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"Bad Boys" lautete der Ruf des Erfolgs, mit dem sich die deutschen Handballer jahrelang durch ihre Spiele lavierten. Vor dem Anpfiff, nach den Timeouts, zur zweiten Halbzeit – immer wieder: "Bad Boys."
Während sich die Fußball-Herren noch in der Hoffnung, die Benennung würde womöglich irgendwann auf sie selbst abfärben, unter dem Retortenprodukt "Die Mannschaft" versuchten, waren die qua Sportart ruppig-rauen "Bad Boys" überaus erfolgreich: Europameister 2016, Olympiadritter. Der Ruf wurde zum Spitznamen.
Aber weil "Bad Boys" in leiser Vorahnung der Zeiten von Robert Habeck und Harry Styles schließlich nicht mehr cool waren und auch der Erfolg nachließ, wurde der Name schließlich eingestampft. Pünktlich zur Weltmeisterschaft 2019 im eigenen Land musste also ein neuer Schlachtruf her: "Ganbaru – Deutschland" war geboren.
"Ganbaru" kommt aus dem japanischen und bedeutet so viel wie "das Beste geben" beziehungsweise "Durchhalten". Der Spruch ist während der Testspiele in Japan entstanden und kam ein Jahr später schließlich bei der Heim-WM zum Einsatz. "Dort ist eine neue Identität entstanden, woraus auch unser neuer Spruch resultiert", sagte der frühere DHB-Profi Steffen Weinhold über das neue Credo.
Auch damit war aber irgendwann Schluss, nach den Olympischen Spielen 2021 wurde ein neuer Motivationsspruch gesucht. Und Andi Wolff hatte einen Geistesblitz. Der deutsche Rückhalt, so erzählt es Mitspieler Christoph Steinert, fand es "ziemlich cool", den Ausruf "Adler, flieg" fortan zu verwenden: "Wir haben es zwei, dreimal im Kreis getestet – es war richtig gut."
Das wurde schließlich zur neuen Gewohnheit. Immer, wenn das DHB-Team im Kreis zusammenkommt – vor dem Anpfiff, bei Auszeiten, zur zweiten Halbzeit – stimmt Kapitän Johannes Golla ein "Adler" an, und seine Kollegen schwingen sich mit einem beherzten "Flieg" in den Motivationshimmel.
Dass Andi Wolff ein Faible für griffige Sprüche hat, wurde zuletzt in einer "Sportschau"-Doku über den laut Bundestrainer Alfred Gíslason momentan besten Torhüter der Welt auffällig, in der Wolff unter anderem mit der Weisheit "Du kannst nicht nach den Sternen greifen, wenn du denkst, der Himmel ist die Grenze" von sich reden machte.
Den Himmel und dessen Bewohner haben allerdings schon andere gepachtet, und so hat sich das DHB-Team prompt einen Plagiatsvorwurf von den Kollegen aus dem Wintersport eingehandelt.
Der Skispringer Karl Geiger war ein "bisserl schockiert", als er zum ersten Mal den Ruf der deutschen Handballer vernommen hatte. Denn eigentlich reklamieren seine DSV-Adler das gleichnamige Krafttier für sich.
"Adler flieg, das geht ja eigentlich überhaupt nicht", wundert sich Geiger im ARD-Hörfunk entsprechend. "Ihr müsst's doch einfach nur die Bälle ins Tor reinklopfen und dann ist gut." DHB-Profi Rune Dahmke gestand, dass man mit den Skispringern "wohl mal darüber reden" müsse.
Erst einmal wird der Schlachtruf aber bis auf Weiteres bestehen bleiben und die deutschen Handballer werden dem "Adler" von Johannes Golla auch im entscheidenden Spiel gegen Kroatien am Mittwoch ein emphatisches "Flieg" zurückrufen. "Am Ende", sagt auch Skispringer Andreas Wellinger, "ist's scheißegal. Spielt's a geiles Turnier und ab ins Finale."
Mit einem Sieg gegen Kroatien können die deutschen Handballer zumindest den Einzug ins Halbfinale fix machen. Da können die Adler dann, frei nach Andi Wolff, über den Himmel hinaus nach den Sternen greifen.
