WM Halbfinale: Deutschland gegen die USA und unser ganzes Land sitzt vor dem Fernseher. Was für uns zumindest noch vor einigen Jahren fast schon eine Selbstverständlichkeit war, wäre für die Amerikaner eine Sensation.
Trotzdem möchte ich heute mit Euch wetten, dass genau das bis 2034 eintreten wird. Warum? Der US-amerikanische Fußball entwickelt sich extrem. Vereine investieren immer mehr in ihre Infrastruktur und schaffen so zum einen perfekte Rahmenbedingungen für den Profi-Fußball, aber eben auch für die Entwicklung von Talenten.
Seit Jahren bin ich im amerikanischen Fußball aktiv, treffe Sportdirektoren, Spieler und reise dafür immer wieder durch das Land. Die Geschwindigkeit, in der sich der amerikanische Fußball verändert und professionalisiert, ist beeindruckend.
Hier passiert einiges und zwar auf allen Ebenen. Die neuesten Beispiele: In Nashville wurde vergangene Woche der erste Spatenstich für einen neues, hochmodernes Trainingszentrum gemacht, welches sich neben denen der Top Klubs aus der Premier League einreihen wird. Blickt man nach Atlanta, Boston oder Cincinnati, lernt man, dass Nashville damit nicht alleine sein wird. Die Amerikaner legen aktuell den Grundstein für den Angriff auf den europäischen Fußball.
Die allgemeine steigende Begeisterung am Fußball der letzten Jahre sorgt auch dafür, dass immer mehr junge, gut ausgebildete Spieler auftauchen. Wo Christian Pulisic (FC Chelsea) in seiner Zeit bei Borussia Dortmund vielleicht ein Vorbote für die vielversprechend Zukunft des nordamerikanischen Fußballs war, unterstreichen dies aktuell Spieler wie Alphonso Davies (Bayern München), Giovanni Reyna (Borussia Dortmund), Tyler Adams (RB Leipzig), Sergino Dest (FC Barcelona) oder Brendon Aaronson (Red Bull Salzburg).
Und mit Caden Clark steht beispielsweise das nächste Top-Talent in den Startlöchern. Der noch 18-Jährige Mittelfeldspieler ist bereits offiziell im Sommer von den New York Red Bulls nach Leipzig gewechselt, wurde aber bis Ende Dezember wieder in den Big Apple verliehen.
Doch selbst diese Spieler sehe ich nur als Ausblick für das, was wir in den nächsten Jahren sowohl qualitativ als auch quantitativ aus Übersee zu erwarten haben. Belegen lässt sich dies durch die explosionsartig steigenden Zahlen von aktiven Fußballern. Bei den unter 14-Jährigen haben wir heute mehr Fußballer als Basketballer, Baseballer und (Flag-)footballer zusammen. Vorbei die Zeit, in der sich Bewegungstalente gegen den Fußball entschieden haben. Verbunden mit dem amerikanischen Ehrgeiz und Selbstverständnis dürfte klar sein, wo die Reise hingehen soll: Nach ganz oben!
Diese Entwicklung wird nicht nur für einen neuen Global Player im Weltfußball sorgen, sondern bringt deutschen Spielern etwas – auch schon jetzt. Deshalb möchte ich den Blick beispielhaft auf Spieler lenken, die aus Deutschland in die MLS gewechselt sind, um dort ihre Chance zu suchen. Ja, auch diese Geschichten gibt es.
Die USA als Weg, die Karriere in Schwung zu bekommen. Wie beispielsweise bei Leon Flach. Der heute 20-Jährige sah beim FC St. Pauli nicht die Perspektive wie in den USA. Er traute sich und wechselte im März 2021 für 250.000 Euro aus Hamburg nach zu Philadelphia Union. Da zeigt er jetzt sein Potenzial, spielt immer und steht wegen seiner grandiosen Leistungen vor der Nominierung zur amerikanischen Nationalmannschaft. Hintergrund: Seine Eltern kommen zwar aus Deutschland, aber er wurde 2001 in Texas geboren, zog dann mit seinen Eltern sehr früh wieder zurück nach Deutschland.
Ähnliche Geschichten gibt es auch bei Kai Wagner und Hany Mukhtar. Wagner traute sich 2019 mit 22 Jahren und verließ den damaligen Drittligisten Würzburger Kickers in Richtung MLS. Jetzt ist er im All Star Team und wird von Teams aus Europa umworben. Der wohl bekannteste Senkrechtstarter in der MLS ist Hany Mukhtar. Der 26-Jährige kam im Januar 2020 nach Nashville, kommt in dieser Saison in 27 Spielen auf 21 Torbeteiligungen und könnte sogar zum Spieler der Saison gewählt werden. Und vielleicht findet er dann auch wieder den Weg zurück in den europäischen Spitzen-Fußball.
Diese Zukunftsaussichten und die tollen Entwicklungen auch deutscher Spieler in den USA sind der Grund, warum der amerikanische Fußball mich so begeistert. Diese Geschichten möchte ich erzählen und unter dabei die Lupe nehmen, was dort passiert. Deshalb freue ich mich in Zukunft genau dies hier tun zu können und so dafür zu sorgen, dass ihr euch nicht wundert, wenn es in einigen Jahren im Halbfinale oder Finale der WM heißt: Deutschland gegen die USA.