Dieser 24. Spieltag der Bundesliga wird sich ins kollektive Gedächtnis Fußballdeutschlands einprägen. Wegen Plakaten gegen Hoffenheims Mäzen Dietmar Hopp war die Bundesliga-Partie zwischen der TSG Hoffenheim und dem FC Bayern München am Samstag zweimal unterbrochen worden, stand sogar kurz vor dem Abbruch.
Die Ultra-Szene fühlt sich verbunden im Kampf gegen die Kollektivstrafe, nachdem das DFB-Sportgericht kürzlich alle Anhänger von Borussia Dortmund wegen einer ähnlichen Aktion für die nächsten zwei Jahre von Begegnungen in Hoffenheim ausgeschlossen hat. Das teilte der DFB am 21. Februar mit. Ein hartes Urteil.
Und so kam es in vielen anderen Stadien Deutschlands am Wochenende ebenfalls zu Beleidigungen gegen Hopp und den DFB. Schmähgesänge und Banner waren zum Beispiel in Dortmund, Köln und Berlin zu hören und zu sehen.
Auch in der zweiten und dritten Liga sowie in Österreich solidarisierten sich Fans und taten mittels Spruchbändern ihre Meinung zur Thematik kund.
Bei der Partie zwischen Borussia Dortmund und dem SC Freiburg (1:0) zeigten die BVB-Fans auf der Südtribüne gleich mehrere Banner mit deutlicher Kritik am DFB und dem Urteil des Sportgerichts. Schiedsrichter Robert Hartmann unterbrach die Partie für kurze Zeit.
Neben der vom DFB-Sportgericht für BVB-Fans verhängten Gästeblock-Sperre in Hoffenheim ging es auch um einen Vorfall am vorvergangenen Spieltag in Mönchengladbach.
Gladbacher Ultras hatten am 23. Spieltag während der Partie gegen die TSG Hoffenheim ein Plakat mit Dietmar Hopps Konterfei im Fadenkreuz hochgehalten. Dazu hielten sie Spruchbänder hoch: "Kollektivstrafen abschaffen" und "Hurensöhne (BVB-Fans, Anm.) beleidigen einen Hurensohn (Dietmar Hopp, Anm.) und werden von Hurensöhnen (DFB, Anm.) bestraft". Es folgte eine Debatte, in der dieser Vorfall mit dem rassistisch motivierten Anschlag in Hanau in Verbindung gebracht wurde, was für viele Fans nicht nachvollziehbar war.
Die Begegnung zwischen Union Berlin und dem VfL Wolfsburg am Sonntag wurde ebenfalls für einige Minuten unterbrochen. Grund waren auch hier beleidigende Banner, die sich gegen Dietmar Hopp richteten.
Schiedsrichter Bastian Dankert schickte beide Mannschaften für zehn Minuten in die Kabinen. Ein weiterer Vorfall in der zweiten Hälfte hätte das Spiel vorzeitig beendet.
Die Ultra-Gruppe "HammerHearts 2004" meldete sich kurz nach den Vorfällen auf ihrer Internetseite zu Wort. Die Banner seien explizit "keine Morddrohung", hieß es dort. Dennoch seien die Transparente "ganz klar provokant und kritisieren eine Person und eine stetige Entwicklung". Darüber hinaus stehe die Gruppe mit ihrer Aktion "entgegen schleichender Zensur und für die Ausdrucksfreiheit in den Kurven".
Kaum war das Spiel zu Ende, rollten die Fans von Union Berlin erneut ein Transparent aus, das eindeutig auf den DFB und dessen Reaktion auf die Schmähungen gegen Dietmar Hopp zielte.
Im Samstagabendspiel zwischen dem 1. FC Köln und Schalke 04 (3:0) kam es ebenfalls zu einer Spielunterbrechung wegen einer Beleidigung gegen Dietmar Hopp. Die zweite Halbzeit wurde mit Verspätung angepfiffen. Grund war folgendes Banner der Kölner Fans:
Kölner Spieler machten sich daraufhin gemeinsam mit Trainer Markus Gisdol und Sport-Geschäftsführer Horst Heldt auf den Weg, um gegen den Fanprotest zu protestieren. Danach setzte der Schiedsrichter die Partie fort.
