammen mit BVB-Star und Englands Mittelfeldspieler Jude Bellingham für die "Young Lions" und wurde später sogar zum Kapitän der U16-Mannschaft.
Dass der Bayern-Star nun für Deutschland in der Nations League spielt und dann noch entscheidenden Einfluss nimmt, lässt Southgate angesäuert zurück.
"Musiala ist ein außergewöhnlicher Spieler. Wir hatten ihn bei uns mit Jude in unserer U16 spielen. Sie wissen, wie sehr wir ihn mochten, Sie wissen, wie sehr wir versucht haben, ihn zu behalten." Er habe aber beim FC Bayern mit acht deutschen Nationalspielern trainiert, die "die Gelegenheit hatten, ihn zu beeinflussen". Das sei eine Schande. "Er ist ein sehr spezielles Talent", sagt der Nationaltrainer Englands.
Um Musiala gab es in der Vergangenheit ein ständiges Tauziehen zwischen England und Deutschland.
Schließlich hatte der FC Bayern das Chelsea-Talent 2019 nach Deutschland geholt. Für nur 200.000 Euro Ausbildungsentschädigung wechselte Musiala in die bayrische Landeshauptstadt.
Damals erkannte Bundestrainer Hansi Flick schon das Talent des Fußballers: "Hermann Gerland meinte zu mir, wir hätten da am Campus einen jungen Spieler, den ich mir anschauen müsse. Als Jamal bei den Profis mittrainierte, sah man sofort, dass er ein großes Talent ist", sagte Flick im Jahr 2020, als er als Bayern-Trainer dem Fußballer zu seinem Debüt verhalf.
Im November wurde Musiala dann für die englische U21 nominiert, traf für England beim 5:0 gegen Albanien.
Ein Grund mehr für den DFB, die Aufmerksamkeit auf ihn zu legen. Der damalige Bundestrainer Jogi Löw und Nationalmannschaftsdirektor Oliver Bierhoff setzten alles daran, ihn vom DFB-Team zu überzeugen – und das mit Erfolg. Obwohl Southgate im März 2021 den Versuch unternahm, ihn für die englische Nationalmannschaft zu nominieren, entschied er sich für Deutschland.
Sein starkes Spiel am Montagabend in Wembley war wohl ein kleiner Seitenhieb für die Engländer. Southgate sagte dazu: "Sein Auftritt war exzellent. Er ist ein aufregender Spieler." Aber, auf die Zukunft Musialas angesprochen: "Seine Zukunft ist mir egal ..." Denn für die englische Nationalmannschaft wird Musiala nicht mehr auflaufen.