
Die PSG-Spieler Neymar und Mbappé sowie der Basaksehir-Spieler Demba Ba nach dem rassistischen Vorfall.Bild: dpa / Franck Fife
Interview
09.12.2020, 19:3510.12.2020, 12:45
"Zeichen in Europa", "historische Entscheidung" – und ganz viel Solidarität und Respekt: Selten in der Geschichte des Profifußballs hat ein Spielabbruch solche Reaktionen hervorgerufen wie nun in der Champions League bei der Partie zwischen Paris Saint-Germain und Basaksehir Istanbul
Der frühere kamerunische Nationalspieler Webo hatte in der ersten Halbzeit die Rote Karte gesehen. Dabei soll es zu einer rassistischen Beleidigung durch den Vierten Offiziellen gekommen sein. Sebastian Coltescu wurde vorgeworfen, eine rassistische Formulierung für Schwarze benutzt zu haben.
Mit ihrem gemeinsamen Abgang vom Rasen sendeten Basaksehir Istanbul und Paris Saint-Germain ein Zeichen der Stärke und der Entschlossenheit im Kampf gegen Rassismus.
Wir haben mit dem Journalisten Marcel Aburakia gesprochen, um den Vorfall und die Reaktion darauf einzuordnen.
Debatte um Rassismus im Fußball
Aburakia betreibt mit seinem Kollegen Malcolm Ohanwe den Podcast "Kanakische Welle". Dort beschäftigen sie sich mit Themen rund um Rassismus – auch in der neuesten Folge sprachen sie über Rassismus im Fußball. Aufhänger waren da allerdings noch die Aussagen von Steffen Freund im "Doppelpass". Freund hatte eine Verbindung zwischen Undiszipliniertheiten der Schalker Spieler Bentaleb und Amine Harit und deren nordafrikanischer Herkunft gezogen.
Aburakia erklärt im Gespräch, warum der Vorfall beim Champions-League-Spiel für ihn erschreckend war, die Reaktion darauf jedoch Anlass zur Hoffnung gibt.
watson: Hast du die Szene am Dienstag live gesehen?
Marcel Aburakia: Ich war tatsächlich gerade auf dem Barca-Juve-Spiel, aber als es passiert ist, ist mein Twitter geradezu explodiert. Deshalb habe ich direkt auf DAZN nachgeschaut und zurückgespult.
Und wie hast du das dann wahrgenommen, was da passiert ist?
Es war erschreckend. Das sieht man ja auch an der Reaktion auf dem Platz. Wir kennen natürlich Rassismus im Fußball, aber dass die Spieler und Assistenztrainer verbal so stark dagegen vorgehen, dass sie den Platz verlassen, dass sie auch gemeinsam dagegen vorgehen und nicht mehr rauskommen – das ist schon eine sehr starke Reaktion.
"Auf der einen Seite ist es erschreckend, dass so etwas immer noch vorkommt, auf der anderen Seite fand ich die Reaktion umso wichtiger."
Es gab aber durchaus schon Spieler, die sich nach rassistischen Beleidigungen geweigert haben, weiterzuspielen.
Ja, aber dass beide Mannschaften sich geschlossen weigern, das ist neu. Ich glaube, das war auch für die Moderatoren eine neue Situation. Es war für uns alle eine komplett neue Situation, das Spiel wird ja jetzt neu angesetzt.
Ist diese deutliche Reaktion ein gutes Zeichen für dich?
Auf der einen Seite ist es erschreckend, dass so etwas immer noch vorkommt, auf der anderen Seite fand ich die Reaktion umso wichtiger.
Die Aktion der beiden Teams hat insgesamt sehr viel Beifall bekommen. Auf der anderen Seite gab es auch Stimmen, die die Aussage des Vierten Offiziellen relativieren wollten. Ihre Erklärung: Es handelte sich nicht um das N-Wort, sondern um das rumänische Wort für 'schwarz'.
Demba Ba hat ja schon auf dem Platz alles dazu gesagt: Er hätte halt niemals in einem vergleichbaren Fall "der Weiße" gesagt. Außerdem: Die Uefa schreibt sich 'No to racism' riesig auf die Fahne. Der Vierte Offizielle ist einer ihrer Mitarbeiter. Da tun die Besonderheiten der rumänischen Sprache im Grunde nichts zur Sache: Die müssen ihren Mitarbeiter so sensibilisieren, dass er versteht, wie dieses Wort von Schwarzen Spielern aufgefasst wird – egal, was es in deiner Sprache bedeutet.
Und dass sie es so aufgefasst haben, hat man ja an den Reaktionen von Assistenztrainer Pierre Webo, aber auch Spielern wie Mbappé oder Neymar gesehen. Deshalb würde ich da auch nicht von einem Missverständnis sprechen oder linguistische Studien anstellen. Ich klassifiziere es als das, was die Betroffenen darin gesehen haben, und das ist Rassismus.
"Wenn es nicht das N-Wort war, war es trotzdem Rassismus. Unterbewusster Rassismus."
Die Diskussion, ob es sich nun um N-Wort gehandelt hat oder nicht, findest du also unangebracht?
Ja, denn auch wenn es nicht das N-Wort war, war es trotzdem Rassismus. Unterbewusster Rassismus. Und darüber müssen wir auch sprechen. Denn die Nuancen bei dem Wort sind die eine Sache. Die andere Sache ist, dass er den Assistenztrainer mit diesem Wort von den anderen absondert. Das spricht für seinen internalisierten Rassismus. Von allen Merkmalen sucht er sich ausgerechnet die Hautfarbe aus. Das würde er bei einem weißen Assistenztrainer auf keinen Fall machen, weil das für ihn unnatürlich wäre. Das hat er nicht gelernt. Und deswegen, auch wenn es nicht mit dem N-Wort gleichzusetzen ist, müssen wir da klare Kante zeigen und deutlich machen: Das geht auf keinen Fall.
Wie wird so eine starke Aktion wie ein Spielabbruch sich auf die weitere Diskussion über Rassismus im Fußball auswirken?
Ich glaube, dass es der richtige Weg ist. Denn so machst du es von einem Problem einer Einzelperson zu einem Problem aller. Zu einem Problem des Vereins, aber auch der Uefa und der Fifa. Die Fußball-Welt ist eine kapitalistische Welt, da geht es einfach nur um Geld. Wenn die Verbände also sehen, es wird nicht mehr gespielt, weil nicht genug gegen Rassismus getan wird, dann werden sie auch mehr gegen Rassismus tun. Ganz einfach, weil ihnen sonst Geld entgehen würde. An den rassistischen Strukturen im Fußball wird sich erst etwas ändern, wenn es für Uefa und Fifa das finanziell zu spüren bekommen.
Also kann es auch eine Signalwirkung für andere Spieler und Mannschaften haben, weil mit PSG eine sehr bekannte Mannschaft diesen Schritt gegangen ist?
Klar, das ist ein bisschen wie bei #MeToo: Große müssen darüber sprechen, damit dann auch alle anderen folgen können. Und dann können wir auch irgendwann strukturell einen Effekt sehen. Wenn ein Mbappé, ein Neymar, ein Pogba, ein Lukaku, ein Kanté sich äußern, dann werden auch andere folgen. Wir dürfen auch nicht vergessen: Rassismus gibt es nicht nur gegen Schwarze Spieler, sondern auch – wie wir bei Steffen Freund gesehen haben – gegen Spieler aus Nordafrika, der Türkei, aus arabischen Ländern, aus Südamerika. Rassismus muss nicht immer nur das N-Wort sein.
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