In Augsburg positionierten sich die Heimfans im Spiel gegen Borussia Mönchengladbach (2:3) relativ nüchtern zum DFB-Urteil gegen die BVB-Fans.
Wir gehen eine Klasse tiefer und spulen nochmal zurück zum vergangenen Freitag. Bei der Zweitligabegegnung zwischen Jahn Regensburg und Dynamo Dresden (1:2) hielten die Gäste-Fans aus Sachsen bereits am Freitagabend – also nach dem DFB-Urteil, aber noch vor dem Eklat in Sinsheim – ein Banner hoch, das geschmackloser als jedes "Hurensohn"-Plakat ist...
Ebenfalls in der zweiten Liga, gab es beim Spiel Darmstadt 98 gegen den 1. FC Heidenheim (2:0) in beiden Fanblöcken jeweils folgende Banner und Transparente zum Thema Kollektivstrafen.
Kurz und bündig. Die Fans von Erzgebirge Aue hielten gegen den Hamburger SV (3:0) folgende Spruchbänder hoch:
Die Zweitliga-Begegnung zwischen dem VfL Bochum und dem SV Sandhausen (4:4) wurde aufgrund des folgenden Banners der Bochumer Fans unterbrochen:
Auch in Liga drei gab's Proteste. Selbst in Meppen, das vielen Fußballfans als Inbegriff der unbedeutenden Fußballprovinz gilt, haben die Fans sich gegen den DFB und Hopp positioniert. Beim Drittligaspiel SV Meppen gegen MSV Duisburg (1:0) taten Ultras beider Seiten etwa zeitgleich nach der Halbzeitpause ihre Meinung Kund.
Dies führte zu einer sechsminütigen Spielunterbrechung durch Schiedsrichter Michael Bacher. Viele rieben sich verwundert die Augen, denn das Spruchband, das die Gästefans aus Duisburg hochhielten, kam keiner Beleidigung gleich. Eher war es ein smarter Protest in Reimform, der durch die Meinungsfreiheit gedeckt sein dürfte.
Etwas harscher war das Plakat der Meppener formuliert, das im Fanblock zu sehen war.
Auch die Fans von Drittligist FC Ingolstadt hielten während der Partie gegen Viktoria Köln (0:1) im Zusammenhang mit der Causa Hopp Spruchbänder hoch.
... Wir gehen nochmal ganz kurz zurück in die Bundesliga. Im Heimspiel gegen Leverkusen (1:1) präsentierten die Leipzig-Fans diese Choreografie:
Die Fans formten mit bunten Schildern ein Herz, ein Friedenszeichen und ein regenbogenfarbenes "RBL". Der Stadionsprecher verurteilte währenddessen die Anfeindungen gegen Dietmar Hopp: "Wir stehen für gastfreundliche und friedliche Fußballfeste – der Ball ist bunt."
Der Verein RB Leipzig wurde 2009 auf Initiative der Red Bull GmbH gegründet und ist das Schlüsselprojekt im Fußballengagement des österreichischen Unternehmens. Vielen traditionsbewussten Fans ist RB Leipzig als Konstrukt des Energiebrauseherstellers, wie auch die TSG Hoffenheim mit Mäzen Dietmar Hopp, ein Dorn im Auge.
Apropos Österreich: Der Fan-Eklat um die Anfeindungen gegen Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp ist aus Deutschland bis nach Österreich hinübergeschwappt.
Beim Erstligaspiel zwischen Rapid Wien und dem SV Mattersburg (3:1) am Sonntag zeigten die Heimfans zwei Transparente mit der Aufschrift: "ÖFB&Liga: Lasst euch vom Hurensohn-Virus nicht infizieren. Gegen Kollektivstrafen&Pro 50+1 in Ö, D&überall!" Die österreichische Bundesliga oder der Verband (ÖFB) haben sich bislang nicht zu den Geschehnissen in Deutschland oder nun in Wien geäußert.
(as/mit Material von dpa und sid)