Juri Knorr ist bei der Heim-EM am deutschen Rückraum gesetzt.Bild: dpa / Tom Weller
Sport
Ganz Deutschland ist dieser Tage im Handballfieber, die Heim-EM geht schließlich in die heiße Phase und das DHB-Team mischt noch immer mit. Das Großereignis lockt die Massen nicht nur in die Hallen, sondern auch vor die Fernseher. Gegen Ungarn erzielte das deutsche Team einen neuen Spitzenwert, 8,45 Millionen Zuschauende verfolgten die Partie im ZDF.
Dazu gehören nicht nur eingefleischte Handballfans, sondern auch jene, die sich von der aktuellen Begeisterung haben anstecken lassen. Das ist ausdrücklich nicht negativ zu verstehen, denn in dieser Masse schlummert langfristige Faszination für den Sport, womöglich werden derzeit gar die Superstars von morgen in den Bann gezogen.
Klar ist in jedem Fall, dass der Handball seine ganz eigenen Regeln, Rituale und Besonderheiten hat. Dinge, die weit über das regelmäßige Ertönen von "Sweet Caroline" in den Hallen hinausgehen. Watson klärt über die fünf wichtigsten Punkte auf, die du wissen musst. Damit du beim nächsten Spiel ebenso gut vorbereitet bist wie die DHB-Jungs.
Was ist erlaubt?
Wer vom Fußball kommt, dürfte vom vielen und intensiven Körperkontakt beim Handball schockiert sein. Die Spieler arbeiten sich regelmäßig aneinander ab, gerade bei der Abwehrarbeit am eigenen Kreis bedarf es einer enormen Robustheit. Erlaubt ist dabei aber trotzdem nicht alles.
Jannik Kohlbacher, Justus Fischer und Sebastian Heymann (v.l.n.r.) verteidigen mit vollem Körpereinsatz.Bild: IMAGO images / Maximilian Koch
Von vorne darf ein Verteidiger mit angewinkelten Armen zwar Kontakt zu seinem Gegenspieler aufnehmen, ihn so kontrollieren und begleiten. Verboten ist es aber, ihn zu klammern, festzuhalten, zu stoßen, ihn anzurennen oder anzuspringen. Ein gefasster Ball darf einem Spieler zudem nicht aus der Hand geschlagen oder gerissen werden.
Der Großteil dieser Vergehen führt zu einem einfachen Freiwurf. Das Team des gefoulten Spielers erhält den Ball also an jener Stelle, an der das Vergehen stattgefunden hat. Wenn mit dem Foul indes eine klare Torchance verhindert wird oder der Verteidiger dabei im eigenen Kreis steht, entscheidet der Schiedsrichter auf Strafwurf, also auf einen Siebenmeter.
Der Unparteiische hat bei seinen Sanktionen zudem die Möglichkeit, auf Karten sowie Zeitstrafen zurückzugreifen. Eine Gelbe ist eine erste Verwarnung, die oftmals in der Startphase einer Partie gezückt wird, um so Grenzen abzustecken. Eine Zweiminutenstrafe gibt es bei härteren oder wiederholt verwarnungswürdigen Aktionen.
Zur Roten greift der Schiedsrichter bei der dritten Zweiminutenstrafe für einen Spieler oder bei groben Vergehen. Jener Akteur hat damit zwar Feierabend, nach zwei Minuten darf der Trainer sein Team aber wieder auffüllen. Anders als im Fußball sorgt eine Rote also nur für eine vorübergehende Unterzahl.
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Einen Videobeweis gibt es beim Handball im Übrigen neuerdings auch, der "Video Referee Assistant" (VRA) präsentierte sich bis dato aber deutlich zurückhaltender als sein Pendant in anderen Sportarten. Das liegt auch an weniger Kameras. "Wir überprüfen nur die Situationen, bei denen wir eine Chance haben, dass die gelieferten Bilder uns weiterhelfen", erklärte Jutta Ehrmann-Wolf, Leiterin des DHB-Schiedsrichterwesens, gegenüber der "Handballwoche".
Positionen und Wechsel
Jedes Team hat im Normalfall sieben Spieler auf der Platte, in der Regel umfasst dies neben dem Torhüter einen Links- und Rechtsaußen, einen linken, einen rechten und einen mittig postierten Rückraum sowie einen Kreisläufer.
Andreas Wolff ist im deutschen Tor gesetzt.Bild: dpa / Tom Weller
Die Fluktuation ist dabei vergleichsweise hoch, denn die Trainer dürfen beliebig oft wechseln. So kommen für Angriffs- und Abwehrsequenzen teilweise einzelne Spezialisten aufs Feld. Das gilt auch zwischen den Pfosten, wenn der zweite Torhüter eines Teams bei Strafwürfen eine gute Abwehrquote hat.
Eine Variante, die auch Eishockeyfans bekannt sein dürfte, ist indes die Einwechslung eines zusätzlichen Feldspielers für einen Torhüter. In der Offensive kann eine Mannschaft damit eine Überzahl entwickeln, dem Gegner bietet dies nach eigenem Ballgewinn aber auch die große Chance, blitzschnell umzuschalten.
Wechselt das risikofreudige Team nicht schnell genug wieder einen Torhüter ein, steuert der Gegner auf ein leeres Tor zu, kann womöglich gar direkt aus der eigenen Hälfte treffen. Frankreich etwa hat dies in der Vorrunde im Duell mit Deutschland mehrfach eiskalt ausgenutzt.
Fairplay zu Spielbeginn
Der Handball ist vor allem für seine blitzschnellen Angriffe, für die Tempogegenstöße bekannt. Zu Spielbeginn hingegen ist davon erst einmal nichts zu sehen, stattdessen lassen es beide Mannschaften in den ersten Sekunden stets betont entspannt angehen.
Nach dem Anwurf wird der Ball einmal komplett herumgereicht, dabei spielen sich auch Gegenspieler die Kugel zu. Was für Statistikfreunde, die jeden (Fehl-)Pass dokumentieren, desolat anmuten mag, hat einen einfachen Hintergrund: Fairplay. Alle sollen ein Gefühl für das Spielgerät entwickeln, das darauf geschmierte Harz zudem ordentlich verteilen.
Die Schuhe kleben
Generell ist Harz ein wichtiges Thema im Handball. "Harz ist für Handballer wie Stollenschuhe im Fußball, Spikes beim Sprint, Magnesia im Turnen. Es ist ein Hilfsmittel, das unsere Sportart auf ein höheres Niveau bringt", erklärte A-Lizenztrainerin Vicky Helms einst laut "handball-world.news".
Harz gibt den Spielern mehr Grip, was im Umkehrschluss ein Mehr an technischer Raffinesse ermöglicht. Eben deswegen legen die Profis großen Wert darauf, dass ihre Hände sowie der Ball stets klebrig sind. Damit erklärt sich auch der regelmäßige Griff an die eigenen Schuhe, wie er etwa bei DHB-Profi Kai Häfner häufig zu sehen ist.
Klebrige Angelegenheit: Handballer haben meist ein bisschen Harz am Schuh.Bild: IMAGO images / wolf-sportfoto
Am Hacken klebt ein Streifen Tape, auf diesem findet sich ein kleiner Klumpen Harz. Die Profis können so mit einem einfachen Griff an ihren Schuh immer wieder für den notwendigen Grip sorgen, sparen sich damit einen Abstecher zur Mannschaftsbank.
Der Turniermodus
Gruppenphase, Achtelfinale, Viertelfinale, Halbfinale, Finale. So einfach läuft es beim Fußball in den meisten Fällen. Im kompliziertesten Fall gibt es vereinzelt noch ein Sechzehntelfinale. Die Handballer hingegen setzen sowohl bei den Europa- als auch bei den Weltmeisterschaften auf einen anderen Modus.
In der Vorrunde gibt es sechs Gruppen, die besten zwei Mannschaften kommen weiter, ziehen in die Hauptrunde ein. Dabei handelt es sich um eine weitere Gruppenphase, diesmal mit zwei Gruppen a sechs Teams.
Deutschland und Frankreich spielten bereits in der Vorrunde gegeneinander, zogen gemeinsam in die Hauptrunde ein.Bild: IMAGO images / Maximilian Koch
Nationen aus derselben Vorrunde werden dabei erneut derselben Gruppe zugeordnet, nehmen die Punkte aus dem direkten Duell mit. So starten manche Teams bereits mit zwei Punkten, die es für einen Sieg gibt, in die Hauptrunde. Andere laufen mit null Zählern hingegen zunächst hinterher.
Aus den beiden Gruppen der Hauptrunde ziehen die jeweils zwei besten Teams ins Halbfinale ein, tragen dann in jeweils einem K.o.-Duell zwischen Erstem und Zweiten den Finaleinzug aus. Neben dem Endspiel gibt es auch Platzierungspartien um den dritten und fünften Rang.